Die Koenigin der Wolle
fragst du nicht im Ernst, oder? Unsere Tochter wird getauft, die Familie wird vollzählig antreten, ich muss eine Rede halten... Reicht das nicht für ein wenig Aufregung?”
„Aha, daher weht der Wind. Du und deine Panik vor Reden!” Sie schüttelte den Kopf. „Ist doch nur meine Sippschaft. Und ein paar von deinen Freunden. Das ist ja nicht so, als müsstest du vor dem Nobelpreiskomitee sprechen.”
„Nein, schlimmer”, grummelte Alexander zurück. „Außerdem darf ich endlich die Bombe platzen lassen und allen bekannt geben, dass wir wieder Nachwuchs erwarten.”
„Ach, du denkst wirklich, dass das eine irische Familie aus der Fassung bringt? Du musst ja noch sooo viel lernen, mein Hübscher.” Rose zog sich ihren Mantel an und nahm vorsichtig die Tragetasche, in der Celia den Beginn ihres großen Tages verschlief. Über das Taufkleid, das seit Generationen von den Fieldings getragen wurde, hatte sie ihrer Tochter einen warmen Mantel angezogen und ihr den Schal angelegt, den Alexander seiner Tochter zur Geburt geschenkt hatte. Obwohl Rosalind im Normalzustand nicht übermäßig nahe am Wasser gebaut war, hatte sie beim Anblick des selbst gestrickten, etwas windschiefen, Schals vor Rührung geheult. Dass er dafür ausgerechnet Kashmirwolle verwendet hatte, schrieb sie seinem guten Geschmack und ihrer Ansprache über Fadenqualitäten zu.
***
Als sich alle Gäste vor der Kirche einfanden, war das Hallo so groß, dass der Pfarrer befürchtete, die Sitzplätze in seinen heiligen Hallen könnten knapp werden. Dass die Fieldings in vollzähliger Besetzung schon allerhand waren, wusste er, aber damit würde es an diesem Tag ja nicht getan sein. Er erspähte andere Personen, die nicht zu seinen eigenen Schäfchen zählten. Mussten wohl von der Seite des Kindsvaters kommen. Er seufzte und zog sich für ein paar ruhige Minuten in seine Sakristei zurück.
„Rosalind! Wie schön, Sie wieder zu sehen! Ihr Kind hat Sie noch schöner gemacht, stelle ich fest. Meinen Glückwunsch zu einer so bezaubernden Tochter.” Sean Cranston strahlte von einem Ohr zum anderen. Er freute sich für einen alten Kumpel und dessen Partnerin. „Aber ich bin furchtbar unhöflich. Darf ich Ihnen meinen Sonnenstrahl im Dunkel vorstellen? Das ist Anouk.”
Anouk hatte ihrem Geliebten mit hochgezogener Augenbraue und ungläubigem Staunen zugehört. Sie wusste, dass sie sich einen alten Charmeur geangelt hatte und kannte seine Angewohnheit, sie über seinen Reden gelegentlich zu vergessen.
„Wie schön, dass du dich doch noch an mich erinnert hast.” Sie gab Sean einen Klaps auf die Schulter und wandte sich dann an Rosalind. „Es freut mich außerordentlich, Sie endlich einmal zu treffen. Alexander hat mir notgedrungen von Ihnen erzählt, und ich kann verstehen, dass er alles getan hätte, um Sie zurückzuerobern.”
„Vielen Dank. Die Freude ist ganz auf meiner Seite, nur kann ich leider nicht behaupten, dass mir Alex viel von Ihnen berichtet hat.” Rosalind war verblüfft über diese Schönheit, die erst so kühl und distanziert gewirkt hatte und sie nun herzlich anlächelte.
„Was nicht ist, kann ja noch werden. Sollte es sogar, denn schließlich werde ich ein Leben lang Patin für diese niedliche kleine Lady sein.” Anouks Fingerspitze strich zart über Celias Nase. Die Kleine genoss es, auf dem Arm ihrer Mutter die Aufmerksamkeit aller Besucher zu haben und lächelte der dunkelhaarigen Frau fröhlich entgegen.
„Wenn alles glatt läuft, teile ich den Gewinn mit dir, mein Freund”, raunte Laertes Alexander hinterrücks ins Ohr, während er scheinbar planlos an ihnen vorbeischlenderte.
Alex drehte sich um und grinste seinen Beinahe-Schwager schief an. „Du hast wirklich gewettet?”
„Yep.” Damit trollte sich Rosalinds ältester Bruder zu seinen nächsten Opfern.
„Da hinten sind Lydia und ihr Freund!” Sean winkte die beiden zu sich.
Nur sehr zögerlich und mit der guten Zurede ihres Schotten kam Lydia zu dem kleinen Grüppchen.
„Herzliche Glückwünsche. Von uns beiden.”
„Vielen Dank, Miss Goodfellow.” Rose lächelte ihr aufmunternd entgegen. Sie wusste, dass die Röte in Lydias Gesicht nichts mit der Kälte dieses Januartages zu tun hatte.
Diesmal war Sean aufmerksamer und stellte Anouk den beiden Neuankömmlingen sofort vor. Daraufhin ergriff Lydias Freund Ethan die Gelegenheit, auch sich mit den anderen bekannt zu machen.
Zu guter Letzt stieß auch noch Alexanders neuer Agent zu
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