Die Königin ist tot: Roman (German Edition)
Renaissance-Hauptplatz entfernt in einem ganz authentischen Fischlokal essen zu wollen; dumm war nur, dass der Wirt sich weigerte, uns zu bekochen, wir seien zu viele, meinte er, auch wenn zwei der drei kleinen Tische im Freien unbesetzt waren und Duncan klar machte, dass die Sicherheitsleute nichts essen würden. Doch die Art, wie der Wirt sich aufstellte mit verschränkten Armen und leicht gespreizten Beinen vor seinem Lokal, aus dem warmes Licht und ein volkstümlicher Schlager sickerte, sollte verdeutlichen, dass mit ihm nicht zu verhandeln war. Ich lachte und versuchte, das Lachen geräuschlos aus meinem Gesicht verschwinden zu lassen, nach innen zu saugen, doch Duncan bemerkte es, sicher bemerkte er es, auch in dieser Hinsicht ließ seine Aufmerksamkeit nicht zu wünschen übrig.
So endete die Suche in einem dieser überteuerten und nichtssagenden ersten Häuser am Platz, wenigstens blähte sich der dunkelblaue Himmel über der Dachterrasse erwartungsgemäß, während die Grillen im nahen Macchiabewuchs ihren sirrenden Geräuschteppich ausbreiteten, unter dem das leise Wellenschwappen gegen die historische Hafenmauer nur mehr schwach zu hören war, und als ich das Klo suchte (unbewacht, alleine), sah ich beleuchtete Konturen über der Stadt, eine napoleonische Befestigungsanlage auf einem mediterranen Feldherrenhügel, die die allnächtlichen Flotten seeuntauglicher düsterer Flüchtlingsboote versinken sah.
Als ich zurückkam, telefonierte er gerade, sah kurz auf und mir ein wenig spöttisch, wie mir vorkam, in die Augen und setze dann sein Gespräch fort, bis die Fische aufgetragen wurden, und die waren von erfreulicher Schlichtheit in der Zubereitung. In dem Moment (das elegante Entfernen der Gräten durch den Kellner bewundernd) erkannte ich, dass ich keinerlei Vorstellung davon hatte, wie man es anstellte, etwas gemeinsam zu tun. Nicht allein zu sein. Alexander, sagte Duncan später, wolle mich gerne kennenlernen. Und ich dachte, erwiderte ich, er kenne mich bereits. Duncan lächelte nur schwach.
An dem Abend ging ich nicht mit ihm nach Hause, nach Hause, was für ein Unsinn: ich kehrte nicht mit ihm zurück zu unserem temporären Schlafplatz auf dem Schiff mit fragwürdigem Heimathafen, vor der Küste eines Kontinents, der einmal, in der Tat, mein Zuhause gewesen war, muss wohl so sein. Statt dessen spielte ich in einer rustikalen Schenke mit mäßigem Einsatz die Amerikanerin, doch das ist eine andere Geschichte. Und dass mich am schließlich doch angetretenen Heimweg (die Schuhe hatte ich ausgezogen: wer soll denn auf dem Pflaster gehen können mit diesen Absätzen) plötzlich Blitzlichter blendeten, deren Urhebern, die aus einer Seitengasse auf mich losstürmten, ich meine Schuhe an die Köpfe warf, erst recht. Also gut, ich versuchte in Richtung ihrer Köpfe zu zielen, erwischt habe ich sie wohl nicht. Natürlich wusste ich in dem Moment bereits, dass das keine besonders gute Idee gewesen war, und ein Teil von mir musste Duncans rasche Reaktion anerkennen.
15
Ich glaube, es war am Rad. Ja, es war am Rad, als ich gerade mein übliches Programm absolvierte, meine gewohnten Runden drehte, die mich doch nicht vom Fleck brachten, als ich ihn vor mir auf dem Schirm auftauchen sah, dem Schirm, der die halbe Wand bedeckt (der Schweiß rinnt in die Augen und schränkt das Gesichtsfeld ein) und die tägliche Plackerei versüßen soll mit Vampirgeschichten zum Beispiel und Nachrichtenschnipseln und allem, was die brave Frau so an blutigen Appetizern begehrt; Werbepausen, obwohl man beim Workout so schwer bestellen kann. Aber es bleibt ja immer was hängen.
Ich erkannte seine Silhouette, bevor ich sein Gesicht sah; neben ihm stand eine junge Frau, der er behutsam auf den Rücken griff, nicht die mit dem Zopf, der mich an ein Schaukelpferd denken ließ, weswegen ich sie nie ganz ernst nehmen hatte können, nicht einmal als Konkurrentin, nein, eine junge Schwarze mit apart kurzgeschorenen Haaren, einem leuchtenden Lächeln in einem erwartungsfrohen Gesicht, das sie Duncan zuwandte und das mir vage bekannt vorkam. Der kommentierende Begleittext stellte die Frage, ob bald zum fünften Mal die Hochzeitsglocken läuten würden. Da zählte ich nach, ja, ich zählte tatsächlich nach und kam zu dem Schluss, dass ich Nummer drei sein musste und mich nun offiziell auf der Abschussliste befand. (Er dürfte wohl enttäuscht gewesen sein, dass die Fotographen mich allein erwischt hatten.)
Es tat nicht wirklich weh, es
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