Die Königin ist tot: Roman (German Edition)
durchaus geschmeichelt, denke ich. Nachdem sie in einer abgehörten Nachricht den Hinweis auf die Bestechlichkeit des Senators gefunden hatten, hätten sie nur noch handfeste Beweise einsammeln müssen. Ein herzhaftes Lachen aus tiefempfundener Quelle: Derart aufgefundenes Material sei für die mediale Auswertung leider nicht zu gebrauchen. Da müsse man dann andere Fallen aufstellen, und das investigative Fallenstellen sei dieser ausgeschlafenen Jungjournalistin wunderbar gelungen. Und zwar auf eine Art und Weise, die den Fokus von der Abhörpraxis weglenke, was der eigentlich springende Punkt sei.
Die Jungjournalistin also. Die Abhörpraxis, hatte Duncan noch hinzugefügt, die immer wieder in Zusammenhang mit Teilen seiner Unternehmensgruppe ruchbar gemacht würde, also der Verdacht des gezielten Anzapfens der Anschlüsse politischer und wirtschaftlicher Schlüsselfiguren, habe schon genug Staub aufgewirbelt, und nur mit Mühe habe er den Deckel auf der Sache halten können.
Jedenfalls war mir die voraussichtlich zukünftige Ehefrau schon persönlich begegnet, dieses Rätsel war rasch geklärt, es hatte durchaus gesellschaftliche Anlässe gegeben, bei denen ich Ann aus der Nähe gesehen hatte und mir nichts dabei gedacht, und sie hatte sogar, wenn ich mich recht erinnere, ausdrücklich den Garten gelobt, und im Garten hat sie nichts verloren. (Die Gegenwart der Gärtnerin ist das einzige, um das es mir wirklich leid tut, rückblickend betrachtet, diese große unabsehbare Frau hätte ich gerne in meinem Leben gehalten: keine Native American, übrigens, bloß eine eingewanderte Mexikanerin, eine von vielen, deren Aufenthaltsstatus man in einer gar nicht so weit zurückliegenden Vergangenheit noch halbwegs großzügig legalisiert hatte, mit allerdings weiter zurückliegender indigener Einmischung unklarer prozentualer Höhe, wie sie mir darlegte, wie bei den meisten Hispanics.)
Ich sah die Szene, die vertraute Geste, manchmal schärfer, manchmal verschwommen aufgrund des digitalen Zooms, auch die Farbgebung unterschied sich leicht in verschiedenen Sendern, und es wurde nicht einfacher für mich das Bild zu sehen, in der Wiederholung, solange, bis ich jedes Detail kannte und aufhörte, darin die Anteilnahme, die besorgte Aufmerksamkeit um das Wohl seiner Gefährtin zu sehen, weil die Gesten, die Blicke ihre Wirkung verloren, wenn man sie zu genau analysieren konnte, und das tat ich. Es half ein wenig.
Die Sache mit dem Freundebleiben ließen sie aus, überraschenderweise. Nur, dass die Ehe schon lange Makulatur gewesen sei (diesbezüglich boten sich einschlägige Aufnahmen von mir an, und sie wurden verwendet: ich, wie ich vor scharf ausgeleuchteten kroatischen Altstadtmauern den Arm hochriss, der einen Schuh schleuderte, doch von dem Wurfobjekt sah man nichts, das hatten sie wohl rausretouchiert, man sah nur den in die Luft geworfenen Arm und meine im grellen Licht aufgerissenen Gesichtsöffnungen und ja, vielleicht sogar einen Schweißfleck, und man konnte sich problemlos die Schimpfwörter ausmalen, die ich ausgestoßen haben musste, aber das Bild regte mich schon nicht mehr auf). Die Scheidung, schrieben sie, sei schon lange geplant gewesen und nur noch eine Formsache. Und Duncan bekam Gelegenheit herauszustreichen, dass er ein Mann sei, der für Werte stünde, von ungeordneten Verhältnissen halte er nichts, er sei ein Familienmensch: so kalt, so weit weg und so kalt, und ich griff nach den Kindern, doch die rissen sich los.
Dann ging ich hinaus in den Garten und stellte mich neben die Gärtnerin, neben ihren großen schweren beruhigenden und in sich ruhenden Körper und wünschte mir, ich hätte so etwas wie ein Rauchbedürfnis, etwas, das mein Herumstehen im Freien rechtfertigen könnte. Aber sie schien sich nicht daran zu stören, sie fuhr mit ihrer Arbeit fort, und ich ging einfach neben ihr her und fragte so gelegentlich nach dem Sinn einer Handreichung. To keep me from falling apart , und sie erklärte mir, wie man bei welcher Pflanze unerwünschte Triebe kappte. Ich glaube nicht, dass ich sonderlich aufmerksam war, doch betrachtete ich die Bewegungen ihres Werkzeugs, das etwas von einer Geflügelschere hatte, und hörte den Nachhall des saftigen Schnittgeräuschs der gebogenen Klingen. Den höre ich immer noch.
(Das war Duncans Motivation für die fürsorglich unter der Hand arrangierte Wiederverheiratung, vermute ich: Immerhin bin ich die Mutter seiner Kinder, und es hätte gegen seine Prinzipien
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