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Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Titel: Die Königin ist tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Flor
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traf mich vorbereitet, das muss ich sagen, ich hatte die Vorzeichen gesehen und richtig gedeutet (das Ei in den Eingeweiden) und, darauf konnte ich stolz sein, ich hatte ihm keine Munition geboten für den Scheidungskrieg. Obwohl, für eine kleine mitleidsselige Seitengeschichte hatte es allemal gereicht: betrogene Ehefrau tröstet sich mit mediterranem Wein. Mann wäre zwar besser gewesen, aber was kann man machen. Dabei hätte ich mir durchaus ausmalen können, dass der Wirt (Mittvierziger, trainiert über einem leichten Bauchansatz und nachlässig rasiert) vielleicht in einem der lokalen Kriege gewesen war, dass er in einem Hinterzimmer in einem unversperrten Aktenschrank noch seine Waffen lagerte, doch diese Möglichkeit war zu real (ich war noch jung, sage ich heute). Das blockierte mich, genau das Gefühl, an einem schmutzigen Verstümmeln und Sterbenlassen, Vergewaltigen und Töten so nah dran zu sein, dass es nach Angstschweiß stank, den nicht nur Opfer absondern. Dass es nicht bloß um dieses abstrakte Wissen ging, dass irgendwelche Leute in irgendeiner Mine verrecken oder beim Endverwerten unserer Abfallprodukte, um unser Leben zu finanzieren, das weiß man im Grunde und nimmt es hin, und außerdem, sagt man sich, würden sie selbst es genauso machen. Ich suchte die stumpfe, poröse Haut des auf eine erschöpfte Art attraktiven Mannes wohl nach Narben ab. Und so musste ich mich nicht einmal mühsam selbst überzeugen, dass es saublöd wäre, so etwas in aller (wenn auch mitternachtsblau-handwarmen) Öffentlichkeit zu tun, ein gesichertes Ambiente brauche ich schon, der Ekel griff um sich: ich sah den Wirt hart an und verließ das Lokal unter spöttischen, so klang es, Kommentaren von Männern, deren Sprache ich nicht verstand, versuchte einen würdevollen Abgang und spürte doch, wie sehr ich schwankte.
    Am Kai fing mich einer der Sicherheitsleute ab, ein neuer, er war offenbar abgestellt worden, um auf mich zu warten, er trat aus der Dunkelheit von hinten an mich heran und führte mich ohne weitere Blitzlichtzwischenfälle zum Beiboot, in das ich mich fallen ließ, den Blick zum sternklaren Himmel gerichtet, enttäuscht darüber, dass mir nichts anderes eingefallen war, als zurückzukehren. Er half mir, wieder aus dem Boot zu steigen, und griff nach meinem Arm, den er nicht losließ, bis wir im Inneren der Yacht, in sicherer Fotografendistanz verschwunden waren. Dort wartete schon ein zweiter auf uns, ich glaube, es war der, der mich aus dem Fluss gefischt hatte. Doch ich sah nur kurz seinen Umriss, dann stülpten sie mir etwas Sackartiges über den Kopf und schnürten es in Taillenhöhe zusammen, wobei sie meine Unterarme mit einer Extraschleife bedachten. Sie zerrten mich durch die engen Gänge, und da ich mich wehrte, stieß ich gegen alle möglichen Wände. Ich schrie, doch spürte ich, wie der Sack den Schall schluckte und bei jedem Luftholen gegen den Mund gezogen wurde, wo er fasrig an der Zunge klebte; keiner von den wasserdichten Packsäcken jedenfalls, die beim Segeln benutzt werden, der hätte mich in kürzester Zeit erstickt. Die Verschlussart übrigens auch ganz eine andere. Ein Postsack vielleicht oder ein Sammelsack für zusammengerechtes Laub. Der Geruch erschien mir bekannt. Schließlich öffneten sie eine Tür, schoben mich in einen Raum und warfen mich zu Boden; sie zerrten mir die Jeans vom Unterkörper, was kein einfaches Unterfangen war, blöd für sie, dass ich ausgerechnet an dem Tag enge Hosen trug. Der Gurt schnitt in die Handgelenke, die in ungünstigem Winkel übereinander lagen, Knochen auf Knochen ohne jede Dämpfung, während ein helles Neonlicht durch die Lücken des Gewebes drang. Als ob mir nicht ohnehin schon klar gewesen wäre, dass sie den Auftrag hatten, das zu tun, was Männer eben tun, wenn sie eine Frau brechen wollen, und ebenso begriff ich, dass ich auf diesem öffentlichkeitsfreien Schiff völlig in Duncans Hand war, und das hier war die Handschrift. Doch nichts geschah, als dass sie sich neben mich setzten und die Frage erörterten, ob es nun besser wäre, den Sack zu entfernen oder nicht. Ich hoffte, sie würden mir diese Hülle lassen, besser wäre es, nicht sehen zu müssen. Dann musste ich über diese Idee lachen, nun gut, fast, ich blieb stumm in meinem Beutel: die Gedanken einer Hinrichtungskandidatin. Wovor sollte mich das schützen? Ich stellte mir vor, dass sie mich mit Steinen beschwert ins Meer werfen könnten, doch dann fiel mir ein, dass der Kai

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