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Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Titel: Die Königin ist tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Flor
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verleideten, wie er sagte: doch nicht nur diese Stadt wird unwirtlich. Ich kann mich noch genau an die Ausgestaltung des Schiffsinnenraums erinnern, in dem er mir das Angebot unterbreitete (glänzende Holzknäufe und Modelle von Segelschiffen, deren historische Bedeutung man ihnen ansah), vom vorgelagerten Balkon aus konnte man theoretisch das staunende Fußvolk am Pier und auf den Fährschiffen bewundern, nicht dass wir je in die Nähe von Fährschiffen gerieten. Ich schnitt natürlich mit, Hände in die Tasche und auf Aufnahme gestellt war eins. Tatsächlich lag vor uns eine völlig unbevölkerte Insel, und ich trat ins Freie und ging auf einen der Leibwächter zu, der eben einen Zigarettenstummel ins Wasser warf, und fragte ihn, ob er ein Bild von uns machen würde, da rief Duncan mich zurück und tadelte mich wie ein kleines Kind, und das belebte ihn sichtlich. Sein Stimmungsumschwung erwischte mich kalt, und ich nahm an, dass das Publikum in meinem Rücken erfreut der Darbietung folgte. Ich schwieg und ließ ihm seinen Spaß, und das Essen an diesem Abend war besonders stimmig komponiert; die Forderung nach dem Einsatz der ganzen Härte des Gesetzes gegen diese jugendlichen Gewohnheitsverbrecher, gegen die Vandalen und Plünderer klang übrigens in allen Medien einigermaßen gleich, da war die Linie von Duncans Sendern nicht ungewöhnlich. Allerdings bescherte ihm die Sache besondere Zuwächse, vielleicht, weil bekannt wurde, dass Duncan gewissermaßen ortsansässig war, dabei verlor er gerade in dieser Zeit die Freude an der Wohnung im 68. Stock; das New Yorker Büro und sein Eintrittszeitfenster bekam ich im Endeffekt nie zu Gesicht. Ich müsste Alexander danach fragen.
    Die Strandnähe des Dünenhauses war für ihn eine rein ideelle, dabei hatte er sie doch so lobend hervorgehoben; schon damals sollte ich nicht am Strand entlanglaufen. Ich tat es dennoch. Auch jetzt ist es keine gute Idee, wie der Haushofmeister mich wissen lässt, doch seine Anwürfe stören mich schon lange nicht mehr. Und Alexander kümmert sich nicht um das, was der Haushofmeister sagt.
    Es war wohl der Stil. Ich denke, es lag an dem Haus in den Dünen und seinem offenen Kamin und dieser wunderschönen amerikanischen Wirtschaftskrisen-Moderne, dass Duncan an Ehe dachte. Ich komplettierte das Bild auf vorzügliche Weise, das war mir klar, und im übrigen setzte mein sportlicher Ehrgeiz alles daran, ihn auf die Leerstelle aufmerksam zu machen, die mein Fehlen darstellen würde, und er biss an, ich gab keine Ruhe, bis ich ihn davon überzeugt hatte, dass ich nicht mehr wegzudenken war. Duncan sah auch, dass ein für heutige Begriffe relativ bescheidenes, wenn auch architekturhistorisch bedeutsames Haus in einsamer strandnaher Lage ein Hintergrund war, zu dem ich passte.
    Und natürlich lag es nicht zuletzt daran, dass ich ziemlich bald schwanger wurde. So etwas wie ein Erbe begann ihn auf einmal zu interessieren, er habe keine Kinder, hatte er erzählt, das habe er bisher vermeiden können.
    Ich mochte das Haus. Die Dimensionen waren überschaubar, das Haus war durchaus wohnlich, und ich stellte fest, dass die Macht von innen betrachtet erstaunlich kleinräumig ist. Das dachte ich wirklich. Der niedrige trockene Bewuchs der Dünen duckte sich seeseitig, so dass sogar die Hecke, die das Haus umgab, dort, wo sie von der Zufahrtsstraße oder dem Weg zum Strand durchschnitten wurde, einen typischen dreieckigen Querschnitt aufwies, unter dem Druck des vom Meer kommenden Luftansturms nur zögerlich zur maximalen Wuchshöhe anstieg und dann steil abfiel an der windabgewandten Seite. Ein klar strukturiertes, handhabbares Areal, ganz anders als das Turmstockwerk, dessen leere Weite sich wunderbar als Traumkulisse eignet, und Träume entlassen meist in ein verstörtes Erwachen. Das Komische ist, im Nachhinein betrachtet, dass ich mich ausgerechnet in dem völlig isoliert gelegenen Haus nie einsam fühlte. Duncan hatte viele Wohnsitze, ich hätte durchaus eine Wahl gehabt. Ich hätte ihn bei seinem Vornamen nennen sollen, doch es gelang mir nicht. Irgendwann gab er es auf, mich zu korrigieren und lächelte stattdessen, zumindest gelegentlich. Er hatte sich sogar einen Hund zugelegt für lange Spaziergänge entlang der Brandung. Es war das Haus und das Ölzeug und der Hund und die Vorstellung, dass er nach einer langen Ausfahrt siegreich in einen familiär gepflegten Hafen einfahren wollte, denke ich, was ihn schließlich bewog, konkrete Schritte zu

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