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Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Titel: Die Königin ist tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Flor
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einer Eheschließung einzuleiten.
    Das tat er nicht direkt, er ließ mir ein Paket von einem seiner Anwälte zuschicken, der mir die Sache telefonisch auseinandersetzte. Was für ein einmaliges Zugeständnis das sei. Dass ich nicht zögern dürfe. Und ich sah ein, dass er recht hatte, ich umrundete mehrfach die riesige metallene Kücheninsel, über der die absenk- und schwenkbare Lüftungseinrichtung mich immer in leisen Schrecken versetzte, sobald ich sie einschaltete, was ich aber nur selten tat (was die Küche betraf, so hatte das Bedürfnis nach Funktionalität gesiegt über die Werktreue in Bezug auf die historisch authentische Grundausstattung). Eigentlich lähmte mich schon der bloße Anblick des Saugstutzens in Kombination mit der metallischen Oberfläche, ich stellte mir einen darauf ausgestreckten auszuweidenden Leichnam vor, dessen Flüssigkeiten abgesaugt werden wie der sich in der Mundhöhle sammelnde Speichel während eines zahnmedizinischen Eingriffs. Den Hund sah ich nicht wieder.
    Das Haus war autark, das konnte ich mir weismachen, eine autarke kleine Ansiedlung am Meer. Von dort kommt der Wind, der das Haus eingrenzt und aus der Welt trägt, eingekapselt in ein Rauschen der Vegetation, ein Buschrauschen, ein Heckenrauschen, das man sehr bald nicht mehr wahrnimmt und das dennoch so sehr Teil des Ortes ist, dass sein Fehlen von existenzbedrohender Bedeutung wäre.
    Den großzügigen Pool im Garten ließ ich abdecken: die Vorstellung, ein zukünftiges Kind könnte in schultertiefes Chlorwasser fallen, ertrug ich nicht. Aufschwimmende Kinderleichen in meinen Träumen.

4
    Ich sehe Alexander und denke, dem wird beizukommen sein, und sein sich entziehendes Lächeln lässt mich auf erfreuliche Weise aus dem Tritt geraten: wo Unzugänglichkeit ist, ist Herausforderung, ist Verlockung.
    Nicht beim ersten Mal. Da lagen die Dinge anders. (Duncan nimmt mich manchmal mit. Er zeigt mich her. Zu irgendwas muss ich ja gut sein, von seinem Standpunkt aus betrachtet. Von meinem: Schwangerschaft bedeutet immer schon Einschränkung der Möglichkeiten, und die wirft die Frage auf, ob man sich nicht zu früh festgelegt hat.) Duncan hat Alexander und mich gleich zweimal miteinander bekannt gemacht, und wie immer lag hinter der Dopplung Absicht, zum zweiten Mal in den Dünen, bei selbstgeschossenen Wildvögeln und in Begleitung von ein paar weiteren Statthaltern in seiner Firmengruppe. Nichts geschieht bei Duncan zufällig, am allerwenigsten das Sich-Anvertrauen.
    Doch das war später. Noch sah ich keine Alternative, noch sah ich den Kindern beim Wachsen und den Angestellten dabei zu, wie sie ihren Tätigkeiten nachgingen, und manchmal beneidete ich sie darum, dass sie Beschäftigungen hatten, die zu ihnen gehörten. Bei der Auswahl des Personals hatte ich freie Hand, das war Duncan ganz egal, nur die sicherheitstechnische Überprüfung des Hintergrundes überließ er einem Mitarbeiter namens Stuart.
    Manchmal unternehmen wir etwas gemeinsam wie eine kleine Familie. Wir verbrachten ein paar Tage in einer steinigen Berglandschaft, die Duncan wohl an Schottland erinnern sollte, und es stellte sich heraus, dass ich für das Fliegenfischen ungeeignet war. Obwohl ich die Wurftechniken rasch erlernte, Bogen oder Hakenwurf gegen den Strom für ein natürliches Abtreiben der Nymphe: mir fehlte die Geduld dafür, in der Gummistiefelhose im eiskalten Wasser zu stehen. Wir übernachteten auf einer kleinen Insel in einem Fluss, während die Leibwächter die Ufer sicherten. Wir brieten Fische, die wir nicht gefangen hatten; der Jägermeister, so nannte ich ihn, ein unangenehmer breitgesichtiger Mann mit sich lichtendem dunklen Haar, das ihm in die Stirn hing, stellte sie bereit, bevor er wieder zum Wagenkonvoi zurückkehrte; das Insellagerfeuer begeisterte die Jungen erwartungsgemäß, sie bewunderten ihren Vater, der auf der Gitarre spielte, Geschichten von Bergbesteigungen erzählte und von Wochenendgrillausflügen und schließlich versuchte, uns ein schottisches Lied beizubringen. Ich stocherte in der Glut und wurde dabei doch ein gewisses Unbehagen nicht los, auch wenn der Reiz der hochzüngelnden Flammen und des Knackens in der Hitze berstenden Holzes mich ebenso wenig kalt ließ wie die anderen, ich hatte das Gefühl, Teil einer Inszenierung zu sein, die nichts mit mir zu tun hatte.
    Duncan stand auf und verschwand im Gebüsch, ich hörte den Stimmen der Kinder zu, die eine gemeinsame Melodie zu finden versuchten und etwas von

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