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Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Titel: Die Königin ist tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Flor
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mich nicht mehr an den Grund erinnern, nur dass das Hassgefühl ganz tröstlich war. Da das Ziel, dort das Hindernis, die Einsicht in die Notwendigkeit der Hindernisbeseitigung, das war alles.
    Im übrigen weiß ich nicht einmal, ob Peter von der Südseite stammt. Ich könnte mir was ausdenken, das schon. Apropos Sicherheit: Die Verwanzung können wir jetzt endlich unschädlich machen, ohne dass es auffällt, denke ich, ich muss Alexander daran erinnern, den neuen Sicherheitsbeauftragten loszuschicken. Alexander lacht. Es herrscht schließlich Krieg (das Meer türmt sich), und die Leute haben dringendere Sorgen als unsere Überwachung. Und dass wir unsere unmittelbaren Aufenthaltsorte (Innenräume, Fahrgastzellen) irgendwann auf Abhöreinrichtungen überprüfen würden, muss den Behörden klar sein, im Gegenteil, es wäre fast schon auffällig, wenn wir diese Möglichkeit außer Acht ließen.
    Wenn das Meer sich türmt, dann weiß ich, dass es ein Meer ist von lärmenden und um sich schlagenden Armen: wie unhörbar die sind vom Turm aus. Das Meer steigt nicht, und außerdem ist es ein See. Die Abhöreinrichtungen sollten übrigens schon längst entfernt worden sein. Da war doch was.
    Wo ich herkomme: Es muss da einen Quellcode geben.

41
    Prozessende: Todeszelle. Die Verwandten des Opfers dürfen sich vergewissern.
    Wir haben uns einander ausgeliefert, sage ich mir. Zuerst ich ihm ausgeliefert, dann er mir, denn nur ich weiß, wie er die Nacht verbracht hat. Woher also diese Panik, das plötzliche Gefühl für die absolute Unkontrollierbarkeit der Situation?
    Dieser Glaube an die Sinnhaftigkeit einer Strafe, die die Welt wieder aussöhnt, vollständig macht, eine doch offenkundig verlorene Unversehrtheit wieder herstellt, ist nicht auszurotten. Was mich betrifft: wer wäre bei der Hinrichtung dabei? Peters Schwester, Freundin, Mutter? Keine Hinrichtungen in Illinois, doch hat Superintendant Stuart da nicht andere Pläne? Wenn ihn das nur nicht selbst betrifft. Aber das ist eindeutig ein Hoheitsstreit zwischen Stadt und Bundesstaat, und so was zieht sich.
    Haben wir das nicht auch gemacht, vom 68. Stock aus: den Tod der Mörder überwacht? Bin ich nicht verwandt? Würde die neue Frau meinen Tod überwachen? Die Anstiftung wird manchmal schärfer geahndet als die Tat selbst. Todesstrafe: ausgesetzt. Nur nicht von hier wegbewegen. Auch tagsüber liege ich wach. Der Mann im Zeppelinkorb vor dem Fenster schiebt die Brille nach oben, und darunter erscheint das Gesicht Jeremias’, ganz ohne Zweifel, das ist Jeremias, und ich möchte ihm zuwinken, doch natürlich sieht er mich nicht, das weiß ich doch, die Scheibe ist von außen betrachtet gänzlich undurchsichtig.
    Akustisch ebenso undurchdringlich, fast: Und wenn die Abhörtunnel nun nicht mehr zu Stuart führen, sondern direkt zu Alexander? Wenn längst nur ich allein im Fokus des Abhörinteresses stehe, und das ist alles andere als polizeilich? Kann nicht sein. Was hätte er davon? Entscheidende Informationen jedenfalls nicht. Statt dessen sein eigenes Lachen, das seltsam war. Seltsam, da war doch was: wir, habe ich gesagt. Wir haben es getan; darauf habe ich bestanden und mich ungefragt hineingezogen in die Sache. An den eigenen Haaren.
    Jedenfalls ist ein Mordvorhaben seinem Aufbau nach völlig anders als eine Hinrichtung, es ist irgendwie menschlicher, es hat bis zuletzt diesen Beigeschmack von Ergebnisoffenheit, diesen spontanen Charakter, viel erträglicher als ein Todesurteil, dessen Vollstreckung eine unabwendbare Demonstration der völligen Ausgesetztheit der hingerichteten Person ist, eine Ausstoßung aus dem Kreis der Lebenden, umso härter, weil der Vorgang ein leidenschaftsloser ist. Ist er das?
    Wohingegen ein Mord eher als eine spontan zu Ungunsten des Opfers schiefgegangene Sache betrachtet werden kann, nichts Persönliches. Vor allem: im allgemeinen wird der Mord opferseitig nicht vorhergesehen. Was ich als Vorteil sehen würde, ein schneller Tod aus heiterem Himmel ist andererseits, unter bestimmten christlichen Vorzeichen, ein Nachteil: das Sterben nicht im Vollbesitz der Erlösung. Selbst wenn das physiologische Resultat das gleiche ist, eine Leiche, die Auswirkungen beider Aktionen sind völlig verschieden. Duncan ist schnell gestorben. Ein guter Tod ist da gelungen. Ich sehe auf die Wolkenwand vor dem Haus und höre, wie die Haushälterin, eine neue, scheint mir, hinter mir den Raum durchquert. Ich kann mich an kein Gesicht erinnern, und der Baum

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