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Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Titel: Die Königin ist tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Flor
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ich schaffe Tatsachen mit meiner unwiderlegbaren körperlichen Präsenz.
    Das ist meine Wohnung, in der ich allein bin mit meiner Liebe, das begreife ich jetzt. Fast nie stelle ich mich an die stadtseitige Glasfront und lasse mich anstarren aus tausend leuchtenden Fensteraugen, oder, noch schlimmer, aus blinden. Jedes Mal sind es mehr, so kommt es mir vor. Nicht mal die Angst teilen wir, wir haben jeder für sich einen eigenen Angstzug, zwei parallel geführte Angstzuggarnituren, zwischen denen kein Wechsel möglich ist: die Fahrtrichtungen gegenläufig, die Relativgeschwindigkeit zu hoch.
    Dagegen hilft nur ein gewaltsames Einbremsen (ich vergrabe meine Nägel in seinen Hüften). Warum musst du mich immer wecken? Ich bin dein Schlafmangel, dein Schlaf-nicht-mehr. Wenn du, sagt er, also ich, wenn du die Kraft nicht hast (the gutts), mit der Vergangenheit zu leben, dann kann ich dich nicht brauchen. Dann musst du sehen, wo du bleibst. Jedenfalls nicht hier.
    Ich hebe die Hände in einer internationalen Beschwichtigungs-, was sage ich, Unterwerfungsgeste, die leider völlig umsonst an ihm vorbei ins Leere läuft (gegenläufige Zuggarnituren); dennoch beruhigt er sich. Na gut, sagt er, komm her, und greift nach meinem Schlüsselbein, dem Tellerrand: wenn du dann still bist. Er zieht mich zu sich, und ich hoffe schon, das kleine Lächeln zu sehen. Sei endlich still, sagt er, dabei ist er es, der erzählt, von Stuart und den Straßenkindern und immer wieder Stuart. Immer ist es Stuart, um den seine Gedanken schleichen wie ein verängstigtes Tier, denke ich, als Alexander in mich hereinkommt, einfach so, mitten im Satz, und dieser Vorgang gestaltet sich glatt und locker. Das Vorrecht der Eingespielten. Sei still, sagt er, mir fehlen die englischen Wörter (quiet? etwas von Schotten, die man dicht machen müsse?), doch an die Botschaft erinnere ich mich, die Botschaft ist eindeutig, und selig (kein störendes Hintergrundgeräusch, kein erratisches Herumdenken an einer Sache, die doch so klar ist) spüre ich den Druck des Daumens auf dem Knochenrand, dessen Querschnitt, auch das wird fühlbar, rund sein müsste. Ich kann mich festhalten, ich halte meinen Körper fest, kopple zurück, während er wütet, dieses Nachttier, das er sonst hinter dem letzten Hemdknopf so akkurat verschließt. Sein Wüten dröhnt in meinen Ohren und macht mich frei.
    (So frei, dass es schmerzt. Das zu Erlebende darf auch gerne in Todesnähe kippen, so lange es nur unempfindlich macht für die Halbherzigkeiten des Alltags. Roh und stets so, dass man sich ernsthaft verletzen kann, muss es sein, damit die Einsamkeit bereit ist, den Köder zu schlucken.)
    Ich konzentriere mich, der Daumen agiert aus dem Hintergrund, erzeugt den Druck, den Nachdruck, den es braucht, um die Gegenwart zu bannen; offenbar ist da eine Grenze eingebaut, eine Trennschicht, durch die ich nicht hindurch kann und die mitten durch die Handfläche geht. Weiter kann die Vorstellung nicht reichen. Ich muss dringend das eigenhändige Töten lernen; ich darf den Zeitpunkt nicht verpassen. Im Morgenlicht endlich, das am anderen Ende des Nachtbogens, dort, wo die Goldtöpfe vergraben sind und die Nachttöpfe rausgestellt werden für die Hausangestellten, kalt und gelb vom See aufsteigt, lache ich und sage: ein unvorhersehbarer Tod ist doch was Schönes. Nichtsahnend zu sterben. Immer schön beten vor dem Schlafengehen. Da muss ich dann ganz nüchtern seine ruhige Hand bewundern und das Segel zwischen Daumen und Zeigefinger zwischen die Lippen nehmen, den flachen Muskelstrang, der meine Zähne teilt, und das Salz von der Haut saugen. Ich ergebe mich dieser Hand. Blind. Wenn ich nur töten lerne.
    Stuart, beginnt Alexander wieder, anscheinend in dem Versuch, die Sache zu verzögern und neu aufzukochen, was will er denn, mich ärgern? Hier bin ich, und ich ergebe mich. Was willst du noch? (Eine unabhängige Existenz, sagt er.) Wenn er Kinder hätte, habe Stuart gesagt, dann würde er das auch entspannter sehen. Das ewige Herumhacken auf seiner Kinderlosigkeit ertrage er nicht mehr, sagt Alexander wehleidig. Ich küsse ihn, auch wenn ich weiß, dass dieses Selbstmitleid nur ein Vorbote ist, die Schauseite, hinter der eine Aggression steht, die sich dann nur gegen mich wenden wird können, denn ich bin da (Doppelzelle), doch heute noch nicht, jetzt noch nicht, und ich küsse ihn und weine auch, und endlich einmal sind seine Bartstoppeln so rau, wie ich es mag: wir machen gerade welche, sage

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