Die Königin von Zamba
Wachtpostenhäuschen war? Ihr habt geschlafen.«
»Und die Wächter? Haben sie Euch anstandslos durchgelassen?«
»Wird wohl so sein, sonst wären wir ja jetzt nicht hier. Sie schliefen ebenfalls, und da bin ich eben ausgestiegen und habe das Tor eigenhändig geöffnet. Ich hätte es nicht übers Herz gebracht, die armen Kerle in ihrem Schlummer zu stören.«
In einem Bauernhaus aßen sie zu Mittag. Während des Essens fragte Hasselborg: »Kennt Ihr einen guten, akzeptablen Gasthof in Hershid? In Rosíd bin ich in einer üblen Diebeskaschemme gelandet, und ich möchte diesen Fehler nicht noch einmal machen.«
»Aber Kavir! Ich lasse Euch doch nicht in einem Gasthof übernachten! Was denkt Ihr von mir? Die schönsten Gemächer im Palast meines Onkels werden Euch selbstverständlich zur Verfügung stehen, und ich werde Euch jeden Tag besuchen kommen!«
Obwohl der letzte Punkt deutlich machte, dass bei dem großzügigen Angebot mehr als pure Dankbarkeit im Spiel war, unterdrückte Hasselborg ein Lächeln, als er protestierte: »Das kann ich auf keinen Fall annehmen! Schließlich bin ich nichts weiter als ein Nobody. Ich bin nicht mal ein Ritter, und Euer Onkel kennt mich überhaupt nicht.«
»Das macht nichts; er wird Euch schon kennen lernen. Der Retter seiner Nichte wird ihm in jedem Fall willkommen sein, und wenn nicht, dann werde ich ihn schon soweit bringen, dass er es bereuen wird, jemals ausgebrütet worden zu sein!«
Dass sie dazu imstande war, bezweifelte er nicht eine Sekunde. »Na schön … wenn Ihr also darauf besteht …«
Das tat sie natürlich, worüber Hasselborg mächtig erfreut war – trotz der zu erwartenden Komplikationen, die daraus erwachsen würden; denn es eröffnete ihm die Möglichkeit, sich frei und ungehindert und noch dazu von Luxus umgeben, inmitten des Geschehens zu bewegen. Er konnte sich zwar, wenn er musste, trotz seiner Bakterienphobie auch in der miesesten Unterkunft noch einigermaßen wohl fühlen, hatte aber beileibe nichts dagegen, die beste zu nehmen, wenn er sie kriegen konnte.
Der Rest des Tages verging ohne nennenswerte Ereignisse. Sie schafften es nicht mehr, die Karawane zu überholen, die offenbar ohne Pause durchgefahren war.
Hershid war, ganz wie es sich für die Hauptstadt eines Kaiserreichs geziemte, größer und prachtvoller als Rosíd. Wie erwartet wurden sie am Tor angehalten. Die Torwächter erkannten Fouri, noch ehe sie zwei Worte gesagt hatte, präsentierten hackenknallend ihre Hellebarden und winkten den Karren durch.
Fouri lotste Hasselborg durch die Stadt, bis sie vor den Toren des Palastes ankamen. Die Tore waren mit geometrischen Figuren verziert, die Hasselborg sofort als astrologische Symbole erkannte.
Der unvermeidliche Torwächter trat vor und schrie: »Achtung! Lady Fouri!« Sofort schwärmte eine riesige Schar von Leuten aus dem Palast und scharte sich um den Karren. Jeder versuchte, Fouris Hand zu küssen.
Dann erschien ein großgewachsener Krishnaner in einem langen blauen Gewand, und die Menge bildete eine Gasse, um ihn durchzulassen. Er und Fouri umarmten und küssten sich. »Onkel, das hier ist mein Retter, der tapfere Meister Kavir«, stellte Fouri Hasselborg vor.
Hasselborg ließ sich die Hand schütteln – auch ein von der Erde importierter Brauch – und versuchte, dem gleich darauf ausbrechenden Palaver zu folgen.
»Was ist geschehen?« – »Sandú, lauf schnell zur Kaserne und sag dem Befehlshaber, er soll die Schwadron nicht ausrücken lassen …« – »Ja, die Karawane ist erst vor ein paar Minuten mit ihrer schlimmen Nachricht eingetroffen …« -»Was hat man mit Euch gemacht, Lady Fouri? Ihr schaut aus, als wärt Ihr in eine wildgewordene Herde Ayas geraten!«
Das war natürlich eine Übertreibung, auch wenn Fouris Fähnchen nach dem wilden nächtlichen Ritt durch die Kodum-Hügel in der Tat ein wenig mitgenommen aussah. Als man ihn auf sein Zimmer führte, bemerkte Hasselborg, dass er, wenn überhaupt jemand, derjenige war, der dringend der fürsorglichen Pflege eines Kammerdieners bedurfte. Sein Anzug war zerrissen und völlig verdreckt, sein Kinn voller Bartstoppeln, und seine Wange schmerzte von einer langen blutigen Schramme – offenbar von einem Zweig, der ihm bei dem Ritt ins Gesicht geschlagen hatte. Er würde sich schnellstens einer Rasur unterziehen müssen, sonst würde es auffallen, dass sein Stachelbart rotbraun war und nicht grün, wie bei den Krishnanern üblich.
Alle diese notwenigen Pflegedienste
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