Die Königin von Zamba
denn bloß noch aus Pudding?« brüllte sie plötzlich über den Tisch. Ihr förmlich-steifes Gehabe war mit einem Schlag verflogen. »Immer nur Ausflüchte und Entschuldigungen! Morgen tritt doch der Geheime Rat zusammen, nicht wahr?«
»Gewiss, mein Kind, aber …«
»Kein Aber! Du nimmst Meister Kavir mit dorthin und stellst ihn Seiner Allerhöchsten Illumineszenz als den größten lebenden Porträtmaler vor, klar? Oder ziehst du es vor, Streit mit deiner geliebten Nichte zu bekommen?« fügte sie drohend hinzu.
»Liebe Sterne, nur das nicht!« entfuhr es dem guten Hasté. »Ich nehme ihn mit! Vorausgesetzt natürlich, er möchte das überhaupt. Seid Ihr denn auch für diesen Plan, mein Sohn?«
»Sicher«, sagte Hasselborg und murmelte ein paar unverständliche Dankesworte hinterher.
»Das habe ich befürchtet«, sagte Hasté seufzend.
Später, als sie gemütlich bei einer Zigarre zusammensaßen, rückte Hasselborg mit einem anderen Anliegen heraus: »Hochwürden, ich bin auf der Suche nach einem jungen Mann, der mir ein Porträt abgekauft hat und sich dann aus dem Staub gemacht hat, ohne zu bezahlen. Er hatte ein Mädchen bei sich.«
»So?«
»Könntet Ihr mir vielleicht sagen, ob es hier in Hershid irgendwo eine Stelle oder Institution gibt, wo man vielleicht weiß, ob er hier durchgekommen ist?«
»Nun, da käme höchstens der Spähdienst des Dour in Frage, obwohl ich bezweifle, dass der die Spur jedes einzelnen Reisenden verfolgt, der hier durchkommt. Immerhin ist Hershid der Knotenpunkt eines ganzen Kaiserreichs. Wie sahen die beiden Ausreißer denn aus?«
»So«, sagte Hasselborg und zog die beiden Skizzen hervor.
Hasté betrachtete sie, runzelte die Stirn und lachte. »Wie viel schuldet er Euch denn?«
»Fünfhundert Karda.«
Hasté läutete eine Glocke. Ein junger Mann in einer blauen Priesterrobe trat ins Zimmer. »Nimm fünfhundert Karda aus meiner Privatschatulle und gib sie Meister Kavir!« trug ihm Hasté auf.
»Die Sterne mögen mich davor bewahren!« rief Hasselborg mit gespieltem Entsetzen. »Ich denke nicht daran, die Schulden eines Halunken von Euer Hochwürden einzukassieren!«
»Schon gut, mein Sohn, schon gut! Das hat schon seine Richtigkeit. Zählt nicht die Zähne eines geschenkten Shomal, wie Qarar es tat bei seinem Handel mit der Hexe vom Va’andao-See! Erstens ist es eine – wenngleich nur kleine -Belohnung dafür, dass Ihr meine Nichte gerettet habt, und zweitens wird die Zeit, die alles mit sich bringt, mir die Gelegenheit bringen, mir das Geld von diesem Eurem Schuldner zurückzuholen.«
»Ihr kennt ihn?«
»Nur flüchtig.«
»Wer ist dieser Mann?«
»Ist es möglich? Seid Ihr wirklich erst so neu hier in dieser Gegend, dass Ihr das nicht wisst? Nun, wenn ich mich nicht sehr irre, ist dieser Mann das Beeindruckendste, was ich je an politischer Zielstrebigkeit erlebt habe, ein wahres Wunder, die Verkörperung schlechthin aller politischen Tugenden: der neue Dour von Zamba. Und die Frau ist seine Douri.«
»Der König von Zamba?« fragte Hasselborg erstaunt. »Seit wann? Und was ist Zamba?«
In diesem Augenblick kam der junge Priester mit einem schweren Segeltuchsack in das Zimmer zurück. Als er ihn neben Hasselborg absetzte, ertönte ein leises Klirren.
»Ghaddal, hol eine Karte von Gozashtand und den angrenzenden Ländern!« befahl Hasté dem jungen Mann. »Meister Kavir, für einen weitgereisten Mann ist Euer Wissen höchst … nun, wie soll ich sagen … lückenhaft. Woher stammt Ihr, wenn ich fragen darf?«
»Aus Malayer tief unten im Süden«, antwortete Hasselborg.
»Das erklärt einiges. Nun, Zamba ist eine Insel im Sabadao-Meer. Sie ist der Halbinsel Harqain vorgelagert, die gleichzeitig den östlichen Punkt Gozashtands bildet. Seit Jahren wurde Zamba immer wieder von Aufständen und Revolten erschüttert – Partei gegen Partei und Klasse gegen Klasse. Schließlich kam es soweit, dass die Gemeinen den Adel vollständig hinwegfegten und alle abschlachteten, die nicht rechtzeitig fliehen konnten. Und als sie keinen gemeinsamen Feind mehr hatten, zersplitterten die Gemeinen sich untereinander in Gruppen und Grüppchen, die sich ebenso mörderisch bekämpften – Führer gegen Führer.
Dieser Bürgerkrieg ging rasch zu Ende, als vor ein paar Zehn-Nächten Euer Freund Antané – so heißt er doch, nicht wahr? – mit einer Bande von Raufbolden, die er sich von wer weiß woher zusammengesucht hatte, auf der Insel landete und sich in wenigen Tagen zum
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