Die Königin von Zamba
Spion, und Euer einziger Beweis dafür ist die Aussage des Erding Julio, welche nach gozashtandischem Gesetz als Beweismittel unzulässig und nach unseren generellen Erfahrungen wertlos ist. Und Ihr, Herr Maler, beschuldigt meinen treuen Vasallen der Anstiftung zur Entführung der Nichte des Hohepriesters der Etablierten Kirche in grausamer Absicht – obwohl die Grausamkeit dieser Absicht gemildert werden könnte durch die außerordentliche Schönheit der Dame, die selbst in der Leber des heiligsten Eremiten noch Liebesgefühle erwecken würde. Nun, wie auch immer, ich habe jedenfalls einen Narren an dem Mädchen gefressen, da ich selbst keine Töchter habe, und deshalb würde ich die Sache natürlich als besonders schwerwiegend ansehen, wenn es sich tatsächlich so verhalten sollte, wie Ihr behauptet. Doch ist Euer einziger Beweis das Wort von Männern, deren Wort nur wenig Gewicht haben würde, wenn sie lebendig wären, und überhaupt keines, da sie tot sind.
Ich könnte euch natürlich beide mit heißen Kneifzangen verhören lassen«, – er setzte ein grimmiges Lächeln auf, woraufhin Jám und Hasselborg beide betreten zu Boden schauten –, »wenn ich nicht aus Erfahrung wüsste, dass eine solche Behandlung, so wohltuend für das Opfer und so erbaulich für den Zuschauer sie oftmals auch sein mag, in der Regel nicht das zutage fördert, was uns am meisten interessiert – nämlich die Wahrheit. Was wollt Ihr mit diesem Mann machen, Jám?«
»Am liebsten würde ich ihn zurück nach Rúz schaffen, Eure Illumineszenz, und sein Urteil von Tod durch Gefressenwerden in Tod durch Enthaupten umwandeln, sozusagen als Beweis für meine barmherzige Natur, obwohl ich bezweifle, dass er diese Umwandlung zu würdigen wüsste. Und wenn seine Zauberkünste ihn wieder zusammenkleben, nachdem sein Kopf vom Rest seines Körpers getrennt ist, dann würde ich sagen, dass er sein wertloses Leben verdient hätte.«
»Aber wie soll ich dann mein Porträt fertigkriegen?« schrie der König. »Seiner Skizze nach zu urteilen, wird es bei weitem das beste, das ich je von mir habe machen lassen, woraus hervorgeht, dass er – Spion oder nicht – ein wahrer Künstler ist, so wie er es behauptet. Nein – nein – nein, Jám, Ihr werdet ihn nicht eher mitnehmen, bis das große Werk vollendet ist; das sind wir dem Reich und der Nachwelt schuldig!«
Jám kaute auf der Lippe und überlegte einen Moment. »Könnten wir ihn nicht so lange unter Bewachung hier lassen, bis er mit dem Bild fertig ist, und ihn dann enthaupten, wie er es verdient hat?«
»Eure Illumineszenz«, schaltete sich Hasselborg ein, »glaubt Ihr wirklich, dass ein Mann von meinem künstlerischen Feingefühl wirklich sein Bestes geben kann, solange ein Todesurteil über ihm schwebt?«
»Nein – nein – nein, ich verstehe schon, was Ihr meint, Meister Kavir, und außerdem steht da ja auch noch Eure Beschuldigung gegen Jám im Raum …«
»Ihr werdet doch diesen phantastischen Hirngespinsten keinen Glauben schenken!« ereiferte sich der Dasht.
»Ihr wollt bitte so freundlich sein, Euren Souverän nicht zu unterbrechen! Es ist eine schwerwiegende Angelegenheit, Meister Kavir, eine solch ungeheure Anschuldigung gegen einen gesalbten Dasht vorzubringen. Aber wie auch immer – Eure Anschuldigung ist genauso wohlbezeugt und beglaubigt wie seine, nämlich überhaupt nicht. So, und nun hört mein Urteil, ihr beiden: Ihr, Kavir bad-Ma’lum, werdet unbehelligt in Hershid verweilen, bis Ihr mit Eurer Arbeit fertig seid. Danach könnt Ihr weiter in dieser Stadt bleiben, auf die Gefahr hin, dass Jám mit einem stichhaltigen Beweis zurückkehrt, der mich zwingen würde, Euch ihm auszuliefern. Natürlich steht es Euch frei, nach Beendigung Eurer Arbeit die Stadt zu verlassen; doch in diesem Fall steht es ihm ebenso frei, Euch gefangen zu nehmen, wenn er Euch kriegen kann. Ihr, Jám bad-Koné, haltet Euch strikt an diese Bedingungen, und wehe Euch, Ihr kommt auf die Idee, Meister Kavir von einem Eurer Halsabschneider heimlich töten zu lassen, solange er sich auf meinem Territorium aufhält! Sollte ihm irgend etwas dieser Art zustoßen, dann werde ich wissen, an wen ich mich zu wenden habe. Ist das nicht ein faires Urteil?«
»Dann bleibt mir eben nur noch eine Möglichkeit!« brüllte der Dasht. »Kavir bad-Ma’lum, oder wie immer Ihr auch heißt, ich erkläre Euch hiermit für einen Wicht, einen Schurken, einen Spion, einen Feigling, einen Lügner und einen Dieb und fordere
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