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Die Königliche (German Edition)

Die Königliche (German Edition)

Titel: Die Königliche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Cashore
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und begann dann, über die anderen zu reden. Bitterblue hörte nur halb zu, denn Bo war derjenige, auf den es ankam. Sie wünschte, sie hätte Bo vor seiner Abreise auf ein Gespräch mit Fox angesetzt. Und sie war zusätzlich abgelenkt, weil etwas ganz anderes ihre Aufmerksamkeit beanspruchte: Sie sah in Gedanken eine Reihe Geheimtüren hinter wilden, seltsam gefärbten Wesen. Die Tür zu Lecks Treppe, verborgen hinter dem blauen Pferd in ihrem Wohnzimmer. Der geheime Zugang zur Bibliothek, verborgen hinter der Frau mit den leuchtenden Haaren auf dem Wandbehang. Die seltsamen bunten Insekten auf den Kacheln in Katsas Badezimmer. Und jetzt eine Tür in der Wand hinter dieser schrecklichen Szene.
    »Verzeih mir, Fox«, sagte Bitterblue, »aber ich bin todmüde. Es ist höchste Zeit, dass ich ins Bett komme.«
    Dann ging sie zurück in ihre Räume und holte die Schlüssel. Als sie wieder hinausging, an ihren Wachen vorbei, die entsprechende Treppe hinunterstieg und sich einen Weg durch das Labyrinth bahnte, versuchte sie nicht zu hetzen, denn es war albern, nur eine Ahnung, und es wäre dumm, zu viel Hoffnung darauf zu setzen.
    Im Inneren des Zimmers ging sie zu der kleinen Eule auf dem Wandteppich, hob das untere Ende des großen, schweren Webstoffes hoch und kroch dahinter.
    Sie konnte nichts sehen und hustete eine ganze Weile vor lauter Staub. Mit tränenden Augen und fürchterlich juckender Nase, gegen die Wand gepresst und beinahe von einem Kunstwerk erdrückt, fragte sie sich, was in aller Welt sie eigentlich erwartete: dass vor ihr plötzlich eine Tür aufging? Ein Tunnel aus Licht auftauchte? Betaste die Wand , dachte sie. Bo hat die Tür hinter Katsas Badewanne mit dem Druck auf eine Kachel geöffnet. Streck dich weit nach oben aus! Leck war größer als du.
    Während sie die Wand abtastete und nichts weiter spürte als glattes Holz, wurde sie immer mutloser und außerdem leicht verlegen. Was, wenn jemand Intelligentes, dessen Meinung ihr wichtig war, plötzlich in den Raum käme, die Beule unter dem Wandbehang sähe, ihn anhöbe und die Königin im Morgenmantel darunter entdeckte, wie sie in aller Ruhe die hölzerne Wand betatschte? Oder noch schlimmer, was, wenn man sie für einen Eindringling hielt und durch den Wandbehang hindurch auf sie einschlug? Was, wenn …
    Ihr Finger blieb an einem Astloch hängen, sehr weit oben, so weit oben, dass sie es erst gefunden hatte, als sie auf Zehenspitzen stand. Sie streckte sich aus, so weit sie konnte, und steckte den Finger tiefer in das Loch. Ein Klicken ertönte, gefolgt von einem rumpelnden Geräusch. Vor ihr öffnete sich ein Durchgang.
    Sie musste zurück in den Raum kriechen, um ihre Laterne zu holen. Sobald sie wieder unter dem Wandbehang stand, hob sie die Lampe. Das Licht fiel auf eine Wendeltreppe, die abwärtsführte.
    Bitterblue biss die Zähne zusammen und begann den Abstieg, wobei sie wünschte, sie hätte eine Hand frei, um sich an der Wand abstützen zu können. Schließlich wurde die Wendeltreppe zu einem langen steinernen Gang, der abwärtsführte. Sie folgte ihm und stellte fest, dass er an manchen Stellen abbog und gelegentlich einzelne Stufen hinunterführten. Es war schwierig, nachzuvollziehen, wo sie sich im Verhältnis zu Lecks Zimmer befand.
    Als ihre Lampe ein leuchtendes Muster auf der Wand anstrahlte, blieb sie stehen, um es näher zu betrachten. Es war ein Gemälde, das direkt auf den Fels gemalt war. Ein Rudel Wölfe – silbern, golden und hellrosa –, das einen silbernen Mond anheulte.
    Mittlerweile wusste sie genug, um nicht einfach weiterzugehen, sondern stellte die Laterne auf den Boden und fuhr mit der Hand über den Stein auf der Suche nach irgendeiner Unregelmäßigkeit. Ihr Finger blieb an einem Loch an einer Seite neben dem Gemälde hängen. Die Form des Lochs war eigenartig. Vertraut. Bitterblue betastete die Ränder und stellte fest, dass es ein Schlüsselloch war.
    Mit bebendem Atem zog sie die Schlüssel aus der Tasche ihres Morgenmantels. Sie suchte den dritten Schlüssel heraus, steckte ihn ins Schloss und drehte ihn vorsichtig. Ein Klicken ertönte. Die Steinmauer vor ihr wich zurück.
    Bitterblue nahm die Lampe wieder hoch und zwängte sich in eine Art schmalen, lang gestreckten Wandschrank mit Regalbrettern an der Rückwand. Auf den Regalbrettern standen in Leder gebundene Bücher. Sie stellte die Lampe auf den Boden. Ihr ganzer Körper zitterte, als sie willkürlich einen Band herauszog und sich hinkniete. Das

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