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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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»… Linderung von dir zu erwarten.«
    Betroffen hielt auch Bertrada ihren Fuchs an.
    »Ist es so schlimm?« fragte sie.
    »Schlimmer«, murmelte der Abt.
    Er hatte recht. Bertrada erschrak, als sie Bonifatius gegenüberstand. Sicher, er war stark gealtert, aber damit hatte sie gerechnet. Mit sehr alten Menschen verhielt es sich eben wie mit Kindern, da zeichnete sich jedes Lebensjahr deutlich ab. Doch nicht das schüttere, fast tote Haar, nicht der spärliche Bart und auch nicht die dünne Haut, die faltig auf den Knochen lag, statt sich über sie zu spannen, erschütterten sie. Es waren seine Augen. In ihnen las sie einen Schmerz, den sie nicht benennen konnte, der ihr die Kehle zuschnürte und der nicht nur ihr Herz, sondern ihren ganzen Körper in Aufruhr versetzte. Sie begriff, was Vater Assuerus meinte, wenn er von Linderung sprach, doch sie konnte sich nichts vorstellen, was diese ungeheure Pein würde eindämmen können. Ganz bestimmt nichts, was sie, Bertrada, ihm zu geben hätte.
    »Was ist mit Euch?« fragte sie ohne jede Vorrede, als sie ihn in dem vornehmsten Gemach des zweistöckigen Gasthauses der Abtei aufsuchte. Zwischen zwei Truhen, in denen Pergamentrollen aufbewahrt wurden, stand ein Bett, doch es war unberührt. Bonifatius hatte sich in einer Ecke des Raums einen Strohsack hinlegen lassen. »Welch ein Leid hat Euch überkommen, ehrwürdigster Vater?«
    Er schlug das Kreuzzeichen über sie, und sein Mund lächelte, als er ihre beiden Hände danach in seine nahm und sie zum Sitzen neben sich auf der Bank nötigte.
    »Mein Kind«, sagte er offen, »es sind böse Zeiten, da selbst am heiligsten aller Orte dem Zugriff des Satans kein Einhalt mehr geboten wird.«
    »Wovon sprecht Ihr?« fragte Bertrada verwundert, ließ den Blick durch das Zimmer schweifen und sah schließlich zu dem Fenster hinüber, das eine prächtige Aussicht auf die eindrucksvolle Kirche geboten hätte, wäre es nicht mit Öltuch verhängt worden. Sie fragte sich, welcher Fehler den Erbauern dieser herrlichen Abtei wohl unterlaufen sein mochte. Störte Bonifatius vielleicht der Reichtum der ganzen Anlage?
    »Nein, ich spreche nicht von Prüm«, erwiderte Bonifatius, der ihrem Blick gefolgt war. »Ich meine Rom.«
    »Was ist dort vorgefallen?« fragte Bertrada, zugleich erleichtert und beunruhigt.
    Bonifatius stand auf und machte ein paar Schritte. Mit dem Rücken zu ihr bemerkte er in ungewohnt ruhigem Ton: »Lug, Betrug, Verrat.«
    Dann wandte er sich um, funkelte Bertrada an und donnerte: »Mord!«
    Entsetzt schlug sie die Hände vors Gesicht.
    »Der Heilige Vater?« fragte sie atemlos, während in ihrem Kopf die Gedanken umherwirbelten: Der Papst auf dem Weg zu Pippin ermordet, Abt Fulrad, der ihn abholen soll, vielleicht auch tot, Bischof Chrodegang, der ihn begleitet, Blut, Blut, Blut … Aber wieso hat mir Vater Assuerus diese unglaubliche Neuigkeit nicht auf der Stelle mitgeteilt?
    »Ja«, antwortete Bonifatius. Er warf sich vor dem Kreuz an der Wand auf die Knie. »Papst Stephan II. Ich flehe Gott an, daß Papst Stephan III. nichts damit zu tun haben möge. Wenn ja, dann hat sich der Satan des Heiligen Stuhls bemächtigt und dann gnade Gott der ganzen Welt!«
    »Wovon sprecht Ihr?« fragte Bertrada, noch etwas beunruhigter als zuvor.
    Mühsam erhob sich Bonifatius. Er strich sich eine dünne weiße Strähne aus dem Gesicht, die sich aus dem zusammengebundenen Haar gelöst hatte, und setzte sich wieder zu Bertrada auf die Bank.
    »Im letzten Jahr wurde ein Papst gewählt, mein Kind, das weißt du doch noch?«
    Bertrada nickte. »Es wurden zwei Päpste gewählt«, erinnerte sie sich. »Weil der erste nur wenige Tage nach der Wahl starb, noch bevor er geweiht wurde …«
    Bonifatius unterbrach sie mit einer Handbewegung. »Er starb keines natürlichen Todes!« polterte er. »Papst Stephan II. ist heimtückisch ermordet worden!«
    »Woher nehmt Ihr dieses Wissen?« fragte Bertrada, nachdem sie sich von ihrem Schrecken erholt hatte.
    »Ich war bei ihm«, sprach Bonifatius, »er hat mich kurz nach seiner Wahl rufen lassen, weil er etwas Wichtiges mit mir besprechen wollte.«
    In Bertrada regte sich so etwas wie Mitleid, und sie glaubte plötzlich zu begreifen, was den alten Mann, dem Papst Zacharias am Schluß so wenig zugetan gewesen schien, erschüttert haben mußte. Endlich war ein Heiliger Vater gewählt worden, der sich wieder der Errungenschaften des Bonifatius besann, ihn sogar zu sich rief, um ihm etwas

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