Die Königsmacherin
Anweisungen erteilte, und trabte dann mit wehendem Haar davon.
Pippin und Bertrada schritten mit ihrem Gefolge hinter ihm zu Fuß. Alle waren festlich gekleidet, und Bertrada pries den Herrn, daß er an diesem sechsten Januar in Ponthion für milde Witterung gesorgt hatte.
»Da sind sie!« rief eine Stimme hinter Pippin aufgeregt. In der Tat war jetzt die Spitze des langen Zugs auszumachen, der den Heiligen Vater begleitete. Neben dem weißen Roß des Papstes hob sich der Rappe mit dem kleinen Jungen auf dem Rücken deutlich ab.
»Die beiden scheinen sich ja bestens zu unterhalten«, bemerkte Bertrada belustigt, die an der Kopfhaltung ihres Sohnes erkannte, daß er wieder einmal munter vor sich hin plapperte.
Pippin wandte sich an sein Gefolge und hob die Hand.
»Wartet hier!« rief er den Männern zu. »Ich gehe dem Heiligen Vater jetzt allein entgegen.«
Ehrfurchtsvoll blieben alle stehen und beobachteten, wie der König des Frankenlandes auf den Kirchenfürsten zuschritt, demütig vor ihm auf die Knie fiel und tief das Haupt neigte. Dann erhob er sich, ergriff die Zügel des Pferdes und schritt wie ein Marschalk neben dem Saumtier des Papstes einher. Damit unterwarf sich der weltliche Herrscher in aller Öffentlichkeit dem Stellvertreter Christi, der mit größten Ehren empfangen wurde.
Doch zwei Tage später war es der Heilige Vater, der in der Königspfalz zu Quierzy in Sack und Asche zu Füßen des Königs auf die Knie fiel. »Laß mich nicht im Stich, so wirst auch du nicht vom Himmelreich zurückgewiesen«, flehte er und erhob sich erst, als ihm Pippin Hilfe zusagte.
In der Hoffnung, einen Feldzug vermeiden zu können, schickte Pippin Aistulf ein Ultimatum, bot ihm gar Gold für Land. Doch der Langobardenkönig lehnte ab. Die Verhandlungen zwischen Papst Stephan und Pippin zogen sich wochenlang hin. Bertrada konnte nur selten zugegen sein, da sie vollauf damit beschäftigt war, sich um das leibliche Wohl der vielen hohen Gäste, des Papstes sowie der Kardinäle, der Priester und Diakone in seiner Begleitung zu kümmern. Sie überwachte die Zubereitung der Speisen, sorgte dafür, daß nur das beste Rauch- und Pökelfleisch, der edelste Wein, das frischeste Brot und der feinste Käse auf die Tafel mit der schönsten Leinendecke kamen. Großzügig ging sie mit dem kostbaren Pfeffer und den anderen Gewürzen um, die jüdische Händler aus fernen Ländern mitgebracht hatten.
»Wann werdet ihr euch denn endlich einigen?« fragte Bertrada ungeduldig, als Pippin sechs Wochen nach Ankunft des Heiligen Vaters wieder einmal erst spät in der Nacht das gemeinsame Gemach betrat. Sie hatte sich bereits hingelegt, aber das Öllämpchen auf dem Tisch brennen lassen. Pippin kleidete sich schnell aus und schlüpfte zu Bertrada unter die Decke. Sie schlang ihre Arme um ihn, und dankbar schmiegte er sich an sie. »Ich weiß es nicht«, antwortete er müde. »Papst Stephan verlangt sehr viel von mir.«
»Wieviel?«
»Ich soll ihm das Dukat von Rom, das Exarchat von Ravenna und eigentlich ganz Mittelitalien schenken, eben alles, was Kaiser Konstantin seinem Vorgänger der Urkunde zufolge einst übertragen hat.« Er zog sie noch näher an sich. »Ohne dich könnte ich das alles gar nicht bewältigen«, murmelte er. »Wie hat mein Leben nur ausgesehen, bevor du darin eingetreten bist?« Er hatte es längst aufgegeben, zu ihr von Liebe zu sprechen, aber sie sollte wissen, wie unentbehrlich sie für ihn geworden war.
Bertrada unterdrückte eine Antwort. Im Laufe der vergangenen Jahre waren ihr viele Geschichten über Pippins Vergangenheit zugetragen worden, doch gerade sie hätte dieser nicht bedurft, um sich selbst ein ziemlich deutliches Bild zu machen. Sie hatte nie von ihm gefordert, seine alten Gewohnheiten endgültig aufzugeben, aber sie wußte, daß er sich schon lange nicht mehr nach anderen Frauen umsah. Seltsamerweise beunruhigte sie gerade dies. Ihr zuliebe hatte er sich verändert, ihr vielleicht sogar ein Opfer dargebracht, das sie gar nicht wünschte, da es sie in die Lage der Empfangenden brachte, von der eine Gegengabe erwartet werden könnte. Nur aus einem einzigen Grund war sie erleichtert, daß er ihr so treu zugetan war: Er würde nie mit einer anderen Frau einen Sohn zeugen, der ihren Kindern das Erbe streitig machen könnte. Ansonsten wäre es ihr lieber gewesen, wenn er seine Gunst wie früher auf mehrere Frauen verteilt hätte. Wäre sie nur sicher, daß ihre Söhne leben würden, wollte sie selbst
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