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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Sein: Auf Hochverrat steht der Tod. Pippin ist schuldig!
    Pater Fulrad hielt sich währenddessen hinter einer Säule verborgen. Als er die Königin gesenkten Hauptes und schweren Schrittes die Schreibstube verlassen sah, nickte er zugleich etwas betrübt, doch auch sehr erleichtert. Der Ehe Karls mit Desiderata hatte er erfolgreich einen Riegel vorgeschoben. Ob es jedoch wirklich so klug gewesen war, das Datum auf der Abschrift, die er damals auf dem Weg nach Rom angefertigt hatte, unkenntlich zu machen, würde erst die Zukunft zeigen.
    Es kostete Bertrada fast übermenschliche Anstrengungen, sich ihre Gedanken nicht anmerken zu lassen, als sie in ihre Räume zurückkehrte. Dort wartete Teles mit leuchtenden Augen auf sie. »Gelobt sei der Heilige Vater!« rief er. »Er hat gerade unserem Hof wunderbare griechische Handschriften geschickt!« Er schwärmte von den Werken des ersten Athener Bischofs Dionysios Aeropagites und überlegte laut, ob man angesichts der vorzüglichen neuen Grammatikbücher nicht vielleicht doch wieder den Griechischunterricht der Königssöhne aufleben lassen sollte. »Damit Eure Söhne das Griechische nicht nur verstehen, sondern es auch richtig sprechen und lesen können! Was meint Ihr?«
    Bertrada hörte kaum zu. Als Teles sie fragend ansah, ging ihr plötzlich durch den Kopf, wie seltsam sich so manches gefügt hatte. Der einstige Sklave war nur deshalb zu solch hohem Ansehen gelangt, weil er einst einem erschöpften fremden Mädchen am Waldesrand etwas Wein eingeflößt hatte. Sonst würde er wohl noch heute in der Schreibstube der Abtei von Vienne seine Sklavenarbeit verrichten. Er hätte Mathilde nie kennengelernt und die Tochter nicht gezeugt, die zusammen mit ihrer eigenen Tochter Gisela zu einer edlen Frau erzogen wurde. Am Beginn von Teles' Aufstieg stand das furchtbare, unverzeihliche Geschehen am Bach. Doch die Gewalt, die Pippin ihr vor mehr als einem Vierteljahrhundert angetan hatte, erschien ihr jetzt im Rückblick nicht annähernd so niederträchtig, wie der Verrat, von dem sie soeben erst erfahren hatte. Das Blut stieg ihr ins Gesicht: Hinter meinem Rücken verfügt Pippin über mich, als wäre ich eine Sklavin, eine Sache, derer man sich entledigt, wenn man etwas Besseres gefunden hat! Mit welcher Gerissenheit er mich doch getäuscht und von seiner Zuneigung überzeugt hat! Wo hat er Desiderata wohl kennengelernt? Vor zehn Jahren in Pavia? War sie vielleicht der Anlaß dazu, daß er sich damals von mir abgewandt hat? Wegen eines Mädchens, das dreißig Jahre jünger ist als er? Dabei habe ich geglaubt, daß ich sein Herz wiedererobert hätte! Noch drei Kinder habe ich ihm geboren! Und er verhandelt mit dem Heiligen Vater über meine Verstoßung! Welch ein abscheulicher Verrat! Der halbe Hof muß inzwischen darüber Bescheid wissen! Welch eine Demütigung! Welch ein Machtverlust!
    Sie dachte an die abstoßenden Praktiken, die sie vor zehn Jahren hatte anwenden müssen, um Pippin wieder an sich zu binden: Strafte sie Gott jetzt dafür, daß sie sich der schwarzen Kunst bedient hatte? Oder war ihr bei dem komplizierten Liebeszauber vielleicht doch ein Fehler unterlaufen?
    Sie verwarf den Gedanken, Pippin abermals der gleichen Magie auszusetzen. Einen Mann, der sie derart niederträchtig behandelte, wollte sie nicht mehr. Nein, er verdiente es, durch einen Zauber vernichtet zu werden.
    »Herrin?« fragte Teles unsicher.
    Sie schüttelte den Kopf und kehrte in die Gegenwart zurück.
    »Verzeih, mein Freund«, sagte sie und setzte, mehr für sich selbst, hinzu: »Manchmal ist mir, als suchten mich Dämonen heim.«
    Am Abend desselben Tages überreichte Mathilde ihr einen völlig verdorrten kleinen Zweig.
    »Teles sagt, Ihr solltet ihn gut hüten«, meinte sie.
    »Und was ist das?« fragte Bertrada teilnahmslos.
    »Wermut«, erklärte Mathilde. »Teles tat damit sehr geheimnisvoll. Er meinte, Ihr würdet schon wissen, was es bedeutet.« Sie runzelte fragend die Stirn: »Ich soll Euch danken und ausrichten, daß ihm der Zweig seit damals vorzügliche Dienste geleistet habe. Was er wohl damit meint?«
    »Du hast einen klugen Mann, Mathilde«, erwiderte Bertrada leise.
    Wie und wann hatte der einstige Sklave die Verbindungslinie von dem abstoßenden Waldwesen der Vergangenheit zu der Königin von heute gezogen?
    Sorgfältig verbarg sie die Gabe in einer kostbaren Seidenhülle und legte diese unter ihr Kissen. Sie hörte den Zweig knacken und brechen, als Pippin sich in dieser Nacht

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