Die Königsmacherin
beruhigt, und es war schließlich im Interesse des Herrn und vor allem seines Stellvertreters auf Erden, daß Pippin seine Gemahlin nicht doch noch verstieß. Wohl als Zeichen seiner Billigung, so sah Fulrad es damals, hatte Gott im darauffolgenden Jahr das Königspaar abermals mit einem Sohn gesegnet, der auf den Namen Pippin getauft wurde, ein unverkennbares Zeichen der Versöhnung.
Nur weshalb hatte Gott dann zugelassen, daß der kleine Pippin zwei Jahre später starb? Noch dazu unter solch merkwürdigen Umständen? Der Knabe war von einem Pferd zertrampelt im Stall aufgefunden worden. Die Amme behauptete, sie habe das Kind nur einen kurzen Augenblick auf dem Hof allein gelassen. Sie hatte sich dringend erleichtern müssen. Da seine großen Brüder – Karl war damals dreizehn und Karlmann zehn – in der Nähe spielten, hatte sie den Knaben ausreichend beaufsichtigt geglaubt. Die Knaben erzählten übereinstimmend, sie hätten keineswegs gespielt, sondern seien einer ernsthaften Beschäftigung nachgegangen, die ihre ganze Aufmerksamkeit erforderte. Den kleinen Bruder hätten sie dabei überhaupt nicht wahrgenommen. Karl hatte Karlmann nämlich vorgeführt, wie er sich auf seinem ersten Aquitanienfeldzug geschlagen hatte, von dem er gerade erst mit stolzgeschwellter Brust zurückgekehrt war. »Ich muß doch wissen, wie man kämpft! Nächstes Jahr nimmt Vater mich ja auch mit!« hatte Karlmann gerufen.
Wahrscheinlich also war der kleine Pippin auf eigene Faust in den Pferdestall gewandert, wo sich zu diesem Zeitpunkt zufälligerweise niemand aufgehalten hatte.
Die Königin brach nach diesem Verlust zusammen. Außer Pippin, Teles und Mathilde wollte sie wochenlang niemanden sehen, nicht einmal die kleine Gisela und ihre beiden Söhne. Der König kümmerte sich aufopferungsvoll um seine Frau, die darauf bestand, nach Prüm gebracht zu werden. Dort lebte sie etwas auf, als die neue prächtige Abtei mit der stattlichen Kirche prunkvoll eingeweiht wurde. Zusammen mit ihrem Mann und ihren Söhnen unterschrieb sie die Gründungsurkunde, die das ›Testament des Salvators‹ genannt wurde, da das Königspaar neben zahlreichen anderen Reliquien auch die Sandale Jesu Christi mitgebracht hatte. Zusätzlich beschenkte Pippin die Abtei mit Ländereien, zu denen auch das Gebiet um Rheinbach gehörte, sicherte dem Kloster Einkünfte von Kirchen, Märkten und Zollstellen und schenkte ihm die Fischereirechte im Moselgau. Fulrad hatte damals angesichts der großzügigen Schenkungen und Landgaben an das Prümer Kloster die Stirn gerunzelt, da er es lieber gesehen hätte, wenn dieser Segen seiner eigenen Abtei zugute gekommen wäre. Doch er wußte, daß es zwecklos war, Einwände geltend zu machen. Wenn es um das Kloster im Eifelgau ging, ließ sich Königin Bertrada auf keinerlei Handel ein. »Prüm verdanke ich mein Leben!« pflegte sie zu sagen und ihn dabei herausfordernd anzusehen. Wahrscheinlich konnte sich der Erzkaplan von Saint Denis glücklich schätzen, daß sie nicht auch noch den Mantel des heiligen Martin für Prüm einforderte, den er eifersüchtig in seiner eigenen Hofkapelle hütete!
In Prüm wurde Bertrada wieder schwanger, und Pippin zog mit beiden Söhnen abermals gegen die Aquitanier zu Felde. Seit einem Jahrzehnt versuchte er vergeblich, sich dieses Volk zu unterwerfen, und war seit acht Jahren regelmäßig einmal jährlich in das Land eingefallen. Er überwinterte sogar im Feld, um im Frühjahr gleich wieder losschlagen zu können. Die gewaltsame Eroberung hatte ihren Preis. Der Erzkaplan hatte vernommen, daß in Aquitanien schon seit Jahren niemand mehr wagte, Äcker oder Weinberge zu bebauen, daß fast alle Städte und Klöster in Schutt und Asche lagen, kostbare Kulturgüter vernichtet und ganze Landstriche verbrannt waren. Wie viele tausend Menschen diesen gewalttätigen Bemühungen um die Reichseingliederung bisher zum Opfer gefallen waren, ließ sich nicht einmal annähernd schätzen.
Sechs Jahre zuvor war Pippin rechtzeitig zur Geburt seiner Tochter Rotrud zurückgekehrt, aber das Kind war kurz nach der Taufe gestorben. Genau wie das Mädchen Adelheid, das Bertrada zwei Jahre später zur Welt brachte.
Das war vor vier Jahren gewesen. Die Königin hatte dem Erzkaplan anvertraut, daß sie sich jetzt Gottes offensichtlichem Willen beuge und dafür Sorge trage, keine weiteren Kinder zu bekommen. Der Abt hoffte inständig, daß sie dennoch dem König gab, was des Königs war. Ein Mann wie Pippin würde
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