Die Königsmacherin
ermordet und zum Zeitpunkt der Verhandlung gerade eine Nonne entführt und geschändet hatte. Das Gericht betrachtete die Scheidung auch dann nicht als rechtmäßig, wenn der Mann öffentlich die Ehe brach und Unzucht trieb. Daß Eulalius inzwischen wahnsinnig geworden war, weil ihm seine anderen Konkubinen mit Zaubertränken die Sinne verwirrt hatten, war auch kein Scheidungsgrund. Die Richter bürdeten Tetrada eine sehr hohe Geldbuße auf und verfügten, daß die Kinder, die sie mit Desiderius haben würde, als nichtehelich gelten sollten. Und eine dieser Töchter wollte Karlmann jetzt heiraten. Das hatte er seinem Vater mit ernster Miene anvertraut.
Wäre Karl mit einem solchen Ansinnen vor Pippin getreten, hätte ihn der König schlichtweg ausgelacht. Der stattliche Karl, dem die Herzen nur so zuflogen, war ein Schwerenöter, der sich alle paar Monate aufs neue unsterblich verliebte. Doch seine Begierde nach der jeweils einzigartigen Frau stumpfte noch schneller ab als sein Schwert in der Schlacht. Pippin konnte nur hoffen, daß sein Ältester irgendwann eine solche Gefährtin finden würde, wie seine eigene Gemahlin es ihm war. Eine Frau, der er so zugetan war wie seiner kleinen Schwester Gisela, die er mit einer geradezu närrischen Anhänglichkeit zu vergöttern schien und als deren Beschützer er sich ständig aufspielte.
Wenn Karlmann sich verliebt hatte, war das freilich eine ganz andere Sache. Der jüngste Sohn des Königs würde seine Herzensangelegenheiten nicht weniger gewissenhaft betreiben als seine Studien, davon war Pippin überzeugt. Gerberga, die bei einer Tante in Soissons lebte, war eine Freundin Mathildes, und der Junge hatte sie im Kreis seiner Mutter kennengelernt. Pippin wußte, daß Bertrada diese Verbindung begrüßte, und somit hatte sie auch seinen Segen.
Er vermißte seine Frau schmerzlich. Nicht nur ihre Gegenwart, schließlich hatte er selbst beschlossen, sie keinem Kriegszug mehr auszusetzen. Ihm fehlten auch die liebevollen Briefe, die sie ihm sonst immer geschrieben hatte, wenn er längere Zeit unterwegs gewesen war. Auf diesem letzten aquitanischen Feldzug hatte ihn nur ein einziges, noch dazu eher kühles Schreiben aus ihrer Hand erreicht. Gut möglich, daß andere Episteln unterwegs verlorengegangen waren, tröstete er sich, als er das Amulett berührte, das sie ihm beim Abschied geschenkt hatte und das jetzt neben dem Eberzahn und einem Reliquienbehälter mit einem Splitter vom Kreuz Christi um seinen Hals hing.
Sie hatte sich in den Tagen vor seinem Aufbruch seltsam unzugänglich gezeigt, auf sein besorgtes Nachfragen nur geantwortet, daß sie sich um die Genitien in Prüm und Mürlenbach sorge. Zwar hatte sie den größten Teil ihrer Güter, darunter auch die Burg in Mürlenbach, der Abtei übertragen, doch die Mönche waren offensichtlich nicht in der Lage, die Frauenhäuser angemessen zu verwalten. Klagen über die schlechte Ausführung der Prümer Altartücher seien ihr zu Ohren gekommen, erklärte sie, und so müsse sie unbedingt in den Eifelgau reisen, um dort nach dem Rechten zu sehen. Pippin hatte sich die Frage versagt, ob sie dies nicht auch nach seiner Abreise erledigen könnte. Er ahnte, daß Bertrada noch etwas anderes bedrückte. Aus Erfahrung wußte er, daß es sinnlos war, Erklärungen von ihr zu verlangen. Es gab Angelegenheiten, die sie nur selbst bereinigen konnte, bei denen seine Einmischung unerwünscht war. Daß sie vor ihrem Ritt nach Prüm keine Umarmung mehr zugelassen hatte, stimmte ihn traurig, doch er wollte sie nicht bedrängen. Schließlich wußte er um ihre Furcht vor einer neuen Schwangerschaft. Und vielleicht fürchtete sie sich auch vor der Strafe Gottes, wenn sie weiterhin Mittel einsetzte, um keine Kinder zu gebären. Gerade in letzter Zeit hatte die Kirche besonders eindringlich darauf hingewiesen, daß alles strengstens verboten sei, was dazu führe, Schwangerschaften zu verhindern. Schließlich habe der Herr Mann und Frau allein deshalb zusammengeführt, damit sie Kinder in die Welt setzten!
Was kein Grund ist, dabei nicht auch Freude zu empfinden, dachte Pippin. Während er sich jetzt müde und von den Söhnen verlassen in der Stadt Saintes von den Anstrengungen der letzten aquitanischen Schlacht erholte, sehnte er sich so sehr nach Bertrada, daß er einen Eilboten zu ihr in den Eifelgau schickte.
Seine Freude war groß, als wenige Tage später kein Antwortbrief, sondern seine Frau selbst in der Stadt eintraf.
»Du siehst schlecht
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