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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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hat mich der Herrgott nur auf die Probe gestellt und wird mich doch noch heilen.«
    Bertrada, die mit einer Handarbeit neben dem Bett saß, schwieg. Sie wußte es besser.
    »Umarme und küsse mich«, bat Pippin. »Du pflegst mich schon so lange, aber ich sehne mich vor allem nach meiner Frau.«
    Bertrada stand auf und musterte Pippin kalt.
    »Wohl kaum nach der Frau, die du verstoßen wolltest!« entfuhr es ihr.
    Pippin sah sie verständnislos an.
    »Ich habe den Brief gelesen, den du an den Heiligen Vater geschickt hast«, fuhr sie ohne Erbarmen fort. Mit bebender Unterlippe zitierte sie: »›Glück und Leben meiner Person und meines Volkes hängen davon ab, daß du der Scheidung von meiner Gemahlin Bertrada zustimmst, geliebter Vater! Erfülle meinen Wunsch und lasse mich die ersehnte Desiderata heimführen.‹ Du erregst Abscheu in mir, Pippin, daß du sogar noch im Angesicht des Todes behauptest, dich nach mir zu sehnen! Soll ich nicht lieber die wahrhaft Ersehnte, deine geliebte Desiderata, an dein Lager rufen?«
    Ein Zittern lief durch Pippins Körper. Er sank in sich zusammen und holte in unregelmäßigen Stößen Luft. An der Färbung seiner Haut erkannte Bertrada, daß die Hitze in seinem Körper mit einemmal angestiegen sein mußte.
    »Bertrada«, brachte Pippin hervor.
    »So lautet der Name der gesalbten Königin.«
    »Und der meiner einzigen Frau«, stieß er aus. »Ich habe nie eine andere wirklich geliebt. Desiderata … das war nur eine kurzfristige Tollheit vor zehn Jahren, mehr nicht. Ich war damals so müde … wie jetzt auch … glaub mir, Bertrada, ich liebe dich mehr als mein Leben …«
    Ein Schauer durchlief Bertrada. Sie las Erschütterung in Pippins Augen, Liebe und die flehentliche Bitte um Verzeihung.
    Und sie erinnerte sich daran, daß auf dem Brief kein erkennbares Datum gestanden hatte.
    »Schwörst du bei Gott und bei allen Heiligen, daß der Brief so alt und bedeutungslos ist?« fragte sie eindringlich.
    Pippin nickte.
    »Ich war wie von Sinnen und habe es jahrelang bitter bereut«, flüsterte er. »Nie wollte ich dir ein Leid antun, Geliebte mein, und habe es doch so oft getan. Der Himmel möge mich strafen. Ich liebe dich. Habe dich immer geliebt. So sehr.«
    Seine Stimme war schwächer geworden. Bestürzt sprang Bertrada auf und sah sich verzweifelt im Zimmer um. Hier gab es nichts, was Pippin noch helfen konnte. Und auch nicht woanders. Kein Kraut konnte an seinem Zustand noch etwas ändern.
    Sie wußte, daß er die Wahrheit sprach, sah es in seinen Augen, hörte es aus seiner Stimme heraus und spürte es vor allem ganz tief in ihrem Herzen. Das Eis schmolz, und eine neue Wunde tat sich auf. Gott im Himmel, was habe ich nur angerichtet! Grauen erfaßte Bertrada, Abscheu vor sich selbst und eine unermeßliche Wut auf den Erzkaplan von Saint Denis. Wie hatte dieser Ränkeschmied sich schamlos ihrer Einfalt bedient! Und welch fürchterlichem Irrtum war sie dadurch erlegen!
    »Küß mich, Bertrada«, hörte sie, als sie sich neben Pippin auf das Lager warf und ihn in die Arme nahm. Hinter ihren geschlossenen Lidern tauchte das Bild einer schlichten Mönchszelle mit einem Strohsack auf. Wieder einmal vereinte sie sich im Kuß mit einem Sohn Karl Martells zum Zeitpunkt seines Todes.
    Die später hinzugerufenen Heilkundigen erkannten auf Wassersucht als Todesursache.
    Vor der feierlichen Beisetzung in Saint Denis ließ sich Abt Fulrad bei Bertrada anmelden. Sie empfing den Erzkaplan mit steinerner Miene.
    »Ich verneige mich vor Eurer Trauer«, sagte der kleine Mann zur Begrüßung. Sein Habichtsblick schien sich in Bertradas Kopf bohren zu wollen.
    »König Pippin möchte wie sein Vater in Saint Denis an der Seite der Merowingerkönige beigesetzt werden«, erwiderte sie tonlos.
    Der Abt nickte und reichte Bertrada ein Pergament. »Dies hat er mir bei unserer letzten Zusammenkunft anvertraut. Es ist sein Letzter Wille.«
    Mißtrauisch las Bertrada das Schriftstück durch. Es war eindeutig in Pippins Handschrift abgefaßt.
    »Das begreife ich nicht«, sagte sie erschüttert. »Weshalb wünschte mein Gemahl, mit dem Gesicht nach unten in den Sarg gelegt zu werden?«
    »Wohl aus Scham«, erwiderte der Abt leise und beeilte sich hinzuzufügen: »Gewiß nicht wegen der eigenen Sünden, sondern wegen der seines Vaters. Ihn belastete es außerordentlich schwer, daß Karl Martell der Kirche so viele Güter geraubt hat.«
    »Dies hat er Euch gesagt?« fragte Bertrada.
    Der Abt schüttelte den

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