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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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seid!«
    »Was hätte denn mein Onkel an meiner Stelle getan?« fragte Karlmann unvermittelt. Bertrada erschrak. Konnte ihr Sohn Gedanken lesen? Auch sie hatte gerade an den älteren Karlmann gedacht: daran, wie er einst beim Blutgericht zu Cannstatt Recht und Gesetz gebrochen hatte, um die Alemannen zu unterwerfen. Ein solches Vorgehen traute sie Karl auch zu.
    »Du kannst stolz sein, mein Sohn«, erwiderte sie bedächtig, »daß du nach ihm benannt worden bist. Er war …« Sie brach ab, als ein plötzlicher Schmerz sie durchzuckte. Karlmann war hitzköpfig, unbedacht, verwegen und grausam gewesen – so hieß es –, aber sie selbst hatte nie einen sanfteren und friedfertigeren Mann erlebt. »… gut«, fuhr sie mühsam fort. »Und er fand große Kraft in seinem Glauben.« Das jedenfalls war unstrittig. »Dein Oheim Karlmann hat in seiner Jugend schwere Fehler begangen, die er später bitter bereut hat.«
    »Mein Vater auch«, warf Karlmann ein. »Warum sonst wollte er Gott nicht ins Angesicht blicken, sondern hat sich mit dem Gesicht nach unten beisetzen lassen?«
    »Das weiß ich auch nicht«, antwortete Bertrada. »Aber du warst mit ihm in Aquitanien und weißt selbst, wie es um dieses Land bestellt ist.«
    Karlmann erhob sich. Einen Augenblick lang glaubte Bertrada das gleiche Feuer in seinen Augen zu erkennen, das einst auch sein Onkel versprüht hatte.
    »Klöster haben wir in Brand gesetzt!« rief der Siebzehnjährige. »Die Mönche darin lebendigen Leibes verbrannt! Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie unsere Leute einen Säugling von der Brust der Mutter rissen und gegen eine Steinmauer schleuderten! Und danach wurde die Frau vor den Augen ihres gefesselten Ehemannes so lange vergewaltigt, bis sie darüber zugrunde ging!«
    »Sicher ohne Wissen deines Vaters«, erwiderte Bertrada bestürzt.
    »Er war anderweitig beschäftigt. Aber als ich es ihm sagte, hat er nur gelacht und gemeint, je früher ich erfahre, was Krieg wirklich bedeute, desto stärker würde es mich machen.«
    »Und hat es das? Dich stärker gemacht?«
    Karlmann sah sie lange eindringlich an und erwiderte: »Mich nicht, aber vielleicht meinen Bruder. Doch ich bezweifle, daß Gott eine solche Stärke gutheißt. Aus ihr erwächst nur Leid, denn sie verhärtet das Herz. Ich werde mit den Aquitaniern verhandeln, Mutter.«
    Dazu kam es jedoch nicht.
    Beim Treffen der Brüder in Montcourt zeigte sich Karl entgeistert, daß Karlmann nur ein kleines Gefolge aufgeboten hatte. Zornentbrannt forderte er ihn auf, augenblicklich ein starkes Heer herbeizurufen. Schließlich ginge es darum, ihr gemeinsames Erbe zu verteidigen! Karlmann weigerte sich, und es kam zu einer derart lautstarken Auseinandersetzung, daß die Leibwächter der beiden Brüder hastig herbeieilten.
    »Wir schlagen einander schon nicht die Köpfe ein«, sagte Karl, über die Störung verärgert, »aber ich will verkünden, daß mein Bruder den Schwanz einzieht.«
    Karlmann kehrte auf seinen Königssitz zurück, und Karl zog mit seinen Mannen allein in den Krieg. Nach mehreren gewonnenen Schlachten gelang es ihm, den baskischen Herzog Lupus auf seine Seite zu ziehen. Er versprach ihm eine gewisse Unabhängigkeit und Sonderrechte für sein Volk, wenn er ihm Hunoald, der bei ihm Schutz gesucht hatte, ans Messer liefere. Lupus ging auf den Handel ein.
    Karl schlug dem Sohn Waifars nicht den Kopf ab, sondern setzte ihn gefangen. Noch vor Jahresende kehrte er mit ihm nach Lüttich zurück, was er vor kurzem zu seiner Residenz erwählt hatte. Nun war ganz Aquitanien wieder in fränkischer Hand, und zwar in der Karls. Er weigerte sich, seinem Bruder jene Gebiete wieder auszuhändigen, die dieser ursprünglich geerbt hatte.
    Das konnte Bertrada nicht zulassen. Von Prüm aus brach sie nach Lüttich auf, um ihrem Ältesten ins Gewissen zu reden.
    Doch Karl war zu keinem Einlenken bereit.
    »Ich habe das Land zurückerobert, also gehört es auch mir. Mein Bruder war zu feige, um zu kämpfen, und will jetzt die Früchte meiner Arbeit ernten! Das kommt nicht in Frage!«
    »Du könntest brüderlich handeln«, setzte Bertrada noch einmal an. »Und Karlmann wenigstens einen Teil zurückgeben.«
    »Ich denke nicht daran! Soll Karlmann mir doch den Krieg erklären! Weißt du übrigens, daß dieser Schreibstubenkrieger heiraten will?«
    Bertrada nickte benommen: Soll Karlmann mir doch den Krieg erklären. Ihre schlimmsten Befürchtungen durften sich nicht doch noch bestätigen! Ein Bruderkrieg! Die

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