Die Königsmacherin
ersehnen, sich eine Liebe sichern, vermute ich.«
Bertrada nahm sich vor, mit Teles und Mathilde ein ernstes Wort zu reden, aber zuerst würde sie sich Sophia widmen.
Das Mädchen zeigte sich allerdings derart verstockt, daß Bertrada schließlich ihre eigene Tochter ins Gebet nahm und sie geradeheraus fragte, was für einen faulen Zauber sich Sophia denn da ausgedacht habe.
Gisela strahlte die Mutter aus ihren klaren blauen Augen an. Sie strich sich die blonden Haare aus dem Gesicht und rückte das mit Edelsteinen besetzte Band auf ihrem Kopf zurecht.
»Es war nur ein Versuch, Mutter, aber er hat ja leider nicht gewirkt. Gott wollte es wohl anders!«
»Was wollte Gott anders?«
»Wäre es nicht schön gewesen, wenn Hildegard meinen Bruder Karlmann geheiratet hätte und Sophia die Frau von Karl wäre? Oder umgekehrt? Dann wäre ich mit meinen besten Freundinnen verwandt.« Sie beugte sich zur Mutter hin und flüsterte: »Sophia liebt Karl fast so sehr wie ich. Sie hat furchtbar geweint, als er geheiratet hat.«
Da war sie nicht die einzige, dachte Bertrada grimmig. Sie selbst hatte sich immer noch nicht mit Karls plötzlicher Heirat abgefunden und fand es ausgesprochen verwerflich, daß er ohne jede Beratung mit seiner Mutter die unbedeutende alemannische Adlige zur Frau genommen hatte. Die auch noch fast fünfzehn Jahre älter war als er! Was hatte er sich dabei nur gedacht!
Sie begriff, daß es beide Söhne eilig hatten, sich zu vermählen, um so schnell wie möglich Nachkommen zu zeugen und dadurch die jeweils eigene Position zu festigen. Himiltrud war um die Jahreswende mit einem Knaben niedergekommen, und Gerberga brachte einige Wochen später ebenfalls einen Sohn zur Welt.
Bertrada hatte Karlmann ins elsässische Selz bestellt und ihm ins Gewissen geredet, seinen Sohn nicht ebenfalls nach dem Großvater zu benennen, aber ihr Jüngster hatte sich uneinsichtig gezeigt.
»Die Zukunft wird zeigen, welcher Pippin der Stärkere ist«, hatte er erklärt und dabei einen leisen Triumph nicht unterdrücken können. Schließlich war sein Kind wohlgeraten, Karls Sproß hingegen wies bereits eine Verformung auf, die sich in späteren Jahren voraussichtlich zu einem richtigen Buckel entwickeln würde.
»Man kann auch mit ungleichen Füßen oder einem Buckel zur Macht gelangen«, erwiderte Bertrada mit einiger Schärfe. Seit Karls Eroberung Aquitaniens war es zwar zu keiner offenen Auseinandersetzung zwischen ihren beiden Söhnen mehr gekommen, aber Bertrada ahnte, daß Karlmann sich nicht damit abfinden würde, daß sich Karl ein Land unterworfen hatte, welches an das Reich seines Bruders grenzte und zur Hälfte eigentlich ihm gehörte. Immerhin waren die beiden im vergangenen Jahr in zwei bedeutenden Angelegenheiten einig gewesen und zusammen aufgetreten: Sie hatten eine gemeinsame Synode abgehalten, und, was noch wichtiger gewesen war, Papst Stephan in seinem Amt bestätigt. Desiderius hatte seinen Papst zurückgezogen. Konstantin, den anderen Gegenpapst, hatte man geblendet, gefoltert und mit Schimpf und Schande davongejagt.
»Wahre den Frieden mit deinem Bruder«, bat sie ihn inständig. »Eure Reiche sind groß genug, um euch beide vollauf beschäftigt zu halten.«
»Ich habe Karl nichts genommen, was ihm gehört.«
»Ohne Karls Eingreifen gehörte Aquitanien jetzt keinem von euch.«
Erstaunt und enttäuscht stellte Karlmann fest, daß seine Vorrangstellung im Herzen der Mutter wohl doch nicht ganz so unverrückbar war, wie er bisher immer angenommen hatte. Doch es gab andere mächtige Kräfte, die ihm mehr als nur gewogen waren und die sich Karls Dreistigkeiten einmal wirksam widersetzen könnten. Abt Fulrad hatte Karlmann erst vor kurzem ein Schriftstück vorgelegt, in dem ausführlich erläutert wurde, weshalb Karl überhaupt kein Anrecht auf seinen Thron habe: Er sei außerhalb der Ehe geboren worden und somit als illegitimer Sohn nur von nachgeordneter Bedeutung. Karlmann dagegen sei der einzige rechtmäßige Frankenkönig.
»Ich möchte, daß mein Volk in Frieden lebt«, fuhr Karlmann fort, »aber so wie ich meinen Bruder kenne, plant er schon einen Feldzug nach Bayern, um sich Tassilo zu unterwerfen. Das Unterfangen wird er wohl damit rechtfertigen, daß unser lieber bayerischer Vetter mit seinem Schwiegervater Desiderius angeblich vor den Toren Frankens aufzumarschieren gedenkt.« Tatsächlich war dies genau die Taktik, zu der Abt Fulrad ihm, Karlmann, geraten hatte. Der Erzkaplan hatte Karlmann
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