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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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darauf hingewiesen, wie sehr eine endgültige Eingliederung des Herzogtums Bayern in seinen eigenen Reichsteil seine Stellung festigen würde.
    »Es wird weder zu dem einen noch zu dem anderen kommen«, versetzte Bertrada mit solcher Schärfe und einem derart beziehungsreichen Blick, daß sich Karlmann ertappt vorkam. Er senkte verlegen den Kopf.
    »Ich habe einen Plan«, fuhr seine Mutter fort.
    Karlmann konnte kaum glauben, was sie ihm nun in einfachen klaren Worten auseinandersetzte. Noch am nächsten Tag wollte sie nach Bayern aufbrechen und Tassilo Selbständigkeit für sein Herzogtum zusichern. »Ich werde ihm geloben, daß ihm von meinen Söhnen keine Gefahr droht, und mir dafür seine unverbrüchliche Treue ausbedingen. Bayern hat genug Reliquien, auf die er schwören kann.«
    »Unmöglich, Mutter, das darfst du nicht tun!« rief Karlmann entgeistert. Er hatte bereits alles für den Kriegszug nach Bayern vorbereitet.
    »Du, mein friedliebender Sohn, wirst also nicht in Bayern einfallen«, fuhr sie unbeeindruckt fort. »Und danach reise ich nach Pavia und verhandle mit Desiderius.«
    »Worüber?«
    »Über Grenzziehungen, über die Herausgabe von Städten an den Heiligen Vater und über dynastische Angelegenheiten.«
    »Was für dynastische Angelegenheiten?« fragte Karlmann mißtrauisch.
    »Karl soll seine Tochter Desiderata heiraten und Gisela seinen Sohn Adelchis.«
    »Karl ist bereits verheiratet«, warf Karlmann ein, aber in seinen Augen glomm ein Licht.
    »Ich war bei keiner Hochzeit anwesend«, versetzte Bertrada. »Und habe auch kein Schriftstück gesehen, auf der sie dokumentiert ist. Für mich ist Himiltrud höchstens eine unbedeutende Friedelfrau.«
    Und Karls Sohn Pippin somit ein Bastard, dachte Karlmann mit leiser Genugtuung. Wie mein Bruder eigentlich auch. Dies könnte seinen eigenen kleinen Pippin dereinst zum Herrscher aller Franken machen, sofern nicht jene Desiderata ihrem künftigen Gemahl weitere Söhne schenkte. Und falls Karl nicht neben der Tochter des Langobardenkönigs auch noch dessen Reich vereinnahmte und damit so gut wie unangreifbar werden würde.
    »Was sagt mein Bruder zu deinen Plänen? Ist er bereit, Himiltrud zu verstoßen?«
    »Du kennst ihn doch!« versetzte Bertrada vergnügt. »Heute liebt er dieses Mädchen, morgen jenes. Er hatte sein Herz zufällig an Himiltrud gehängt, als euer Vater starb, und ist aus Gram wohl diese Verbindung eingegangen. Aber er ist ihrer natürlich längst überdrüssig und froh, sie unter einem Vorwand loszuwerden.«
    »Über solch einen unbeständigen Gemahl wird sich Desiderata bestimmt freuen.«
    »Es geht hier um Wichtigeres als Liebe«, entgegnete Bertrada spitz.
    In der Tat, dachte Karlmann, nachdem seine Mutter abgereist war. Es ging um viel Wichtigeres. Wenn nämlich Karl, die Bayern und die Langobarden ihn selbst erst mal eingekreist hatten, war es wirklich nur noch eine Frage der Zeit, wann er diesem Dreierbündnis zum Opfer fallen würde. War seine Mutter zu verblendet, um seine prekäre Lage zu erkennen? Glaubte sie wirklich, Karls Eroberungsgelüste eindämmen zu können? Er dachte an ihren verträumten Blick, als sie von ewigem Frieden und Wohlstand geschwärmt hatte, von Muße für die schönen Dinge wie Kunst und Wissenschaft, wenn sich die drei größten Reiche endlich verbrüderten. Aber Bruderschaft, wer wüßte das besser als Karlmann, war eher ein Garant für Unfrieden. Er ging zu seinem Pult und setzte eilig einen Brief auf. Bertradas Plan hatte schließlich nicht nur Auswirkungen auf die drei weltlichen Großmächte. Der Heilige Vater mußte schnellstens über die beabsichtigten Allianzen ins Bild gesetzt werden.
    Teles hatte die Fellmütze so tief ins Gesicht gezogen, daß sie ihm fast die Sicht nahm. Aber viel weiter als bis zum Pferd seines Vordermannes hätte er bei diesem Schneegestöber ohnehin nicht blicken können. Unablässig betete er zu allen ihm bekannten Göttern und Heiligen, daß sie sein Roß und das seiner neben ihm reitenden Königin unbeschadet den steilen Paß hinaufgeleiteten. Schneeverwehungen, die von den Männern der Vorhut beiseite geräumt werden mußten, erschwerten den quälenden Aufstieg. Scharfer Eiswind trieb das Blut in die Augen, schien sich durch die dichten Lagen von Wolle und Pelz in die Knochen zu schneiden und ließ die Eiszapfen zittern, die von Bärten, Nasen und Augenbrauen herabhingen. Der Grieche hatte zwar inzwischen das Reiten erlernt, doch er mißtraute den dünnen Fesseln

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