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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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kam. Schweratmend beugte er sich vor. Gott hatte ihn hierhergeführt, jetzt würde er in der Kapelle beten und endlich zur Ruhe kommen. Er konnte es nicht fassen, daß die Kirchentür abgeschlossen war, als er eintreten wollte. Gottes Haus sollte den Gläubigen doch bei Tag und Nacht offenstehen! Langsam ging er um die Kapelle herum. Vielleicht gewährte ja die Seitenpforte Einlaß. Er zwang sich, das heillose Durcheinander in seinem Kopf zu ordnen. Nacheinander schlug er noch einmal sämtliche Alemannenherzöge nieder, bis ihre Schreie verstummt waren. Um klar denken zu können, mußte er sich immer wieder versündigen. Erst dann zog in seinem Kopf wieder etwas Ruhe ein. Wie jetzt. Ganz unvermittelt blieb er plötzlich stehen. Er entsann sich einer vor Jahren vernommenen beiläufigen Bemerkung Graf Luitpolds, eines Freundes seines Bruders. Der war damals mit Pippin dem Brautzug entgegengeritten und hatte Karlmann später belustigt von einem kleinen Abenteuer erzählt: »Und was sehe ich mit einemmal vor mir? Ein wunderschönes nacktes Mädchen, in einem Bach. Aber leider stand deinem Bruder der Vortritt zu. Danach mußten wir uns ganz schön beeilen, um den Brautzug noch zu erreichen.«
    Pippin hatte also Bertrada entehrt, sie in die Verbannung gezwungen! Und das hatte sie ihm verschwiegen! Schweratmend suchte Karlmann an der Kapellenwand Halt und berührte dabei die Tür des Seiteneingangs. Sie öffnete sich einen Spaltbreit.
    Am Altar brannten einige Kerzen. Erst glaubte Karlmann, nur einen vereinzelten Mönch vor sich zu sehen. Doch als er die Tür ganz aufstieß, entdeckte er den zweiten, der gerade mit entblößtem Hinterteil vor dem älteren auf den Knien lag. Der alte Mönch schwang eine Peitsche in der Hand und schrie soeben: »Du hast den Kelch mit den Zähnen berührt! Das kostet sechs Peitschenhiebe!«
    »Aufhören!« brüllte Karlmann. Er sprang hinzu und riß dem Alten die Peitsche aus der Hand.
    »Ihr armseligen Wichte!« schrie er. »Der heilige Benedikt möge euch strafen!«
    »Regula mixta. Die Abtei ist ihm noch nicht geweiht«, wagte der Mönch auf dem Boden einzuwenden und reckte das Hinterteil höher. Außer sich vor Wut schlug Karlmann mit der Peitsche auf ihn ein, ließ sie aber augenblicklich fallen, als er das spöttische Lächeln im Gesicht des anderen Mönchs bemerkte.
    Aus Furcht, sich noch einmal im Haus Gottes zu vergessen, stürzte Karlmann aus dem Seiteneingang und lief zum Wohnhaus des Abtes hinüber. Es war ihm gleichgültig, ob sich Vater Gregorius schon zur Ruhe begeben hatte. Er wollte von ihm auf der Stelle Rechenschaft und eine wirksame Strafe für die ungehorsamen Mönche fordern. Was nützten all die Beschlüsse, die auf den vielen Synoden der vergangenen Jahre verkündet worden waren, wenn ausgerechnet das Kloster, von dem der Anstoß dazu ausgegangen war, immer noch den Regeln des Columban anhing! Und darüber die missionarische Ausrichtung und die seelsorgerische Aufgabe vergaß! Welch eine Verhöhnung der Arbeit von Bonifatius – und seiner eigenen!
    Die Tür des Hauses war nur angelehnt. Karlmann stürmte in das Zimmer, von dem ein schwacher Lichtschein ausging. Er blieb wie angewurzelt auf der Schwelle stehen. Auf dem Bärenfell vor der Feuerstelle lag der Abt. Und unter ihm Frau Bertas jüngster Pferdeknecht. Beide atmeten so laut und waren so ausschließlich mit ihrem Treiben beschäftigt, daß sie Karlmanns Schritte nicht gehört hatten.
    »Frevel! Frevel allenthalben!« brüllte Karlmann außer sich und stieß vor Zorn bebend das vor ihm stehende Pult des Abts mit beiden Händen ins Feuer. Die Flammen züngelten das Holz empor und griffen rasend schnell auf die Pergamente über, die auf den Boden geflattert waren. Karlmann faßte mit bloßen Händen in die Flammen und zog einen brennenden Holzscheit heraus. Er nahm weder Schmerzen noch den Geruch seiner verbrannten Haut wahr und beachtete auch nicht die Schreie des Abts und des Pferdeknechtes, die verzweifelt mit ihrer abgelegten Kleidung nach den Flammen schlugen. Er bedrohte sie beide mit seiner Flammenwaffe, setzte schließlich damit das Öltuch vor dem Fenster in Brand, raste aus dem Haus und warf den noch immer glühenden Scheit auf das Dach der Kapelle.
    Niederbrennen, sagte die Stimme in seinem Kopf, alles niederbrennen! Nur durch Feuer kann dieser Sündenpfuhl gereinigt werden! Nur im Feuer können die Gesichter der Alemannenfürsten endgültig verlodern! Durch Feuer soll meine Liebe zu Asche werden! Er

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