Die Kolonie
Vielfalt Ihrer exzellenten Messer, deren ich mich von Fall zu Fall bedient habe, ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken.
Von da an wird nur noch von den »Schnitt-Fest-Messer-Morden« oder »Schnitt-Fest-Serienmorden« die Rede sein. Ihr Unternehmen erfreut sich viel größerer Bekanntheit als meine unbedeutende Wenigkeit. Ihre Messer finden sich in jeder Küche. Was für eine entsetzliche Schande, wenn Ihr in Generationen durch Sachverstand und harte Arbeit erworbener Ruf durch mein Projekt ruiniert werden sollte.
Bedenken Sie bitte, Restaurantkritiker kaufen nicht viele Messer. Klopf, klopf auf Holz - aber vielleicht stellt sich die Industrie in diesem Fall auf meine Seite. Vielleicht sieht man mich als Volkshelden. Wer weiß.
Sie könnten eine kleine Investition tätigen, von der wir beide profitieren würden.
Je mehr Mittel Sie mir zur Verfügung stellen, einer Festnahme zu entgehen, desto unwahrscheinlicher wird es sein, dass diese verhängnisvollen Fakten dem durchschnittlichen Messerkonsumenten jemals bekannt werden. Ein kleines Almosen in Höhe von fünf Millionen Dollar würde mir erlauben, mich im Ausland niederzulassen und weit, sehr weit weg von Ihrem Absatzgebiet ein unauffälliges Leben zu führen. Mit Zahlung dieses Betrags sichert sich Ihr Unternehmen ein stetiges Wachstum in eine strahlende Zukunft. Und mir wird dieser Betrag erlauben, mich beruflich neu zu orientieren und noch einmal Karriere zu machen.
Oder ich steige, für eine lächerliche Million, auf Immerscharf-Messer um - und werde im Fall meiner Verhaftung schwören, dass ich in allen Phasen meines Projekts ausschließlich diese mittelmäßigen Produkte benutzt habe...
Eine Million Dollar. Zu viel für Markentreue?
Wenn Sie mir helfen wollen, schalten Sie bitte am kommenden Sonntag eine Anzeige in Ihrer örtlichen Tageszeitung. Ich werde dann Kontakt mit Ihnen aufnehmen und Ihre Hilfe akzeptieren. Bis dahin muss ich mein Werk fortsetzen. Rechnen Sie mit einem weiteren Opfer.
Ich danke Ihnen für Ihr Interesse an meinem Projekt und freue mich, bald von Ihnen hören zu dürfen.
In dieser Welt, wo nur noch so wenige Menschen ihr Leben der Herstellung von Produkten dauerhafter Qualität widmen, können Sie meines Beifalls sicher sein.
Unverbrüchlich,
Ihr treuester Fan
Richard Talbott
15
Hinter der Snackbar im Foyer pingt einmal, zweimal, dreimal die Mikrowelle, dann geht das Licht darin aus. Der Killerkoch öffnet die Klappe und entnimmt ihr einen mit einem Papierhandtuch abgedeckten Pappteller. Als er das Handtuch wegzieht, steigt eine Dampfwolke in die kalte Luft. Auf dem Teller liegen, zischend und brutzelnd in ihrem Bratensaft, einige längliche Fleischstreifen.
Der Killerkoch stellt den Teller auf den Marmortresen der Snackbar und sagt: »Wer will Nachschlag?«
Wir stehen im Foyer, im Dunkel von Alkoven und Nischen, im Durchgang zur Garderobe, im Verschlag des Platzanweisers, Mrs. Clark und Miss America, Gräfin Weitblick und Graf Schandmaul, wir alle stehen da im Raum verteilt und schmatzen. Fett glänzt auf jedem Kinn und an allen Fingerspitzen. Jeder von uns hat einen feuchten Pappteller in der Hand. Und schmatzt.
»Schnell, bevor sie kalt werden«, sagt der Killerkoch. »Die hier sind nach Cajun-Art gewürzt. Um den Blütenduft zu überdecken.«
Es ist der Duft von Genossin Snarkys Parfüm oder Körperpuder, vielleicht von ihrem Spitzentaschentuch, irgendwie süßlich, wie Rosenblüten. Der Killerkoch sagt, zwei Drittel unseres Geschmackseindrucks basieren auf dem Geruch.
Miss America tritt vor und hält ihm ihren Teller hin. Der Killerkoch schiebt sich ein braunes Stück Fleisch in den Mund und zieht es sofort wieder heraus. »Noch zu heiß«, sagt er und pustet darauf. Mit der anderen Hand wirft er kleine Fleischstücke auf Miss Americas Teller.
Sie verzieht sich mit ihrem vollen Teller hinter die Garderobentheke. Hinter ihr die Wand mit den Mantelhaken. Alle leer bis auf die numerierten Messingschildchen.
Im Foyer hängt schwerer Grillgeruch. Fetter Speckgeruch, Hamburgergeruch. Der Geruch von verbranntem Fett. Und wir alle stehen hier und schmatzen. Niemand sagt: Sollen wir noch mehr holen? Niemand sagt: Wir müssen den Rest einpacken und in den Keller schleppen, bevor er zu einem Gesundheitsrisiko wird ...
Nein, wir stehen hier und lecken uns die Finger.
Jeder von uns schreibt in diesem Augenblick an unserer Geschichte, schreibt sie um. Zum Beispiel, dass Mr. Whittier Genossin Snarky geschlachtet hat. Und
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