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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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an, und jetzt macht er mit seinen rosa Fingernägeln den obersten Knopf selbst auf. Und den darunter. Und noch einen. Er sieht uns an, ein Blick von Frau zu Frau, und nestelt an den Knöpfen, bis die Bluse offen auseinander fällt. Wir sehen einen rosa BH aus Satin, mit Rosen bestickt, mit Spitzen besetzt. Seine Haut ist airbrush-rosa, centerfold-rein, ohne die Leberflecke und Härchen und Insektenstiche echter Haut. Eine Perlenkette hängt ihm ins arschpralle Dekollete.
    Der BH lässt sich vorne öffnen. »Miranda« wartet noch, hält die Schließe mit spitzen Fingern und sieht uns an, von Frau zu Frau.
    Und eine aus der Gruppe sagt: »Wie viel Östrogen muss man sich spritzen lassen, um so einen riesigen Vorbau zu kriegen?« Eine andere pfeift anerkennend. Die anderen tuscheln. Die Brüste sind zu perfekt. Beide exakt gleich groß und nicht zu weit auseinander. Wie am Reißbrett entworfen.
    Eine leichte Bewegung der Fingernägel, und der BH springt auf. Springt auf, aber die Brüste bleiben stehen, fest und rund, die Brustwarzen zeigen zur Decke. Brüste, wie nur ein Mann sie sich aussuchen kann.
    Eine streckt die Hand aus und greift zu. Drückt das Fleisch. Streicht mit dem Daumen über den Nippel und sagt: »He. Das müsst ihr selbst mal fühlen - Gott, ist das krass.« Die Hand um eine Brust gelegt, drückt sie zu. Und noch einmal. Sie sagt: »Fühlt sich an wie... keine Ahnung... wie Brotteig?«
    »Miranda« rückt auf dem Stuhl weit nach hinten, um sich aus dem Griff zu winden.
    Aber die Hand bleibt mit festen Griff um die Brust gespannt, und die Frau sagt: »Nicht.«
    Eine andere sagt: »So hübsche Dinger hätte ich auch gern.«
    Garantiert aus Silikon. Eine andere Hand greift in die offene Bluse und packt die zweite Brust, drückt sie nach oben an die Perlenkette, damit wir die Unterseite nach einer OP-Narbe absuchen können.
    »Miranda« hält uns den rosa BH noch eine Weile auf, dann aber macht er Anstalten, seine Brüste wieder einzupacken.
    Und eine, die gerade an einer Titte herumtastet, sagt: »Moment noch.«
    Auf dem Tisch vor uns der Führerschein, das große W unter »Geschlecht«.
    Eine andere sagt: »Künstliche Titten beweisen gar nichts.«
    Eine andere sagt: »Die von meinem Mann sind noch dicker.«
    Von hinten zieht ihm eine das Tuch von den Schultern, dann streift sie ihm die rosa Bluse ab. Seine Haut leuchtet so rein wie die Perlstecker in seinen Ohren. Die Brustwarzen so rosa wie seine Handtasche. Und er lässt das alles mit sich geschehen.
    Eine wirft die Bluse in eine Zimmerecke.
    Und eine andere sagt: »Zeig uns deine Möse.«
    Und »Miranda« sagt: »Nein.«
    Klarer Fall. Dieser mieser kleine Wichser benutzt uns. Wie ein Masochist einen Sadisten aufreizt. Wie ein Verbrecher, der um seine Festnahme bettelt. »Miranda« bettelt darum. Nur deswegen ist er hier aufgetaucht. Deswegen hat er sich so aufgebrezelt. Er weiß, dieser superkurze Rock, diese dicken Melonentitten bringen eine echte Frau auf die Palme. In so einem Fall bedeutet »Nein« »Ja«. Es bedeutet: »Ja, bitte.« Es bedeutet: »Macht mich fertig.«
    »Miranda« sagt: »Ihr macht einen großen Fehler.«
    Und alle lachen.
    Wir sagen, zur Bewusstwerdung gehört, dass man seine Genitalien akzeptiert. Wir hatten schon Sitzungen, da hat jede von uns einen Handspiegel mitgebracht und sich ausgiebig untenrum betrachtet. Einmal haben wir mit einem Speculum den Unterschied zwischen der Zervix einer Jungfrau und der einer Mutter untersucht. Und einmal war eine Dozentin von der Frauenklinik hier und hat uns die Menstruationsregulierung mit der Karman-Methode demonstriert. Ja, genau auf diesem Tisch hier. Wir haben zusammen Sexspielzeug eingekauft und den G-Punkt erforscht.
    Ein bisschen Nachhilfe, und »Miranda« ist auf dem Tisch. Er hockt auf allen vieren, und auch in dieser Haltung sind seine Brüste rund und fest, nicht von der Schwerkraft in die Länge gezogen. Ein handlanger Reißverschluss, und schon gleitet der Rock über seinen dürren Arsch. Er trägt eine Strumpfhose: noch ein Beweis, dass er keine echte Frau ist.
    Wir sehen uns an. Einen Mann hier zu haben, der sich von uns herumkommandieren lässt. Einige von uns wurden belästigt. Andere vergewaltigt. Wir alle wurden begafft, betatscht, von Männeraugen ausgezogen. Jetzt sind wir mal an der Reihe, und wir wissen gar nicht, wo wir anfangen sollen.
    Eine zieht ihm die Strumpfhose vom Arsch. Eine andere sagt: »Wölb deinen Rücken.«
    Keine ist überrascht, wie »Mirandas«

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