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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Ich-Ich-Ich-Gerede.
    Wir treffen uns hier, um von Männern wegzukommen, von Ehemännern, die ihre dreckigen Socken herumliegen lassen. Von Ehemännern, die uns erst verprügeln und dann betrügen. Von Vätern, die enttäuscht sind, weil wir keine Jungen sind. Von Stiefvätern, die uns befummeln. Von Brüdern, die uns herumschubsen. Von Chefs. Priestern. Verkehrpolizisten. Ärzten.
    Normalerweise fallen wir uns nicht ins Wort, aber eine aus der Gruppe sagt: »Miranda?«
    Und »Miranda« hält tatsächlich die Klappe.
    Wir sagen ihm, Bewusstwerdung fängt damit an, dass man sich beklagt. Manche Leute nennen das Nörgeln. Im kommunistischen China, in den Jahren nach Maos Revolution, gehörte es zum Aufbau der neuen Kultur, dass man den Leuten erlaubte, sich über ihre Vergangenheit zu beklagen. Anfangs war es so, dass ihnen die Vergangenheit immer schlimmer erschien, je mehr sie sich darüber beklagten. Aber je länger sie sich darüber ausließen, desto besser konnten sie damit fertig werden. Durch unablässiges Nörgeln wurden ihre schrecklichen Erfahrungen, ihre Horrorgeschichten, immer banaler. Langweiliger. Und erst da konnten sie eine neue Geschichte, eine neue Version ihres Lebens akzeptieren. Und voranschreiten.
    Und deswegen treffen wir uns jeden Mittwochabend hier in diesem fensterlosen Hinterzimmer einer Buchhandlung und sitzen auf Klappstühlen um diesen großen Tisch herum.
    Die Revolution hat das »Bitter sprechen« genannt.
    »Miranda« zuckt die Schultern. Er zieht die Augenbrauen hoch, schüttelt den Kopf und sagt, er hat keine Horrorgeschichten zu erzählen. Er seufzt, lächelt und zwinkert.
    Und eine in der Gruppe sagt: »Dann wollen wir dich hier nicht haben.«
    Dass Männer nur zu ihrem Vergnügen perfekte Roboterfrauen erschaffen, ist etwas ganz Alltägliches. Die »schönsten« Frauen, die man in der Öffentlichkeit sieht, sind überhaupt keine. Das sind alles Männer, die ihr perverses Frauenklischee perpetuieren. Ein uralter Hut. Auf jeder Seite von Cosmopolitan kann man einen Penis finden, wenn man genau hinsieht.
    »Miranda« sagt, wir seien ja nicht gerade sehr gastfreundlich.
    Und eine sagt: »Und Sie sind keine Frau.«
    Wir treffen uns im Hinterzimmer des Frauenbuchladens, und hier haben nur Frauen Zutritt. Wir wollen auf keinen Fall, dass dieser Raum durch repressive phallische Yang-Energie verunreinigt wird.
    Es ist etwas Besonderes, eine Frau zu sein. Etwas Heiliges. Das hier ist nicht irgendein Verein, in den man eintreten kann. Bloß mit etwas Östrogen im Blut kommt man hier nicht rein.
    »Miranda« sagt: Man muss sich nur etwas herausputzen. Sich ein bisschen hübsch machen.
    Männer kapieren das einfach nicht. Eine Frau sein, das ist mehr als bloß sich schminken und Stöckelschuhe tragen. Diese Art von Geschlechtsmimikry, dieses Nachäffen ist die schlimmste Beleidigung von allen. Ein Mann denkt, er braucht bloß Lippenstift zu benutzen und sich den Schwanz abzuschneiden, und schon ist er eine von uns.
    Eine aus der Gruppe steht auf. Eine andere folgt ihr, und die beiden gehen um den Tisch herum auf »Miranda« zu.
    Er fragt: Was haben die vor?
    Und eine dritte steht auf und sagt: »Nur eine kleine Schminkaktion.«
    »Mirandas« Fingernägel öffnen die Handtasche. Er nimmt ein Pfefferspray heraus und sagt, er werde das rücksichtslos gebrauchen. Dann sagt eine aus der Gruppe: »Wir wollen deine Titten sehen.«
    In unserer Gruppe gibt es keine Leiterin. Die Regeln des Bewusstwerdens erlauben keine Widerrede. Niemand darf die Erfahrungen einer anderen in Frage stellen. Alle kommen nacheinander an die Reihe.
    »Miranda« fallt die Trillerpfeife aus dem Mund. Seine mit Collagen konturierten Lippen. Der Schmollmund eines Models, das »Küsschen« sagt.
    »Miranda« sagt, wir machen wohl Scherze.
    Das ist so typisch. Männer wollen nur die Vorteile, die man als Frau hat, aber nicht den anderen Mist.
    Eine andere sagt: »Nein, wirklich. Zeig sie uns.«
    Wir sind alles Frauen hier. Ist ja nicht so, als ob wir noch niemals Titten gesehen hätten. Eine greift nach »Mirandas« oberstem Blusenknopf. Die Bluse ist aus rosa Seide und spannt sich über den Brüsten. Unten ist sie abgeschnitten, damit man seinen glatten, flachen Bauch sieht. Dann der Gürtel seines Rocks. Dieser Gürtel aus rosa Eidechsenleder ist nicht breiter als eine Hundeleine.
    Eine seiner rosa Hände schiebt die Frau weg. Als keine andere an ihn herantritt, stößt »Miranda« einen leisen Seufzer aus. Wir sehen ihn nur

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