Die Kolonie
bloß um eine ins Bett zu kriegen.
Bei dem einen komischen Wort, Hypertrichose, handelt es sich um eine Erbkrankheit, bei der einem aus sämtlichen Poren am ganzen Körper Haare wachsen, bis man am Ende nur noch als Attraktion im Zirkus auftreten kann. Das andere komische Wort, Gigantopithecus, ist der Name eines vier Meter großen Vorfahren des Menschen, der 1934 von einem Doktor Koenigwald entdeckt wurde, als er einen riesigen versteinerten Zahn untersuchte.
Mandy Soundso tippt mit einem Finger auf die aufgeschlagene Seite ihres Notizbuchs und sagt: »Ist dir klar, dass die Fußabdrücke«, und sie tippt mit dem Finger, »die Eric Shipton 1951 auf dem Mount Everest fotografiert hat«, und sie tippt mit dem Finger, »exakt so aussehen wie die Fußabdrücke, die man auf dem Ben Macdhui in Schottland fotografiert hat«, und sie tippt mit dem Finger, »und exakt so wie die Fußabdrücke, die Bob Gimlin 1967 in Nordkalifornien entdeckt hat?«
Weil alle haarigen Monster, die irgendwo auf der Welt rumtappen, miteinander verwandt sind.
Nach Mandys Theorie sind Menschen überall auf der Welt, isolierte Gruppen von Menschen, Träger eines bestimmten Gens, das sie im Zuge ihres Fortpflanzungszyklus in diese Ungeheuer verwandelt. Die Gruppen leben isoliert, halten sich abseits in der Wildnis auf, weil niemand plötzlich mitten in, sagen wir, Chicago zu einem zotteligen Riesenmonster werden will. Oder mitten in Disneyland.
»Oder«, sagt sie, »in einem Flieger von British Airways, auf dem Flug von Seattle nach London ...«
Damit spielt sie auf einen Vorfall vom vergangenen Monat an. Das Flugzeug war irgendwo über dem Nordpol abgestürzt. Der letzte Funkspruch des Piloten lautete, jemand breche die Tür zum Cockpit auf. Die mit Stahl verstärkte, kugelsichere, explosionsfeste Cockpittür. Auf dem Flugschreiber, der Black Box, hört man als Letztes Schreie, Knurren und das Kreischen des Piloten. »Was ist das? Was soll das? Was ...?«
Die Flugsicherheitsbehörde sagt, es sei ausgeschlossen, dass Schusswaffen, Messer oder Bomben an Bord geschmuggelt worden seien. Das Heimatschutzministerium sagt, der Absturz sei höchstwahrscheinlich von einem Einzeltäter herbeigeführt worden, einem mit irgendeiner Designerdroge voll gepumpten Terroristen. Die Droge habe ihm übermenschliche Kräfte verliehen.
Unter den zu Tode gekommenen Passagieren, sagt Mandy Soundso, war ein dreizehnjähriges Mädchen aus dem Chewlah-Reservat.
»Reiseziel des Mädchens war« - sie blättert in ihren Notizen - »Schottland.«
Nach ihrer Theorie hat der Chewlah-Stamm das Mädchen kurz vor Beginn der Pubertät nach Ubersee schicken wollen. Damit sie einen Mann aus der Ben-Macdhui-Gemeinde heiratet. Denn dort, auf den bis über dreizehnhundert Metern hohen Hängen dieses Bergs, hausen, nach alter Sage, mit grauem Pelz bedeckte Riesen.
Mandy Soundso hat jede Menge Theorien. Die New York Public Library besitzt eine der landesweit größten Sammlungen zum Thema Okkultismus, sagt sie, weil diese Bibliothek in früheren Zeiten von einem Hexenkonvent geleitet wurde.
Mandy Soundso sagt, die Amish führen Buch über jede Amish-Gemeinde auf der Welt. Darin ist jedes einzelne Mitglied ihrer Kirche verzeichnet. So dass sie, wenn sie auf Reisen sind oder auswandern, sich immer unter ihresgleichen aufhalten oder paaren können.
»Dass auch die Bigfoot-Menschen solche Verzeichnisse haben, ist keine sehr abwegige Annahme«, sagt sie.
Da die Verwandlung immer nur zeitweilig ist, haben die Forscher noch nie einen toten Bigfoot gefunden. Und das erklärt auch, warum die Vorstellung von der Existenz von Werwölfen in jeder Kultur der gesamten Menschheitsgeschichte verbreitet ist.
Es gibt ein einziges Filmdokument, aufgenommen 1967 von einem gewissen Roger Patterson; dort sieht man ein aufrecht gehendes, mit Fell bedecktes Wesen. Ein Weibchen mit spitzem Kopf und gewaltigen Brüsten und Hinterbacken., Ihr Gesicht, ihre Brüste, ihr Hintern, ihr ganzer Körper mit zotteligen rotbraunen Haaren bewachsen.
Diese wenigen Minuten Film, von einigen als Fälschung, von anderen als unbestreitbarer Beweis betrachtet, zeigen wahrscheinlich bloß irgendeine x-beliebige Frau, die gerade ihren Zyklus durchmacht. Streift umher, frisst Beeren und Insekten, versucht nichts anderes, als sich von den Leuten fern zu halten, bis sie sich wieder zurückverwandelt.
»Die arme Frau«, sagt Mandy. »Stell dir vor, Millionen Leute sehen dich in einem Film nackt durch die Gegend laufen,
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