Die Kolonie
lassen sie sich in dicken Limousinen herumkutschieren. Du siehst sie in Hotels an kleinen Tischen essen, immer allein. Oder sie trinken, während sie auf den nächsten Charterjet warten, Cocktails an der Bar eines Privatflughafens.
Früher waren das idealistische Träumer, und heute machen sie professionell an Füßen rum.
Diese Hippie-Erdmütter mit ihren Dreadlocks und diese Skaterpunks mit ihren Ziegenbärtchen, du hörst, wie sie ihren Börsenmaklern telefonisch Verkaufsaufträge erteilen. Sie lassen Geld auf Offshore-Konten und in Schweizer Tresoren verschwinden. Feilschen um Rohdiamanten und Krügerrand.
Jungen mit Namen wie Trout und Pony, Lizard und Oyster, und heute heißen sie alle Dirk. Mädchen mit Namen wie Buttercup heißen jetzt alle Dominique.
Die Flut von Leuten, die jetzt alle diese Fußmassagen machen, zieht die Preise runter. Und bald hast du keine Software-Milliardäre und Ölscheichs mehr, sondern lungerst in deinem Prada vom vorigen Jahr in Hotelbars herum und bietest deine Dienste für zwanzig Dollar die Nummer an. Du kriechst unter Tische und machst: an den Füßen von Tagungsteilnehmern rum, die sich in die hinterste Nische eines Restaurants verzogen haben. Du springst aus riesigen Papp-Geburtstagstorten und bearbeitest die Füße ganzer Fußballmannschaften oder Junggesellenpartys, bloß um mit den Zahlungen für den Altersruhesitz deiner Eltern nicht in Verzug zu geraten.
Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis du dir unter deinen sündhaft teuer manikürten Fingernägeln einen unheilbaren Zehennagelpilz einfängst.
Du tust das alles, um die Zinsen für das Geld zu bezahlen, das du bei Lenny und seiner Russenmafia geliehen hast. Geld, das du dir geliehen hast, um Aktien zu kaufen, die gerade im Aufwind waren. Aktien, die Lenny dir empfohlen hat. Oder um den Schmuck und die Schuhe zu kaufen, die Lenny dir empfohlen hat.
Du bist in der Bar des Park Hampton Hotels und versuchst, einem betrunkenen Geschäftsmann eine Zehn-Dollar-Massage auf der Herrentoilette aufzuschwatzen. Und da siehst du sie, Angelique, sie schreitet durchs Foyer zu den Aufzügen. Ihre perfekte Frisur. Der Pelzmantel schleift hinter ihren Stöckelschuhen über den Teppich. Angelique sieht immer noch großartig aus. Sie bemerkt dich und winkt dich mit einer behandschuhten Hand heran.
Als der Aufzug kommt, sagt sie, sie ist auf dem Weg zu Lennys Penthouse-Suite. Zur Klinik.
Sie mustert dich in deinen abgetretenen Stöckelschuhen, deine kaputten Fingernägel, und sagt: »Komm mit, sieh dir an, was der nächste große Renner ist...«
Der Aufzug hält im fünfzigsten Stock, Lenny hat das ganze Penthouse gemietet, und vor der Tür stehen zwei Muskelpakete in Nadelstreifen. Diesen Gorillas händigst du Lennys Anteil aus, die Hälfte von allem, was du einnimmst. Einer der Wächter spricht eure Namen in ein Mikrofon an seinem Revers, ein lautes Summen ertönt, und die Tür springt auf.
Drinnen sind nur du, Angelique und Lenny.
Lach nicht, aber wenn du mit deiner Fußmassiererei schon ein einsames und isoliertes Leben führst - Lennys Leben sieht noch schlimmer aus. Da oben in seinem Penthouse eingeschlossen, läuft er den ganzen Tag in einem weißen Frotteemantel herum, zählt sein Geld und spricht in ein Telefon. Das einzige Möbelstück ist ein Schreibtischstuhl, die Sitzfläche schäbig und schmutzig. An einer Glaswand mit Blick auf die ganze Stadt liegt eine Matratze. Auf einem Computerbildschirm laufen unaufhörlich Aktienkurse durch.
Lenny kommt euch beiden entgegen, sein Bademantel ist offen, darunter trägt er knittrige, gestreifte Boxershorts und vergilbte weiße Socken. Lenny nähert sich Angeliques Gesicht mit beiden Händen und sagt: »Mein Engel, mein Liebling.« Er umfasst ihr Gesicht und sagt: »Wie geht's dir?«
In ihren Stöckelschuhen ist Angelique mindestens einen Kopf größer als er. Sie lächelt und sagt: »Lenny...«
Und Lenny knallt ihr eine, ein harter Schlag mitten ins Gesicht. Er sagt: »Du betrügst mich, du Miststück.« Er hebt eine Hand, bereit zum nächsten Schlag, und sagt: »Du nimmst heimlich Aufträge an. Richtig?«
Angelique hält eine behandschuhte Hand an ihre Wange, verbirgt den roten Abdruck von Lennys Hand, und sagt: »Baby, nein...«
Und Lenny lässt die Hand sinken. Wendet ihr den Rücken zu. Geht ans Fenster und betrachtet die Stadt unter seiner Matratze.
»Baby«, sagt Angelique. »Ich will dir was Neues zeigen.« Angelique sieht mich an.
Sie tritt hinter ihn, legt
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