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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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waren die billigsten«, sagte Cora. »Die Auswahl ist nicht besonders groß.«
    Der Fuß war aus Gummi, die Zehennägel aus hartem, transparentem Material. Die Haut glatt, keine Sommersprossen, Muttermale oder Adern. Der Polizist fasste den Knöchel mit einer Hand und hob ihn an, worauf ein glattes rosa Knie erschien. Ein rosa Oberschenkel. Ein Schwall weißer Styroporbröckchen. Folienstreifen glitten herab. Und dann baumelte an der hochgereckten Faust des Polizisten ein nacktes Mädchen. Das blonde Lockenhaar streifte den Fußboden. Die nackten Arme hingen locker herunter. Der Mund stand offen, ein stummes Keuchen. Die weißen Zähne klein wie Perlen. Ein glatter rosa Gaumen. Ein kleines Mädchen in dem Alter, wo man Ostereier sucht, zur Erstkommunion geht und dem Weihnachtsmann auf dem Schoß sitzt.
    Der Polizist hielt das Mädchen an einem Knöchel hoch, und das andere Bein, das Knie gebeugt, sank herab. Und zwischen den Beinen, anatomisch nicht bloß korrekt, sondern... formvollendet: die rosa Vagina. Die etwas dunkleren Schamlippen.
    Und aus dem Karton sah zu ihr, sah zu ihnen allen ein nackter kleiner Junge auf.
    Eine Broschüre flatterte zu Boden.
    Cora nahm das Mädchen in die Arme, kissenweich und schmiegsam, und griff nach einem Stück Packpapier, um den kleinen Körper zu bedecken.
    Der Polizist schüttelte lächelnd den Kopf, kniff die Augen zu und sagte: »Das haben Sie wirklich phantastisch gemacht, Cora.«
    Cora hielt das Mädchen, bedeckte mit einer Hand das rosa Hinterteil und drückte mit der anderen den blonden Kopf an ihre Brust. Sie sagte: »Das ist ein Irrtum.«
    In der Broschüre stand, die Puppen seien aus Silikon, dem gleichen Material, das für Brustimplantate verwendet werde. Mit einer Heizdecke aufgewärmt, hielten sie die Wärme viele lustvolle Stunden lang. Unter der Haut verberge sich ein Skelett aus Fiberglas mit Stahlgelenken. Die Haare seien einzeln in die Kopfhaut eingesetzt. Die Puppen seien nicht mit Schamhaar ausgestattet. Zum Lieferumfang gehörten für den Jungen eine Vorhaut, die man ihm über die Eichel streifen könne, und für das Mädchen ein Ersatzjungfernhäutchen aus Plastik (Nachbestellung möglich). Beide Puppen, hieß es in der Broschüre, verfügten über tiefe, strapazierfähige Kehlen und Darmausgänge für intensiven Oral- und Analverkehr.
    Das Silikon habe ein Gedächtnis und kehre immer wieder in die natürliche Form zurück. Die Brustwarzen ließen sich bis aufs Fünffache der ursprünglichen Länge ziehen, ohne zu reißen. Schamlippen, Hodensäcke und Darmausgänge seien für nahezu jeden Zweck dehnbar. Die Puppen, hieß es in der Broschüre, hielten jahrelanger extremer Belastung stand. Reinigen nur mit Seife und Wasser.
    Durch direkte Sonneneinstrahlung könnte die Farbe der Augen und Lippen ausbleichen, hieß es in der Broschüre auf Französisch, Spanisch, Englisch, Italienisch und etwas, das wie Chinesisch aussah.
    Das Silikon sei garantiert geruch- und geschmacklos.
    In der Mittagspause ging Cora einkaufen: ein Kleid, eine Hose und ein Hemd. Als sie an ihren Schreibtisch zurückkehrte, war der Karton leer. Unter ihren Füßen knackten Styroporstückchen und Blasenfolien. Die Puppen waren weg.
    Im Mannschaftsraum fragte sie den Diensthabenden, ob er was wisse. Der zuckte nur mit den Schultern. Im Pausenraum meinte ein Polizist, vielleicht habe jemand die Puppen für einen Fall gebraucht. Er sagte: »Dafür sind sie schließlich da...«
    Draußen auf dem Gang fragte sie einen anderen Polizisten, ob er die Puppen gesehen habe.
    Sie fragte, wo sie abgeblieben seien, die Kinderpuppen.
    Sie biss sich auf die Zähne. Die Stelle zwischen ihren Augen schmerzte, so heftig zog sie die Brauen zusammen. Ihre Ohren waren heiß. Glühend heiß.
    Sie fand die Puppen im Büro der Direktorin. Sie saßen auf dem Sofa. Lächelnd und nackt. Schamlos, wie nur Kinder schamlos sind.
    Direktorin Sedlak zupfte an einer Brustwarze des Jungen. Mit ihren Fingern, mit Daumen und Zeigefinger, mit den dunkelroten Fingernägeln drehte und zog sie an der rosa Brustwarze. Mit der anderen Hand, mit den Fingerspitzen der anderen Hand strich sie zwischen den Beinen des Mädchens herum. »Fühlt sich verdammt echt an«, sagte sie.
    Cora sagte, es täte ihr Leid. Sie schob dem Jungen die Haare aus der Stirn und sagte, das habe sie wirklich nicht geahnt. Sie verschränkte dem Mädchen die Arme vor den rosa Brustwarzen und schlug ihm die Beine übereinander. Dann legte sie dem Jungen die

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