Die Kolonie
die Mittagspause zum Kauf einer Tube Sekundenkleber.
Als ihr die Puppen das nächste Mal zurückgebracht wurden, spritzte Cora, bevor sie sie dem nächsten Polizisten aushändigte, dem Mädchen Sekundenkleber in die Vagina. In beiden Mündern klebte sie die Zunge an den Gaumen. Dann versiegelte sie die Lippen. Dann quetschte sie ihnen Leim hinten rein, um ihre After zu verschweißen. Um sie zu schützen.
Aber am nächsten Tag wurde Cora von einem Polizisten gefragt: Ob sie ihm eine Rasierklinge ausborgen könne? Ein Teppichmesser? Eine Klappmesser?
Und als sie fragte: Wozu? Was er denn damit machen wolle?
Da sagte er: »Nichts. Schon gut. Ich werde schon was in der Asservatenkammer finden.«
Und am nächsten Tag waren das Mädchen und der Junge wieder aufgeschnitten, beide noch weich, aber mit Narben bedeckt. Aufgeschlitzt. Ausgehöhlt. Noch verströmten sie Leimgeruch, ansonsten aber stanken sie mehr und mehr wie der Schleim, der aus Modell Betty auf Coras Sofa gekleckert war.
An diesem Schleimflecken konnte Coras Katze stundenlang herumschnüffeln. Sie leckte nicht, schnüffelte nur. Wie jemand, der Sekundenkleber schnüffelt. Oder Kokain aus der Asservatenkammer.
Jetzt geht Cora in der Mittagspause los und kauft eine Rasierklinge. Zwei Rasierklingen. Drei Rasierklingen. Fünf.
Als ihr das Mädchen das nächste Mal zurückgebracht wird, trägt Cora es auf die Toilette und setzt es dort auf ein Waschbecken. Mit einem Papiertuch wischt sie das Rouge von den rosa Wangen. Sie wäscht und kämmt dem Mädchen die weichen blonden Haare. Während schon der nächste Polizist an die verschlossene Toilettentür klopft, sagt Cora zu dem Mädchen: »Es tut mir so Leid ... Es tut mir so Leid ...« Sie sagt: »Alles wird wieder gut.« Und schiebt eine Rasierklinge tief in die weiche Silikonvagina hinein. In das Loch, das irgendein Mann mit einem Messer ausgehöhlt hat. Sie kippt den Kopf des Mädchens nach hinten und steckt eine zweite Rasierklinge tief in die weiche Silikonkehle hinein. Die dritte Rasierklinge kommt in den aufgebohrten After.
Als ihr der Junge zurückgebracht wird, einfach über die Lehne ihres Schreibtischstuhls geworfen wird, trägt Cora ihn zusammen mit den letzten zwei Rasierklingen auf die Toilette.
Wie du mir, so ich dir.
Am nächsten Tag kommt ein Polizist herein. Er schleift das Mädchen an den Haaren hinter sich her und lässt es neben Coras Schreibtisch auf den Boden fallen. Er zieht einen Notizblock und einen Kuli aus seiner Brusttasche und schreibt: »Wer hatte sie gestern?«
Und nachdem Cora das Mädchen aufgehoben und ihm die Haare glatt gestrichen hat, nennt sie ihm einen Namen. Irgendeinen Namen. Den Namen eines Polizisten.
Der Mann kneift die Augen zusammen, schüttelt den Kopf und sagt: »Diefef miefe Fwein!« Und da kann man sehen, dass die beiden Hälften seiner Zunge von schwarzen Nähten zusammengehalten werden.
Der Polizist, der den Jungen zurückbringt, hinkt auffällig.
Alle fünf Rasierklingen sind verschwunden.
Und Cora muss jetzt mit jemandem von der Bezirksklinik reden.
Niemand weiß, wie sie an die gefährliche Probe aus dem Labor gekommen ist.
Danach reiben sich alle Männer des Dezernats ständig durch die Hose am Sack. Heben wie die Affen den Arm, um sich die Achselbehaarung zu kratzen. Dabei hatten sie, meinen sie, überhaupt keinen Sex mit niemandem. Das können doch unmöglich Filzläuse sein.
Etwa um diese Zeit taucht die Frau eines Polizisten in der Wache auf. Hat die kleinen Blutfleckchen bemerkt, die man kriegt, wenn man Filzläuse hat. Die roten Sprenkel in der Unterhose oder an der Innenseite eines weißen T-Shirts, überall wo Kleidung mit Körperbehaarung Kontakt hat. Kleine Pünktchen aus Blut, Blut, Blut. Vielleicht findet die Frau sie in den Shorts ihres Mannes. Vielleicht in ihren eigenen. Das sind Leute, die das College besucht haben, die in anständigen Wohngegenden leben, Leute, die keine Erfahrung mit Filzläusen haben. Plötzlich kapiert sie, warum es sie dauernd juckt.
Und jetzt ist diese Frau sauer, stinksauer.
Und keine Frau kann auf den Gedanken kommen, dass das die Gummipuppenversion der Geschichte von den Filzläusen ist, die man sich angeblich auf irgendeiner Klobrille geholt hat. Zweifellos die Geschichte, die ihr Mann ihr erzählen würde. Aber etwas anderes konnte Cora in der Klinik nicht auftreiben.
Spirochäten überleben nicht auf Silikon. Hepatitis wird nur über offene Wunden übertragen. Blut. Speichel. Nein, die Puppen
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