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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Hände in den Schoß. Die Puppen saßen einfach da und lächelten. Sie hatten blaue Glasaugen und blondes Haar. Und .Zähne aus glänzendem Porzellan.
    »Was tut Ihnen Leid?«, fragte die Direktorin.
    Dass sie öffentliche Gelder verschwendet habe, sagte Cora. Dass sie etwas so Teures unbesehen angekauft habe. Sie habe geglaubt, ein Schnäppchen zu machen. Jetzt müsse man ein weiteres Jahr mit den alten Stoffpuppen auskommen. Diese Puppen müssten vernichtet werden.
    Und Direktorin Sedlak sagte: »Seien Sie nicht albern.« Sie strich dem Mädchen durch die Haare und sagte: »Ich sehe da kein Problem.« Sie sagte: »Ab jetzt nehmen wir die hier.«
    Aber die Puppen, sagte Cora, sind zu echt.
    Und die Direktorin sagte: »Die sind aus Gummi.«
    Silikon, sagte Cora.
    Und die Direktorin sagte: »Wenn es Ihnen hilft, stellen Sie sich die Puppen als siebzig Pfund schwere Kondome vor...«
    Am Nachmittag, als Cora dem Jungen und dem Mädchen die neuen Kleider anzog, kamen Polizisten zu ihr und baten sich die Puppen aus. Für erste Befragungen. Für Ermittlungsarbeiten. Für irgendwelche streng geheimen Nachforschungen außer Haus. Sie wollten sie über Nacht mitnehmen, um sie gleich am nächsten Morgen einzusetzen. Übers Wochenende. Vorzugsweise das Mädchen, notfalls aber auch den Jungen. Am Ende dieses ersten Tages waren beide Puppen für den nächsten Monat komplett ausgebucht.
    Wenn jemand sofort eine Puppe haben wollte, bot sie die alten Stoffpuppen an.
    Die meisten Polizisten sagten, da würden sie lieber warten.
    Eine Flut neuer Fälle, aber niemand brachte ihr auch nur eine einzige neue Akte.
    Diesen ganzen Monat lang sah Cora den Jungen und das Mädchen immer nur für kurze Augenblicke, gerade lang genug, um sie dem nächsten Polizisten zu übergeben. Dann dem nächsten. Und dem nächsten. Und es kam nie heraus, wer das gemacht hatte, aber eines Tages wurde das Mädchen mit Ohrpiercings zurückgebracht, dann mit einem Piercing im Bauchnabel, dann mit Lippenstift geschminkt, dann parfümiert. Der Junge kam eines Tages tätowiert zurück: eine Dornenkette um die Wade. Dann hatte er plötzlich kleine Silberringe in den Brustwarzen. Dann in seinem Penis. Und einmal rochen seine blonden Haare ziemlich herb. Wie Ringelblumen.
    Wie die Marihuanatüten in der Asservatenkammer. In diesem Raum voller Pistolen und Messer. Die Tüten mit Marihuana und Kokain, die immer ein bisschen weniger wogen, als man meinen sollte. Die Asservatenkammer, immer das nächste Ziel jedes Polizisten, der sich eine der Puppen ausgeliehen hatte. Das Mädchen unterm Arm, machte er sich an dem Beweismaterial zu schaffen. Schob sich etwas in die Tasche.
    Im Büro der Direktorin legte Cora die Spesenquittungen vor, die ihr von den Polizisten zur Rückerstattung eingereicht wurden. Eine Hotelquittung für eine Übernachtung genau an dem Tag, an dem der Polizist das Mädchen für eine Befragung am nächsten Morgen mit nach Hause genommen hatte. Von dem Hotelzimmer aus sei eine Überwachung durchgeführt worden, habe der Polizist erklärt. Nächste Nacht ein anderer Polizist, wieder mit dem Mädchen: Hotel, Mahlzeit aufs Zimmer, Pornofilm bestellt. Ich hatte jemanden zu überwachen, erklärte er.
    Direktorin Sedlak hatte sie nur angesehen. Cora, mit beiden Händen auf den Schreibtisch der Direktorin gestützt, zitterte so heftig, dass die Quittungen in ihrer Faust flatterten.
    Die Direktorin sah sie nur an und sagte: »Worauf wollen Sie hinaus?«
    Das liege doch auf der Hand, sagte Cora.
    Und die Direktorin hinter ihrem dicken Schreibtisch lachte nur und lachte.
    Sie sagte: »Sehen Sie es einfach als einen Fall von ›Wie du mir, so ich dir‹.«
    »Alle diese Frauen«, sagt die Direktorin, »die gegen Magazine wie Hustler demonstrieren und behaupten, die Pornographie mache die Frauen zu Objekten, zu bloßen Gegenständen ... Tja«, sagt sie, »was ist denn wohl ein Dildo? Oder Spendersamen, den man sich von irgendeiner Klinik besorgt?«
    Manche Männer brauchen nur Bilder von nackten Frauen. Aber manche Frauen brauchen nur den Schwanz eines Mannes. Oder sein Sperma. Oder sein Geld.
    Beide Geschlechter haben dasselbe Problem mit der Intimität.
    »Hören Sie auf, wegen ein paar blöden Gummipuppen so ein Theater zu machen«, riet ihr die Direktorin. »Wenn Sie eifersüchtig sind, gehen Sie hin, und kaufen sich einen hübschen Vibrator.«
    Noch einmal: So sind die Menschen ...
    Niemand konnte ahnen, was daraus noch werden sollte.
    An diesem Tag nutzte Cora

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