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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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Gottlos die Aktion beschleunigen will, weil ihm von dem Gestank übel wird. Kotzübel. Der Gestank setzt sich in Kleidern und Haaren fest. Gleich beim ersten Versuch, zwei Tüten gleichzeitig abzuspülen, verstopft die Toilette und läuft über. Ebenso die zweite. Schon strömt das Wasser durch die Tür auf den blauen Teppich des Foyers. Die Tüten, in irgendeinem Abflussrohr stecken geblieben, saugen sich mit Wasser voll, quellen auf, wie der Truthahn Terrazzini, der Mr. Whittier von innen heraus getötet hat, und verstopfen schließlich das Hauptrohr, so dass auch die Toiletten, die scheinbar noch zu gebrauchen sind, ihren Dienst versagen.
    Alle Toiletten sind verstopft. Heizkessel und Boiler sind kaputt. Was an Nahrungsmitteln noch vorhanden ist, verfault. Mr. Whittier ist nicht unser größtes Problem.
    Nach Schwester Vigilantes Kalenderuhr und Miss Americas herausgewachsenen braunen Haaransätzen sind wir jetzt seit ungefähr zwei Wochen hier.
    Als er ihr den letzten Knopf schließt, gibt Sankt Prolaps Mutter Natur einen Kuss und fragt: »Liebst du mich?«
    »Muss ich ja wohl«, sagt sie, »wenn das mit der romantischen Nebenhandlung was werden soll.«
    Der gute Lord Tramp funkelt an ihrem einen Finger, als sie sich mit dem Handrücken über die Lippen wischt. Sie sagt: »Dein Speichel schmeckt fürchterlich ...«
    Sankt Prolaps spuckt sich in die Hand und leckt die Spucke wieder auf. Er schnüffelt an der leeren Handfläche und sagt: »Fürchterlich? Wonach denn?«
    »Nach Ketonen«, sagt Mrs.. Clark zu niemand Bestimmtem. Oder zu allen.
    »Ätzend«, sagt Mutter Natur. »Wie eine Zitronen-Bastelleim-Aromatherapiekerze.«
    »Das kommt vom Hungern«, sagt Mrs. Clark und windet eine goldene Seidenschnur um Mr. Whittier. »Wenn man Körperfett verbrennt, steigt die Acetonkonzentration im Blut.«
    Sankt Prolaps schnüffelt an seiner Hand, der Rotz rasselt in seinem Schädel.
    Reverend Gottlos hebt einen Arm und beschnüffelt die Achselhöhle. Dort ist der feuchte Taft von Schweiß noch schwärzer, und in den Poren steckt noch die Erinnerung an zu viel Chanel No. 5.
    Treppauf, treppab eine Leiche schleppen: Wir verschwenden unser wertvolles Körperfett.
    Trotzdem sollten wir mit irgendetwas unsere Trauer bekunden, sagt Schwester Vigilante, ihre Bibel fest in der Hand. Wenn Mr. Whittier gut verpackt im Keller liegt, in einen roten Samtvorhang aus der kaiserlich-chinesischen Wandelhalle gewickelt und mit goldenen Seidenschnüren aus dem Foyer umwunden, sollten wir eigentlich um ihn herum stehen und tiefsinnige Sachen sagen. Feierliche Lieder singen. Nichts allzu Religiöses, Hauptsache, es macht einen guten Eindruck.
    Wer von uns weinen soll, wird ausgelost.
    In unseren Gruppen gewähren wir Agent Plaudertasche und seiner Kamera immer mehr Raum. Wir sprechen deutlich, damit dem Diktiergerät von Graf Schandmaul keins unserer Worte entgeht. Benutzt wird immer dasselbe Band, dieselbe Speicherkarte, dieselbe CD, immer wieder überspielt. Wir löschen unsere Vergangenheit mit unserer Gegenwart, denn wir setzen darauf, dass der nächste Moment noch trauriger, noch entsetzlicher, noch tragischer sein wird. Immer größer wird das Bedürfnis, dass etwas noch Schlimmeres passiert.
    Mr. Whittier ist seit Tagen oder Stunden tot. Seit Schwester Vigilante angefangen hat, die Lichter an- und auszumachen, ist das nicht mehr genau zu sagen. Nachts hören wir jemanden herumgehen, laut dröhnende Schritte, ein Riese, der im Dunkeln die Treppe ins Foyer hinuntergeht.
    Trotzdem, es muss etwas noch Schrecklicheres passieren. Zur Steigerung unseres Marktwerts. Zur Steigerung der Dramatik.
    Es muss etwas noch Abscheulicheres passieren.
    Wir tragen Mr. Whittier aus seiner Garderobe hinter der Bühne über die Bühne und weiter durch den Mittelgang des Zuschauersaals. Wir tragen ihn durchs blausamtene Foyer die Treppe hinunter ins orange-goldene Maya-Foyer im Untergeschoss.
    Schwester Vigilante sagt, ihre Uhr setze sich immer wieder von selbst zurück. Das sei ein klassisches Anzeichen für ein umgehendes Gespenst. Baronin Frostbeule behauptet, im gotischen Raucherzimmer eine kalte Stelle gefunden zu haben. In der Tausend-und-eine-Nacht-Galerie sehen wir unseren Atem in Dampfwolken über dem Polster aufsteigen, auf dem Mr. Whittier immer gesessen hat. Gräfin Weitblick sagt, was wir im Dunkel umhergehen hören, sei der Geist der Lady Tramp.
    Direktorin Dementi geht am Ende unserer Begräbnisprozession und sagt: »Hat jemand Cora Reynolds

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