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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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rote, gestanzte
Tafel mit der Inschrift NUR FÜR NOTFÄLLE. David riß
die Luke auf und wußte, daß er damit im Sicherheitsnetz
der Kolonie einen elektronischen Alarm auslöste. Innerhalb der
sarggroßen Luftschleuse befanden sich weitere
Bedienungsanweisungen. David studierte die kleine Lichtertafel, die
in Augenhöhe in die Metallwand eingelassen war.
    Alles grün. Das bedeutete, daß die
Rettungskapsel jenseits der Außenluke der Luftschleuse
betriebsbereit und mit Atemluft gefüllt war. David öffnete
die Außenluke und betrat die Kapsel.
    Der Wärmesensor in der Kapselluke schaltete im Innern
automatisch die Beleuchtung ein, als Davids Körper die Schwelle
passierte. David stand auf einem schmalen Metallsteg. Unter ihm
befanden sich dreimal vier Schalensitze für insgesamt zwölf
Personen. Er wußte, daß die Vorräte unterhalb der
Deckplatten verstaut waren. Im Hintergrund des Decks war eine kleine
Kombüse untergebracht, und vorne befand sich das Cockpit.
    Er glitt auf den Pilotensitz und betätigte den in seinem
Schädel eingebauten Computeranschluß, um sein
Gedächtnis hinsichtlich der Steuerung aufzufrischen. Sie war
ziemlich einfach, und innerhalb weniger Minuten hatte er die Kapsel
auf volle Energieleistung gebracht. Mit Hilfe eines Schalters
löste er die mechanischen Federn aus, mit deren Hilfe die Kapsel
vom Zylindermantel abgeschnellt wurde. Ein weiterer Knopf
zündete die Aluminium-Sauerstoff-Raketen, und die Kapsel
entfernte sich vom Hauptzylinder der Kolonie.
    Die Navigation erwies sich als der schwierigere Teil. Die Kapsel
sollte vor allem dem Zweck dienen, im Katastrophenfall zu entkommen.
Sie enthielt wenig mehr an Navigationsgeräten als das
Rettungsboot eines Ozeanliners. Doch David hatte nicht vor, passiv im
Weltraum dahinzutreiben, bis ihn jemand auffischte. Er hatte ein ganz
bestimmtes Ziel vor Augen: jene Arbeitsplattform nämlich, die
zwischen dem Krankenhaus der Kolonie und den Farmplattformen
schwebte, auf den Anbau medizinisch wichtiger Pflanzen spezialisiert
war und zur Unterstützung des hochmodernen biochemischen Labors
auf Eiland Eins diente, jene Plattform, auf der er
›gezeugt‹ und ›geboren‹ worden war.
    Er verband den Minicomputer des Raumschiffs mit dem
Großcomputer der Kolonie, wobei er sein eigenes Implantat als
Anschlußsegment benutzte. Ich kann unmöglich zum
Kontrollzentrum für Raumschiffe durchdringen, sagte er zu
sich. Es befindet sich in den Händen der Guerillas.
    Er saß einige Minuten lang tatenlos vor dem Steuerpult der
leeren Rettungskapsel und lauschte dem klickenden elektronischen
Singsang in seinem Kopf, während sich die Computer in ihrer
eigentümlichen, blitzschnellen Stakkato-Sprache miteinander
unterhielten.
    Der Raketenmotor feuerte weitere zwei Mikrosekunden lang, die
Steuerdüsen rund um die kugelförmige Außenhaut der
Kapsel flammten kurz auf, die Kapsel drehte sich einmal um die eigene
Achse und nahm dann Kurs auf jene Traube von Plattformen, die
über dem Hauptzylinder der Kolonie schwebten.
    Da alle Lichter auf seinem Steuerpult Grün zeigten und das
biochemische Labor im Fadenkreuz am Bildschirm des Frontsensors lag,
lehnte sich David zufrieden im Pilotensitz zurück und machte
einen tiefen Atemzug.
    Jetzt war nichts mehr zu tun als abzuwarten.
     
    Die helle sizilianische Sonne war nicht imstande, den Geist des
Exekutivrates zu erleuchten. Zwei seiner Mitglieder waren als Geiseln
auf Eiland Eins gefangen. Der leere Stuhl, auf dem sonst Boweto zu
sitzen pflegte, starrte die übrigen Ratsmitglieder wie ein
anklagendes Mahnmal an. Merkwürdigerweise schien sie Al-Hazimis
leerer Sessel weniger zu stören.
    »Nun, wir müssen irgend etwas unternehmen«, sagte
Williams, der Amerikaner.
    Malekoff nickte. »Wir können nicht zulassen, daß
sie den amtierenden Präsidenten als Geisel behalten.«
    Victor Andersen schüttelte bedächtig den Kopf. »Sie
haben mehr als zehntausend Menschen als Geiseln und in gewissem Sinn
die ganze Welt. Sie sind dabei, die Sonnensatelliten
auszuschalten.«
    »Wir müssen sie befreien«, beharrte Williams.
»Gewalt gegen Gewalt.«
    »Und Eiland Eins zerstören?« konterte Andersen.
    »Auf der nördlichen Halbkugel ist es Winter«, warf
Malekoff ein. »In Moskau liegt ein Meter Schnee. Heute bei
Tagesanbruch wurde die Energiezufuhr nach Leningrad abgeschaltet. Sie
werden allein in der Sowjetunion Tausende, wenn nicht gar Millionen
von Menschen umbringen.«
    »Und wir sollten nichts tun?« fragte Williams

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