Die Kommissarin und der Tote im Fjord
waren zwei verschiedene Dinge.
Als sie den Weg zum Polizeipräsidium hinaufging, rief sie Steffen an.
»Hei Lena, hab mir gedacht, dass du anrufen würdest.«
Lena kam sofort zur Sache: »Von wem hast du die Information, dass Vestgård und Asim Shamoun ein gemeinsames Kind haben?«
»Du weißt doch, ich bin Journalist, Lena. Ich verrate meine Quellen nicht.«
Mistkerl, dachte Lena.
»Ich wollte dich etwas ganz anderes fragen«, sagte Steffen.
Lena unterbrach die Verbindung, bevor er ausgeredet hatte, ging durch die Tür und die Treppe hinauf.
Auf der fünften Stufe schon rief Steffen zurück.
Sie schaltete das Handy aus.
Im dritten Stock angekommen, ging sie direkt in Rindals Büro.
Die Zeitung lag auf seinem Schreibtisch.
Rindal stand am Fenster und warf ihr einen kurzen Blick zu. »Auch wenn es ziemlich offensichtlich ist, muss ich dich trotzdem fragen«, sagte er. »Bist du seine Quelle?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich will deine Antwort hören«, sagte Rindal kalt.
»Nein«, sagte sie. »Ich habe ihm nichts erzählt.«
»Irgendjemand hat es aber getan«, sagte er. »Jemand hat diesem Journalisten Informationen weitergegeben, die dir und mir höchst vertraulich übermittelt wurden. Du kennst diesen Journalisten persönlich, das hast du schon zugegeben.«
Lena zuckte zusammen, als er zugegeben sagte. War das hier ein Verhör?
Sie wappnete sich und antwortete ruhig: »Zugeben ist das falsche Wort. Ich habe dir im Vertrauen erzählt, dass ich diesen Journalisten kenne. Aber du kannst dir einer Sache ganz sicher sein: Ich bin nicht seine Quelle.«
Rindal betrachtete sie einen Moment lang stumm. Dann räusperte er sich. »Du und ich hatten ein vertrauliches Gespräch mit Irgens und Vestgård. Wir haben ihnen Diskretion versprochen.«
»Alle Mitglieder der Ermittlungsgruppe wurden hinterher darüber informiert«, wandte Lena ein. »Es gibt viele, die es wissen, viele, die mit Steffen Gjerstad gesprochen haben können und …«
Er hob abwehrend eine Hand.
Sie schwieg. Sie redete Blödsinn. Es gab nicht viele, die Kontakt zu Steffen Gjerstad hatten. Es gab nur zwei. Sie und Fartein Rise. Da Lena nicht die Quelle war, musste es Fartein Rise sein. Aber sie brachte es nicht über sich, das laut auszusprechen. Siewar keine Verräterin. Sie würde Fartein Rise persönlich darauf ansprechen.
Rindal griff nach einem Blatt Papier, das auf dem Schreibtisch lag.
»Wir sind wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses verklagt worden. Genauer gesagt, du bist verklagt worden.«
»Ich?«
»Von Irgens.«
»Von Irgens?«
»Er sagt, dass Vestgårds Aussage unter der Bedingung äußerster Diskretion gemacht wurde. Er verlangt, dass wir untersuchen, wer das Leck ist, und hat den Internen Sicherheitsdienst darüber informiert, dass du eine intime Beziehung zu dem Journalisten pflegst, der diese Dinge veröffentlicht hat. Die wiederum haben angeordnet, dich zu überprüfen.«
»Was sagst du da?«, rief Lena ungläubig.
»Lena, du hast Recht. Es gibt viele, die als Quelle dieses Journalisten in Frage kommen. Aber du leitest die Ermittlungen. Du warst dabei, als Vestgård bei Irgens die Aussage gemacht hat, und du kennst den Journalisten. Ihr habt ein Verhältnis, stimmt’s?«
»Ein Verhältnis?«
»Wach auf, Mädel. Du kennst doch die Buschtrommeln. Es ist im ganzen Haus bekannt, dass du was mit diesem Journalisten laufen hast. Sogar Irgens weiß das!«
Lena schwieg und dachte: Woher kann Irgens so etwas wissen?
»Ich bin gezwungen, dich vom Dienst freizustellen, solange die Ermittlungen laufen«, sagte Rindal.
Sie schloss die Augen und atmete tief durch, um mit klarer Stimme zu sprechen. »Hör mir zu«, sagte sie konzentriert. »Wir machen Fortschritte. Ich habe am Samstag bis Mitternacht eine Verdächtige beschattet. Ich weiß jetzt, wo sich Adeler nach demEssen mit Vestgård und die ganze Nacht zum Donnerstag aufgehalten hat. Ich brauche nur etwas Zeit …«
»Du kannst über diese Dinge einen Bericht schreiben und dann Gunnarstranda darüber informieren.«
»Hör mir zu«, bat sie ihn erneut.
»Ich kann nicht, Lena. Es liegt eine Anklage vor. Gegen dich wird gerade wegen eines möglichen Dienstvergehens ermittelt. Ich kann nichts anderes tun, als dich so lange zu suspendieren, wie die Ermittlungen laufen. Es muss sein. Und das verstehst du auch, wenn du mal nachdenkst!«
Lena wollte nichts mehr hören. Sie ging zur Tür. Hielt inne. Drehte sich auf dem Absatz herum und sagte: »Du warst auch
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