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Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Titel: Die Kommissarin und der Tote im Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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Fußgängerampel auf Grün wartete. Es dauerte. Als sie sich umdrehte, begegnete sie dem Blick des Weihnachtsbaumverkäufers.
    »Wie geht’s dem Verkehr?«, rief er.
    Sie verstand nicht, was er meinte, und hielt fragend den Kopf schief.
    »Haben Sie nicht eine Verkehrszählung gemacht?«
    »Doch, ja.« Lena wies mit dem Arm auf den vorbeirauschenden Verkehr. »Dem geht’s nicht schlecht«, rief sie zurück. »Er nimmt zu.«
    Der Weihnachtsbaumverkäufer grinste und hob fragend seine Thermoskanne.
    Sie lächelte zurück und schüttelte den Kopf.
    Grün. Lena überquerte die Straße und stellte sich vor den Hauseingang, aus dem Sveinung Adeler am Donnerstagmorgen gekommen sein musste, eine halbe Stunde, bevor er starb.
    Wenn Adeler von hier aus zu Fuß gegangen war, wie lange hätte er wohl bis zum Rathauskai gebraucht?
    Sie nahm sich vor, die Strecke abzulaufen und die Zeit zu stoppen.
    Sie warf einen prüfenden Blick auf die Uhr und ging mit raschen Schritten die Bygdøy Allé entlang. Es war eine extrem kalte Nacht gewesen, und Sveinung Adeler hatte nur sein weißes Hemd und den Anzug angehabt. Keinen Mantel, keine Skiunterwäsche unter der Anzughose, kein Unterhemd aus Wolle, nicht einmal Winterstiefel. Er musste sehr schnell gegangen sein, in der Hoffnung, sich warm zu laufen.
    Warum war er zu Fuß gegangen ? Wahrscheinlich hatte ergehofft, unten am Solli Platz eine Straßenbahn oder einen Bus zu erreichen.
    Als Lena die Gabels Gate überquerte, warf sie einen Blick nach rechts. Ihr Auto stand immer noch da. Ein weiterer Strafzettel leuchtete gelb unter dem Scheibenwischer. Der Strafzettel war ihr egal, nur würde sie später Hilfe brauchen, um den Wagen wieder zu starten.
    Sieben Minuten mit schnellen Schritten, und sie erreichte Lapsetorvet. Sie folgte den Straßenbahnschienen nach links – blieb aber nach wenigen Metern stehen.
    Das hier war nicht der kürzeste Weg zum Rathauskai. Am schnellsten wäre es, von hier aus geradeaus zu gehen.
    Warum hatte sie beschlossen, links abzubiegen?
    Die Antwort lag auf der Hand: Sie war links abgebogen, weil das auch für Adeler der logische Weg gewesen wäre, wenn er nach Hause wollte. Wenn eine Straßenbahn herangeschaukelt gekommen wäre, hätte er nur hineinspringen müssen. Aber das Wichtigste war: Der Weg über den Hafen war ein Umweg.
    Lena blieb stehen und dachte nach.
    Es war also nicht logisch, dass Sveinung Adeler den Weg am Hafen entlang gewählt hatte. An jenem Morgen war es so kalt gewesen, dass jeder Mensch, der einigermaßen bei Sinnen war, ein Taxi angehalten hätte oder in Straßenbahn oder Bus gestiegen wäre – auch wenn er noch so durchtrainiert und sportlich war.
    Warum also hatte Sveinung Adeler einen Umweg gewählt?
    Die Antwort lag auf der Hand: Sveinung Adeler wollte gar nicht nach Hause.
    Lena stand reglos da und sah die Szene vor sich:
    Es ist zwischen fünf und sechs Uhr morgens. Fast noch Nacht. Sveinung Adeler hat gegessen, getrunken, geliebt. Es ist mitten in der Woche. Zwei, drei Stunden später muss er bei derArbeit sein. Es wäre logisch, wenn er nach Hause ginge, um sich umzuziehen.
    Plötzlich war die Gewissheit da: Sveinung Adeler war auf dem Weg zur Arbeit!
    Jetzt war sie auf der richtigen Spur, das spürte sie im ganzen Körper. Das Büro lag in der Rådhusgata. Der Weg dorthin war nicht weit von Lisbets Wohnung in der Bygdøy Allé. Er brauchte nur zum Solli Platz zu gehen, dann einige hundert Meter weiter geradeaus und dann schräg an den Rathauskais vorbei. Es hätte keinen Sinn gehabt, ein Taxi zu nehmen. Sveinung Adeler war fit und zielstrebig nach einer durchfeierten Nacht.
    Er ging direkt zur Arbeit – natürlich! Er wäre zu früh gewesen, aber was machte das schon? Beamte hatten Gleitzeit. Adeler wäre ein paar Stunden früher gekommen und hätte natürlich auch ein paar Stunden früher wieder gehen können.
    Doch Adeler kam gar nicht dort an. Er traf unterwegs jemanden, landete im Hafenbecken und ertrank.
    Lena konzentrierte sich. Sveinung Adeler war allein die Bygdøy Allé hinuntergegangen. Unterwegs hatte er seinen Mörder entweder getroffen, oder der hatte ihn eingeholt.
    Eine Verabredung? Das war unwahrscheinlich. Wenn eine zufällige Begegnung zu dem Mord geführt hatte, dann eher als Ergebnis eines Raubüberfalls. Doch die Leiche hatte ihre Brieftasche mit Scheckkarte, über tausend Kronen und eine wertvolle Armbanduhr bei sich gehabt.
    Adeler wurde eingeholt. Jemand hatte vor dem Haus in der Bygdøy Allé

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