Die Kompanie der Oger
gewissen Regeln folgen. Mein Kodex erlaubt es mir nur dann, einen Liebhaber zu nehmen, wenn er mich in einem Kampf besiegen kann. Nur so kann er sich als meiner würdig erweisen.«
»Aber ich kann es doch gar nicht mit Ihnen aufnehmen!«
»Natürlich nicht.« Sie half ihm auf die Beine. »Kein Mann ist mir ebenbürtig. Deshalb sind Sie ja perfekt für mich. Sie sind unsterblich. Egal, wie oft ich Sie töte, Sie können es immer wieder versuchen. Irgendwann gewinnen Sie dann vielleicht. Mit viel Glück.« Erneut hob sie ihr Schwert. »Also dann, verteidigen Sie sich!«
»Warten Sie, Sie wissen nicht…«
Sie trat ihm in die Eingeweide. Er fiel auf die Knie, schnappte nach Luft, nicht in der Lage, irgendetwas zu erklären.
»Vielleicht nächstes Mal, Ned.«
Enttäuschung stand in Reginas Gesicht geschrieben, als sie die Klinge schwang, um seinen Schädel zu spalten. Stahl klirrte auf Stahl. Neds Kopf blieb ganz.
Miriam stand zwischen Regina und Ned. Sie hatte den tödlichen Schlag abgewehrt, und nun standen sich die beiden Frauen gegenüber, die Schwerter in den Fäusten.
Die Sirene nickte Ned zu. »Kommandeur.« Ihre großen, schwarzen Augen verengten sich zu winzigen Schlitzen und richteten sich auf Regina. »Erzmajor.«
Inzwischen hatte jeder einzelne der Soldaten im Hof sein Training und Trinken vergessen. Sie drängten sich anzüglich grinsend um sie. Nachgemachtes Miauen und Fauchen stieg vom Publikum auf.
»Was zur Hölle glauben Sie eigentlich, was Sie da tun, Erzmajor?«, fragte Miriam durch zusammengebissene Zähne.
»Halten Sie sich da raus, Miriam«, antwortete Regina kalt. »Das geht Sie nichts an.«
»Sie wollten gerade unseren kommandierenden Offizier töten. Ich denke, das geht uns alle an.«
Ned hatte das Gefühl, dass er etwas sagen sollte, aber er wusste nicht, was. Da er der Kommandeur war, versuchte er es trotzdem: »Ist schon in Ordnung. Das ist alles nur ein Missverständnis.«
Regina warf ihm einen Blick zu. »Entschuldigen Sie bitte, Ned, aber diese Situation war schlicht und einfach, bis Miriam sich eingemischt hat. Ich habe Ihnen meinen Körper angeboten und Sie waren einverstanden, mit mir darum zu kämpfen.«
Miriam senkte ihr Schwert und sah ihn stirnrunzelnd an. »Ist das wahr, Ned?«
Unerklärlicherweise ergriffen Schuldgefühle Besitz von ihm, obwohl er sicher war, dass er nichts falsch gemacht hatte. Aber die Enttäuschung in Miriams Augen hatte diese Wirkung auf ihn.
»Nein … ich meine, irgendwie schon. Ich habe dem Sex zugestimmt, aber ich wusste nicht, dass ich mit ihr kämpfen muss.«
»Was haben Sie denn gedacht?«, sagte Regina. »Dass sich eine Amazone jedem Mann unterwerfen würde, der fragt?«
»Ich habe nicht gefragt. Sie haben mich gefragt.«
»Wortklaubereien.« Regina schnaubte. »Ist auch egal, Unwissenheit ist keine Entschuldigung. Jetzt, wo Sie Ihr Interesse an einer fleischlichen Beziehung mit mir ausgedrückt haben, müssen Sie mich besiegen. Das ist die einzige ehrenhafte Vorgehensweise.« Sie hob ihre Waffe und trat einen Schritt vor. »Gehen Sie zur Seite, Miriam.«
Ned hielt den sprechenden Stab ausgestreckt vor sich, in der Hoffnung, dass irgendein übrig gebliebener Funke von Magie die Furcht einflößende Amazone in ein Kaninchen oder ein Murmeltier, einen Bären oder einen Drachen verwandeln möge. Irgendetwas weniger Gefährliches, damit er möglicherweise eine Chance bekam - oder in etwas noch Gefährlicheres, damit es nicht so peinlich war, wenn er getötet wurde.
Er verstand nicht, warum ihm keiner half. Er war ihr Kommandeur. Jemand hätte ihn verteidigen müssen, aber die Soldaten johlten und lachten nur über seine Notlage. Bloß Frank, der vorne in der Menge stand, blieb still. Sämtliche Farbe war aus seinem roten Gesicht gewichen und hatte eine blasse, rosafarbene Schattierung hinterlassen. Der Oger sah gleichzeitig traurig und wütend aus, obwohl sich Ned nicht vorstellen konnte, was er Frank angetan haben könnte.
»Das ist Befehlsverweigerung!«, schrie Ned über das Tohuwabohu hinweg.
Regina hielt inne. »Eigentlich nicht. Solange eine Amazone den Sitten und Gebräuchen ihrer Kultur folgend einen Soldatenkollegen tötet, gleichgültig welchen Ranges, ist das laut dem Grundsatz Kultureller Akzeptanz der Legion erlaubt.
Und laut dem offiziellen Verhaltenskodex der Unmenschlichen Legion wird eine Gewalttat nur dann als ein Akt vorsätzlicher Befehlsverweigerung betrachtet, wenn dem Ziel irreparabler Schaden zugefügt wird.
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