Die Kompanie der Oger

alle Männer seien Feiglinge.«
    Sie versuchte, ihm den Kopf abzuschlagen, aber er war schneller. Das Schwert prallte von einer Granitnachbildung des Kobolds mit herausgestreckter Zunge ab. Regina umkreiste ihn, aber hartnäckigerweise blieb er unbeweglich. Entweder er steckte fest, wie es manchmal geschah, oder er hatte einfach Angst.
    Sie hob ihn auf und flüsterte ihm in sein steinernes Ohr: »Hör mir gut zu, du kleines Biest. Wenn ich dich je erwische, wie du solche widerlichen Gedanken aussprichst, und wenn ich den Verdacht habe, dass du auch nur von solchen niederträchtigen Ketzereien tagträumst, hacke ich dir alle losen Enden von deinem kleinen Koboldkörper ab. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
    Die Seamus-Statue grinste nur anzüglich. Sie hatte den Verdacht, dass er sie in diesem Augenblick herausforderte, während sein steinernes Gehirn entwürdigende Bilder von dampfenden amazonischen Badehäusern und nackten Kissenschlachten abspulte. Sie dachte darüber nach, ihm eine Lektion zu erteilen, indem sie ihm die Zunge abschlug. Aber ihr Temperament kühlte sich genauso schnell ab, wie es aufbrauste. Und sie war nicht in der Stimmung, sich die Mühe zu machen. Stattdessen ließ sie ihn in den Brunnen der Zitadelle fallen. Dann wartete sie eine Zeit lang, um zu sehen, ob ihn das kalte Wasser dazu brachte, eine verletzlichere Gestalt anzunehmen.
    In der Zwischenzeit entkorkte sie ihren Krug mit heraufbeschwörtem Wein und nahm einen herzhaften Schluck. Das grauenhafte Gebräu tröstete sie. Geschmacklich ähnelte es dem speziellen Sud, mit dem junge Amazonen gefüttert wurden, um groß und stark zu werden.
    Sie dachte über Seamus’ absurde Vorstellung von der Nützlichkeit von Sex nach. Sie konnte den Sinn darin nicht erkennen. Ihre Zeit war besser genutzt, wenn sie sie damit verbrachte, ihren Körper und Geist in der Kunst des Krieges zu trainieren. Und auch wenn sich eine Amazone unter äußerst speziellen Umständen vielleicht gelegentlich einen Liebhaber nahm, war dies keiner dieser Umstände. Ned war nur ein Mann. Ein schöner, unsterblicher Mann. Aber das reichte nicht.
    Dennoch jagte ihr der bloße Gedanke an ihn, an seine vernarbte, entstellte Haut, einen Schauder durch und durch. Und gewisse Körperteile, an die sie besser nicht dachte, bebten tatsächlich.
    »Verdammt.« Sie nahm noch einen Schluck Wein.
    Nichts kam aus dem Brunnen. Nicht einmal eine Fliege. Obwohl sie nicht wusste, ob sich Seamus in eine Fliege verwandeln konnte. Regina warf den Krug über ihre Schulter und er zerschellte auf den Pflastersteinen. Missmutig setzte sie ihren Weg fort.
    Etwas später krabbelte eine Tarantel vorsichtig aus dem Brunnen. Seamus sah sich einen Augenblick um, bevor er sich in eine Ziege verwandelte und in verliebten Sprüngen in Richtung Viehweide hüpfte.
     
    ACHT
     
    Ned, der sich nie mit Mut oder Ehre befasst hatte, konnte einer Fahnenflucht dennoch nichts abgewinnen. Er hatte aber daran gedacht. Er war nur ein Mensch. Sogar während der Rekrutenausbildung war er sich nicht sicher gewesen, ob das Soldatenleben etwas für ihn war. Trotzdem mochte er den Gedanken nicht. Er hatte geplant, darauf zu warten, dass sein Legionsvertrag auslief. Noch vier Jahre, und er würde seine militärische Karriere hinter sich lassen. Seine vielen Tode auf dem Weg dahin konnte er aushalten. Er konnte seinen Teil des Vertrags einhalten.
    Die Abmachung hatte sich jedoch geändert. Das Berserker-Programm war einfach zu viel verlangt. Wenn das Training erfolgreich war, verwandelten sich Soldaten in hirnlose, mörderische Wilde. Misslang es dagegen, wurden sie einfach nur hirnlos. So oder so wurde einem Berserker beigebracht, den Tod zu begrüßen, aber den Tod zu begrüßen war Neds große Stärke nie gewesen. Ihm blieb nur eine Möglichkeit.
    Genau genommen zwei Möglichkeiten. Er konnte all seine militärische und buchhalterische Erfahrung zum Einsatz bringen und die Oger-Kompanie mit etwas Glück retten. Das einzige Problem dabei war, dass Ned zwar ein verdammt guter Buchhalter, aber nie ein besonderer Soldat gewesen war. Und auch kein besonders guter Anführer. Seine eine und einzige bisherige Stelle mit Befehlsgewalt hatte vorgesehen, einen Zug in einem Scharmützel gegen ein paar lästige Wichtel anzuführen. Die Erinnerung daran suchte ihn heute noch heim.
    Für die meisten waren Wichtel winzige Fellknäuel. Das lag am Namen. Er ließ sie knuddelig und harmlos wirken. Aber für jeden, der ihnen jemals im