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Die Kompanie der Oger

Die Kompanie der Oger

Titel: Die Kompanie der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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Ned.
    »Lass mich zu Ende erzählen. Dieser Dämon, diese Irre Leere, hatte in all diesen Dingen Erfolg. Er tat es ohne jegliche Mühe. Es gab etwas symbolischen Widerstand, ein paar kleinere Kämpfe hier und da, eine Hand voll heldenhafter und aussichtsloser letzter Gefechte. Aber am Ende war es nie eine Frage. Die Irre Leere legte die Götter lahm, brachte allem und jedem um sie herum Not und Schmerzen. Sie verwandelte ihr Universum in eine erschreckende Farce von Unzufriedenheit und Leid. Aber obwohl dies immer ihr Ziel gewesen war, fand sie keine Befriedigung, als sie es erreicht hatte. Also löschte sie ihr Universum voller Abscheu aus. Allein in der grenzenlosen Dunkelheit ihrer eigenen Schöpfung, schmollte sie unermessliche Jahrtausende lang.«
    »Kannst du nicht einfach den Mittelteil auslassen und zum Schluss springen?«, fragte der Rabe.
    Sie bemerkte, dass er Recht hatte. Neds Blick wanderte mit einem Anflug von Langeweile im Garten herum, aber die Rote Frau weigerte sich, sich drängen zu lassen. Die Geschichte war viel zu wichtig. Ihr Stab schwebte durch den Garten und klopfte ihm gründlich auf die Finger.
    »Pass auf«, befahl sie. »Wie lange die Leere vor sich hinbrütete, ist schwer zu sagen, weil ihr Zeit nichts bedeutete, aber schließlich entdeckte sie, entweder absichtlich oder durch Zufall, dass eine ganz andere Existenzebene auf ihre begnadete Berührung wartete. Sie verlor keine Zeit damit, in dieses neue Universum einzudringen. Mit noch weniger Schwierigkeiten als beim letzten korrumpierte sie es, und weil sie immer noch verstimmt war, zerstörte sie auch dieses.«
    Ned rieb sich die verletzten Finger. »Ich verstehe immer noch nicht, was das mit mir zu tun hat.«
    »Hast du es immer noch nicht herausgefunden?«, sagte der Rabe.
    »Ich glaube nicht«, gab Ned zu.
    »Du Idiot, du bist die Irre Leere.«
    Die Rote Frau seufzte. »Ich wollte mir das für das Ende der Geschichte aufheben.«
    »Ach, eine dramatische Präsentation ist an Ned völlig verschwendet«, sagte der Rabe. »Er ist zu dumm dafür.«
    »Vielleicht«, stimmte sie zu.
    Sie gaben Ned einen Augenblick Zeit, diesen Gedanken zu verkraften, aber er versagte schlichtweg. »Ich soll ein allmächtiger Dämon sein?«
    »Nicht ganz«, antwortete sie. »Deshalb habe ich mir diesen Teil für den Schluss aufgespart. Es wäre weniger kompliziert gewesen.«
    »Ich glaube, da ist irgendwo ein Fehler passiert«, sagte Ned.
    »Offensichtlich«, stimmte der Rabe zu.
    »Aber ich kann nicht die Irre Leere sein. Ich habe noch nicht einmal davon gehört.«
    Die Rote Frau lachte. »Es gibt viele Dinge, von denen man nie hört. Aber das macht sie nicht weniger real.«
    »Ich glaube, ich würde mich daran erinnern, wenn ich Universen zerstört hätte.«
    Sie lachte erneut. »Natürlich, Ned, aber du bist ein Mensch. Oder wenigstens die halbwegs naturgetreue Nachbildung eines Menschen. Aber die Leere existierte nur, um zu zerstören. Für sie wäre es genauso sinnvoll, sich an alle Realitäten zu erinnern, die sie ausradiert hat, wie für dich, dich an jede Ameise zu erinnern, auf die du je getreten bist.«
    Ihm war übel. »Ich will das nicht hören.«
    »Du willst nicht«, bekräftigte sie, »aber du musst. Beurteile das, was du einmal warst, nicht zu hart. Die Irre Leere verschlang Universen, weil es ihre Natur war. Man kann einen Wolf nicht dafür verurteilen, dass er ein hilfloses Reh reißt, oder Flammen, dass sie einen Wald verzehren. Das sind die Widrigkeiten von Reißzähnen und Blut, die alle Dinge auf die eine oder andere Art erdulden müssen. Der Tod eines Universums ist in einem größeren Zusammenhang nicht weniger tragisch, aber auch nicht weniger notwendig.«
    »Weniger metaphyisch«, sagte der Rabe. »Sonst schweift er wieder ab.«
    Aber Ned hörte jedes Wort, und keines davon hörte er gern. Die Rote Frau fuhr fort.
    »Zu gegebener Zeit stolperte die Leere über unseren Existenzbereich. Bis dahin war sie ihrer Rolle in dem großen Ganzen überdrüssig geworden. All ihre Zerstörungen, ihre Metzeleien und ihr Wahnsinn hatten ihr keinen Trost gespendet. Also tat sie das Einzige, was sie konnte.« Sie humpelte an Neds Seite und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Sie beschloss, ihr Wesen zu ändern. Du musst verstehen, Ned, dass so etwas noch nie da gewesen ist. In der Geschichte unseres Universums - und ich nehme an in fast allen anderen genauso - hat niemals ein Dämon Erlösung gesucht. Ich glaube, dass sie sich alle auf eine Art

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