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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Dann weinte sie ein wenig, und ich tröstete sie. Nachdem wir endlich all das hinter uns gebracht hatten, holte ich tief Luft und stellte ihr die Frage, derentwegen ich durch halb England gereist war.

Davor
    Amos und Sonia kamen kurz nach Joakim. Amos trug Shorts mit Blumenmuster und ein T-Shirt, das farblich überhaupt nicht dazupasste. Er sah damit ein bisschen lächerlich aus, machte aber einen sehr glücklichen Eindruck. Ich kannte diesen Gesichtsausdruck noch von früher. Während er mich fröhlich auf beide Wangen küsste, ging mir durch den Kopf: Endlich ist er ganz und gar über mich hinweg. Die beiden hielten Händchen und ließen sich auch nicht los, als sie eintraten. Sonia trug ein ärmelloses weißes Hängerkleid, das ihre Haare und Augen nur noch dunkler erscheinen ließ. Ihre cremeweiße Haut wies nicht die kleinste Unreinheit auf. Sie strahlte von Kopf bis Fuß Gesundheit aus. Neben ihr fühlte ich mich wie eine Kreatur, die unter einem Stein hervorgekrochen war und sich in dem ungewohnten Licht erschrocken umschaute. Nachdem sie mich zur Begrüßung wie Amos geküsst hatte, nahm sie mich an den Schultern und sagte so leise, dass Joakim und Amos es nicht hören konnten: »Geht es dir nicht gut?«
    »Mir?« Ich tat überrascht. »Wieso fragst du?«
    »Du wirkst ein bisschen …«
    »Was?«

    »Müde, würde ich sagen.« Sie kniff die Augen zusammen. »Warst du etwa in einem Sonnenstudio?«
    »Sehe ich aus wie eine Frau, die ins Sonnenstudio geht?« Ich stieß ein hohes, hysterisches Quieken aus, das eigentlich ein Lachen sein sollte. »Kaffee? Joakim, Amos? Ich mache uns eine Kanne. Oder hättet ihr lieber etwas Kühles?«
    »Deine Wohnung ist wirklich der Hammer«, bemerkte Joakim, während er sich fasziniert umblickte. Einen Moment sah ich sie durch seine Augen. Das Chaos in meinen Räumen hatte fast schon etwas Surreales.
    »Du meinst, eine absolute Katastrophe.«
    »Mein Dad würde mich nie so leben lassen.«
    »Zu Recht.«
    »Für mich hat das fast etwas von einem Statement.«
    »Bonnie gegen das Spießbürgertum«, meinte Amos augenzwinkernd. Ich versuchte zu lächeln, aber mein Gesicht fühlte sich steif und geschwollen an. Das alles kam mir so weit weg und unwirklich vor. Dabei war es noch gar nicht so lange her, dass Hayden mich gewürgt hatte, während eine hässliche Grimasse sein Gesicht in das eines Fremden verwandelte. Nun stand ich hier, als wäre nichts gewesen, und unterhielt mich mit Leuten, die so taten, als würden sie mich kennen.
    Ich trank eine Tasse starken Kaffee ohne Milch und dann gleich noch eine. Meine Hände zitterten. Am liebsten wäre ich jetzt allein gewesen. Ich fühlte mich schmutzig und klein.
     
    Neal und Guy trafen gemeinsam ein. Guy zog sofort seine Anzugjacke aus. Das Hemd, das darunter zum Vorschein kam, hatte unter den Achseln und am Rücken dunkle Schweißflecken. Er krempelte die Ärmel hoch und wischte sich mit einem weißen Taschentuch über die Stirn. Ich öffnete in allen Räumen die Fenster, doch es blieb beklemmend heiß.
    »Eigentlich ist hier gar nicht genug Platz für uns alle«, stellte ich fest.

    »Dabei ist Hayden noch gar nicht da.«
    »Nein.« Meine Stimme klang, als würden dürre Blätter aneinanderreiben. Ich spürte, wie mir unter der dicken Schminke die Röte ins Gesicht stieg. »Vielleicht sollten wir ohne ihn anfangen. Ihr wisst ja, wie er ist.« Klang das normal? Merkten die anderen wirklich nichts? Keiner von ihnen?
    »Für wen, zum Teufel, hält er sich?«, knurrte Amos, der sich damit einen vernichtenden Blick von Joakim einhandelte.
    »Gehen wir mal davon aus, dass er nicht kommt«, meinte Neal in einem Ton, der mir einen kleinen Angstschauer über den Rücken jagte. Er musterte mich prüfend. Ich spürte, wie sein Blick über mein Gesicht und meinen Hals wanderte. Plötzlich war ich mir sicher, dass er mich durchschaute. Meine Schminke, mein Schal und das idiotische Rüschenhemd konnten ihn ebenso wenig täuschen wie all meine fadenscheinigen Ausreden und plumpen Lügen.
    »Vielleicht sollten wir als Erstes das Wohnzimmer ein wenig frei räumen«, schlug Sonia vor. »Wir können die Sachen ja an die Wände rücken.«
    Alle schnappten sich einen Stuhl oder einen Karton. Ich sah Sonia ein paar Porzellanscherben zur Seite schieben, die es wohl irgendwie aus der Küche ins Wohnzimmer geschafft hatten. Mir war plötzlich ganz übel, aber wenn ich die nächsten Stunden überstand, würde es schon gehen. Guy erzählte gerade von

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