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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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warum sollte die betreffende Person dann klingeln? Dann aber fiel mir ein, dass manche Leute irgendwo einen Schlüssel deponieren, unter einem Blumentopf oder so. Ich selbst hatte das auch schon manchmal gemacht. War es möglich, dass Liza auf dieselbe Idee gekommen war und mir nichts davon gesagt hatte?
    Die nächste Frage hätte ich mir lieber gar nicht erst gestellt: Was, wenn draußen tatsächlich ein Schlüssel lag und die Person gleich hereinkam? Was dann? Mir fiel beim besten Willen keine Antwort ein. Mein Blick wanderte zu dem Bündel auf dem Boden und dann zurück zu Sonia, die bloß mit den Schultern zuckte. Ein Versuch der Aufmunterung oder nur Ausdruck ihrer Hilflosigkeit? Ich öffnete den Mund, um ihr voller Panik etwas zuzuflüstern, doch sie legte kopfschüttelnd einen Finger an die Lippen.
    Im Moment herrschte Stille. Wir versuchten, mucksmäuschenstill zu sein, während wir warteten. Ich lauschte angestrengt, ob sich draußen jemand entfernte, konnte aber keine Schritte hören. Das Einzige, was ich hörte, waren mein wild pochendes Blut und neben mir Sonias Atem  – kleine, flache Keuchlaute, die mir klarmachten, dass sie ebenso große Angst hatte wie ich. In dem Moment begann das Telefon zu klingeln. Das konnte nur die Person vor der Tür sein. Vielleicht irgendein verabredetes Zeichen. Lief eigentlich der Anrufbeantworter? Daran hatte ich gar nicht gedacht. Das Telefon
läutete und läutete. Mir war dabei zumute, als würde mich jemand immer wieder auf einen bereits vorhandenen Bluterguss schlagen. Endlich hörte es auf. Wir warteten eine Ewigkeit, viel länger als nötig. Ich wagte noch immer nicht zu sprechen, als schließlich Sonia im Flüsterton das Schweigen brach.
    »Ich schätze, die Luft ist rein.«
    »Glaubst du, er oder sie kommt zurück?« Meine Brust schmerzte, als wäre ich eine weite Strecke gerannt.
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Mir ist ein bisschen übel«, verkündete ich.
    »Musst du dich übergeben?«
    »Keine Ahnung. Nein, ich glaube nicht.«
    »Versuche, ruhig und tief zu atmen.«
    »Wir dürfen noch nichts unternehmen. Die besten Chancen haben wir mitten in der Nacht. Ich meine, um ihn rauszuschaffen.«
    Sonia bedachte mich mit einem genervten Blick, als wäre ich eine von ihren dämlicheren Schülerinnen.
    »Hat noch jemand einen Schlüssel für die Wohnung?«
    »Ich habe von Liza nur einen bekommen. Den habe ich an ihn weitergegeben, inzwischen aber wieder an mich genommen«, erklärte ich. »Zusätzlich wollte sie einen bei dem Mann hinterlegen, der ein Stockwerk höher wohnt. Für irgendwelche Notfälle.«
    »Sonst besitzt niemand einen?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete ich, »aber du weißt ja, wie das ist: Manchmal werden Schlüssel einfach nachgemacht. Womöglich hat er auch anderen Leuten einen gegeben.«
    »Schätzungsweise sind wir auf der sicheren Seite.«
    »Es ist nur… wenn jetzt jemand hereinkäme…«
    »Wenigstens wäre dann alles ganz einfach.«
    »Einfach?«, wiederholte ich. »Was würden wir denn dann sagen?«

    »Keine Ahnung«, meinte sie. »Aber das würde sowieso keine große Rolle mehr spielen.«
    Wieder herrschte Stille.
    »Bleibt es dabei, dass wir ihn zu dem Stausee bringen, wo du mal warst?«, fragte ich. »Langley Reservoir?«
    »Ja. Dort lassen wir die Wagenfenster herunter, lösen die Handbremse und schieben den Wagen über den Rand. So weit ist alles klar. Aber dann?«
    »Dann fahren wir nach Hause.«
    »Wie denn? Ohne Wagen?«
    »Wir gehen zu Fuß.«
    »Der nächste Bahnhof ist womöglich kilometerweit entfernt.«
    »Hast du eine bessere Idee?«
    »Nein.«
    »Außerdem halte ich das im Moment für das geringste unserer Probleme. Wir können darüber nachdenken, wenn wir erst mal dort sind.«
    »Ja, du hast recht.«
    »Lass uns in einer halben Stunde aufbrechen.«

Davor
    Guy Siegel war Anwalt in einer großen und respektablen Kanzlei, aber als ich ihn zu Hause aufsuchte, trug er Jeans und ein T-Shirt, das ziemlich abgetragen aussah, wenn auch auf eine teure Art. Nachdem er mich hereingebeten hatte, reichte er mir eine Flasche Bier, aber kein Glas. Mir schien, als wäre er der Musiker von uns beiden. Der Mann machte so richtig auf Rock ’n’ Roll.
    »Sie werden es mir wahrscheinlich nicht glauben«, erzählte er, »aber während meiner letzten paar Schuljahre habe ich in einer Punkband gespielt. Nein, eigentlich waren wir eine Post punkband.
Für Sie klingt das wahrscheinlich nach grauer Vorzeit.«
    »Das war tatsächlich ein

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