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Die Komplizin - Roman

Die Komplizin - Roman

Titel: Die Komplizin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Treffpunkt vereinbarten wir ein Pub ganz in der Nähe ihrer Wohnung.
    Nachdem ich uns zwei Gläser Wein geholt hatte, setzten wir uns draußen in die Sonne, und ich erzählte ihr alles. Sonia schwieg erst einmal.
    »Und?«, fragte ich.
    »Du Vollidiotin!«, fuhr sie mich laut an.
    »Sonia!«, zischte ich, während ich mich erschrocken umblickte. An einem der Picknicktische, die entlang des Gehsteigs aufgestellt waren, saß ein Paar. Der Mann starrte bereits zu uns herüber.
    »Du gottverdammte Vollidiotin!«, wiederholte sie, wenn auch dieses Mal in einem wütenden Flüsterton. »Was, zum Teufel, soll das?«
    »Ich fand es zu riskant, ihn einfach auf dem Parkplatz stehen zu lassen«, erklärte ich. »Womöglich haben wir Spuren hinterlassen. Wir hätten ihn erst säubern sollen. Sämtliche Hinweise wegwaschen. Wir haben zwangsläufig irgendwelche Hinweise hinterlassen. Fasern … keine Ahnung … was auch immer. Jedenfalls wäre ein Wagen, der dort so lange herumsteht, bestimmt bald aufgefallen.«
    »Woher willst du das wissen?« Sonia hatte Mühe, ihre Stimme zu beherrschen. »Das kannst du doch überhaupt nicht wissen!«
    »Bestimmt haben sie eine Methode, herrenlose Wagen nach ein paar Wochen aufzuspüren«, antwortete ich. »Ansonsten würden doch alle möglichen Leute ihre alten Autos auf Flughafenparkplätzen entsorgen.«
    »Was, wenn du eine Panne gehabt hättest«, meinte Sonia, »oder einen Unfall? Oder wenn sie dich geblitzt hätten oder du in eine Polizeikontrolle geraten wärst?«

    »Ich weiß, es klingt verrückt …«
    »Du hast Haydens Wagen also einfach der Polizei überlassen? War das dein Plan?«
    »Ursprünglich hatte ich etwas anderes im Sinn«, entgegnete ich, »und außerdem war es nicht direkt die Polizei. Mir ist schon öfter mal ein Wagen abgeschleppt worden. Er landet bloß auf einem Parkplatz.«
    »Ach ja«, stieß Sonia wütend hervor, »und dann?«
    »Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Ich nehme an, er bleibt erst einmal dort stehen«, mutmaßte ich, »und wahrscheinlich schicken sie eine Mitteilung los, und dann noch eine, aber nachdem es in diesem Fall keine feste Adresse gibt, kann es weiß Gott wie lange dauern, bis sie fündig werden. Was also soll daran verdächtig sein? Jedenfalls bringt nun nichts mehr den Wagen mit dem Zeitpunkt von Haydens Verschwinden in Verbindung.«
    Sonia nahm erst einen kleinen und dann einen großen Schluck Wein.
    »Irgendwo gibt es einen Haken«, meinte sie. »Bestimmt bist du von irgendeiner Überwachungskamera aufgenommen worden.«
    »Es war die richtige Entscheidung«, widersprach ich.
    »Überall sind Kameras. Du weißt doch, dass wir in einem Überwachungsstaat leben, oder?«
    »Ja«, räumte ich ein, »aber ich hielt es trotzdem für wichtig, den Wagen reinigen zu lassen. Zumindest das ist mir gelungen.«
    »Wir hatten einen Plan«, fuhr Sonia fort. »Ich habe mir das bisher verkniffen, aber jetzt sage ich es dir: Du hast mich da hineingezogen. Ich habe dir geholfen. Du kannst nicht einfach mitten in der Nacht mit einer Schnapsidee aufwachen, alles anders machen und mir erst hinterher davon erzählen.«
    »Unser Plan war falsch.«
    »Er war nicht falsch. Und wenn doch, dann war es noch
viel falscher, ihn rückgängig zu machen und durch einen anderen falschen zu ersetzen. Wenn sie den Wagen am Flughafen gefunden hätten, wären sie vermutlich davon ausgegangen, dass Hayden das Land verlassen hat. Was werden sie jetzt denken?«
    »Keine Ahnung«, antwortete ich niedergeschlagen. »Egal. Wahrscheinlich werden sie gar nichts denken. Ich glaube, abgesehen von uns interessiert sich sowieso niemand dafür.« In dem Moment musste ich wieder an meinen Ranzen denken, der mit der Post gekommen war, und vor Angst und Entsetzen durchfuhr mich erneut ein Adrenalinstoß. »Oder fast niemand.«

Davor
    »Miss Graham! Miss Graham! Ich hab’s geschafft!«
    Ich sah zuerst das Blatt Papier und dann sie an. Sie grinste breit, und zwei dicke Freudentränen kullerten ihr übers Gesicht. Ich nahm sie in den Arm und küsste sie.
    »Fantastisch, Maud!«, gratulierte ich ihr. »Du hast es wirklich verdient.«
    »Ich kann es noch gar nicht fassen. Ich bin so glücklich. So unglaublich glücklich!« Und weg war sie  – im Laufschritt unterwegs zu einer Gruppe von Mädchen, die sich quiekend umarmten und mit ihren Handys Fotos schossen. Ich ließ den Blick über all die jungen Leute schweifen, die gerade mit angespannter Miene in die Schule marschierten oder mit

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