Die Konkubine des Erzbischofs
ich in seine Residenz geschickt werde, damit er mich befragen könne. Das also geschah.
Wir befanden uns in dem kleinen Raume, welchen der Erzbischof für geheimste Zusammenkünfte eingerichtet hatte, die keine Störungen duldeten. Gold und Spiegel durften auch hier nicht fehlen, damit sich seine Unwürden wohlfühlte. Es gab noch einen kleinen, eher schlichten Altar für den Fall, dass der Herr um Vergebung für begangene Sünden gebeten werden musste.
Nachdem wir eine Zeitlang gutes Latein gesprochen hatten, indem ich ihm, da es um Ostern war, den Leidensweg Christi schilderte, fragte er mich, ob ich etwas auf dem Herzen habe, denn eben dies sähe er mir an. Ich fiel vor ihm auf die Knie und sprach erleichtert zu ihm von meiner vermeintlichen Krankheit. Hinterlistig strich er mir, die ich weiter vor ihm kniete, scheinbar wohlwollend über das goldene Haar, was mich beruhigte, und sagte:
»Mein Kind, keine Krankheit ist es, an der du leidest, sondern ein Glück in Gottes Natur. Der Körper des Weibes, wenn er sich so weit entwickelt hat, dass er zur Empfängnis von Kindern bereit ist, muss feuchter sein als der des Mannes. Da ein feuchter Körper eher als ein weniger feuchter die großen Schwankungen hinsichtlich der Kälte und der Wärme spürt, gerät das Blut darüber in Wallung. Und wenn das Blut in Wallung geraten ist und die Adern gefüllt hat, fließt ein Teil davon ab, und dies entspricht der Natur, wie der Grieche Hippokrates sagt, der Arzt aller Ärzte. Also ist es das Glück des Weibes, denn wenn das Blut nicht Monat für Monat fließt, ohne dass ein Kind in ihr ist, das das Blut aufnimmt, dann staut es sich, und was folgt, sind Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schmerzen an den Gliedern, Beschwerden im Kreuz und im Unterleib, Unwohlsein, Beunruhigung des Magens und dergleichen mehr.«
»Beschwerden dieser Art sind es«, sagte ich bang, »die mich, ehrwürdiger Vater, um die Zeit dieser Sache quälen.«
»Dies tritt darum ein, meine unschuldige Tochter«, sagte er nun schlau, »weil sich die Gebärmutter schließt und nicht genügend Blut durchlässt zur Reinigung, wenn das Weib, das gebären kann, nicht einen Mann erkennt. Nun wird es also nötig sein, meine unschuldige Tochter, dass ein Mann dich erkennt. Und dies will ich wohl sein, um deiner Gesundheit willen, da du dich nicht an irgendjemand anderen wenden könntest, ohne Angst haben zu müssen, dass derjenige unlautere Absichten damit verbindet. Welches Glück du auch hast, denn es ist Vollmond, und Vollmond sollte es sein, um günstigerweise mit der Behandlung zu beginnen.«
So holte er seinen mächtigen Bischofsstab hervor, hieß mich, auf seinen Schoß zu kommen, schob meinen Rock zur Seite und führte jenen in meine Öffnung ein. Da es ja eine Medizin war, wunderte ich mich nicht über die Schmerzen und hielt sie geduldig aus. Wir setzten die Behandlung einige Zeit fort, und alsbald stellte sich auch die beabsichtigte Wirkung ein, dass mein Reinigungsfluss keine Beschwerden mehr verursachte.
Da ich ganz ohne Arg war gegen den Erzbischof und mir das, was er mir zeigte, nach einer Weile nämlich gar wohl gefiel, wusste ich nichts von der Sünde, die wir begingen, bis auf den Tag, als es offenbar wurde, dass ich ein Kind gebären würde. Als ich es ihm verschämt vortrug, fluchte er ganz so, wie man es von einem Herumtreiber, nicht aber von einem frommen Gottesdiener erwartet: Er habe nicht aufgepasst und die Behandlung, entgegen aller Vernunft, an einem dreizehnten Freitage nachmittags fortgeführt, einem Tage, an welchem er mittags, dem Gebote des Herrn entgegen, Fleisch in Form der gekochten Leber eines jungen Bockes genossen habe, was überdies die Zeugungskraft erhöhe. Dennoch hätte ich schwören mögen, dass er tief im Inneren eine große Befriedigung spürte, zum Vater zu werden, auch wenn er sich dazu nicht bekennen durfte.
Gleichviel, was half das mir armem Wurm, der ich noch nichts von des Lebens Grausamkeit wusste? Mir aber erging es schlecht. Nicht nur, dass mir also der Zutritt zum Palast des Erzbischofs verwehrt wurde, wo ich vorher so gern gesehen war, sondern man jagte mich auch mit Schimpf aus der Klosterschule, während ich nicht wagte, das Geheimnis preiszugeben, das ich in mir trug. Meinen Brüdern allerdings musste ich schließlich gestehen, wer der Schänder war. Sie bebten vor Zorn, wagten aber ebenfalls nicht, offen gegen den mächtigsten Mann der Stadt aufzubegehren. Doch sie schworen sich und mir, in anderer Weise
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