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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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um zu erörtern, was wegen des Kriegsausbruches zu tun sei. Offiziell war Hu allerdings in Tsingtau, um die Fortschritte der fünf chinesischen Beamten zu kontrollieren, die Gouverneur Zhou Fu zur Ausbildung für den Polizeidienst geschickt hatte. Truppel hatte um Diskretion gebeten, er wollte keine Pferde scheu machen. Die Situation war instabil, und niemand konnte zurzeit vorhersagen, wie sich die Dinge noch entwickeln würden.
    Die letzten Nachrichten waren nicht dazu angetan, beruhigend zu wirken. Die Russen in Port Arthur hatten trotz ihrer nur notdürftig reparierten Schiffe in den vergangenen Wochen immer wieder versucht, aus dem Hafen auszubrechen. Dabei waren einige Schiffe in unterseeisch verlegte Minenfelder gelaufen und in die Luft geflogen oder schwer beschädigt worden. Erst am 13. April war das Flaggschiff Petropawlowsk mit Mann und Maus inklusive Admiral Makarow gesunken. Selbst das Panzerschiff Popjeda war durch die Minen schwer beschädigt worden, besagten die Meldungen. Das waren unerhörte Entwicklungen, die Anlass zur Sorge boten. Unterseeminen waren eine völlig neue Taktik. Den Russen blieb nichts anderes übrig, sie mussten wieder zurück in den Hafen. Und Admiral Togos Geschwader patrouillierte derweil vor Port Arthur auf und ab. Immer gerade außer Reichweite der Küstenbatterien.
    Truppel war sich klar darüber, dass er angesichts dieser explosiven Situation die Loyalität der einflussreichen chinesischen Geschäftsleute und der Würdenträger von Schantung brauchte. Der kommandierende chinesische General Li hatte vorerst einen Vertreter geschickt. Li würde demnächst selbst nach Tsingtau kommen. Thema des geplanten Treffens war neben dem japanisch-russischen Krieg das kaiserliche Edikt, das die Vorstädte von Tsinanfu und Wei hsien für den Handel mit ausländischen Produkten öffnete. Es gab Befürchtungen, dass es deshalb zu Unruhen unter der Landbevölkerung im Hinterland kommen könnte, die um den Absatz ihrer eigenen Produkte fürchtete. Nicht zu Unrecht. Die Waren der Europäer waren eine große Konkurrenz für die Produkte des Landes. Truppel wollte unbedingt verhindern, dass sich hier eine neue Front auftat, und mit Li besprechen, wie sie jedweden Widerstand im Keim ersticken konnten.
     
    Wang weigerte sich, Konrad zu verraten, wohin sie unterwegs waren. Er führte zwei Mongolenponys am Zügel, als sie sich beim Tempel der Himmelsgöttin trafen. Der Weg führte die beiden Reiter um die Kiautschou-Bucht herum. Sie sprachen nichts. Es gab nichts zu sagen. Konrad kämpfte die Aufregung nieder und beschloss, bei diesem Ausflug alles so genau wie möglich zu beobachten.
    Die Gegend um die Bucht war zum größten Teil eben. Offenbar hatte sich das Meer an dieser Stelle früher viel weiter ins Festland erstreckt. Der Strand war an manchen Stellen zu Salzpfannen abgedämmt worden, in denen das Meerwasser verdunstete. Das Meersalz war schon seit jeher eines der wichtigsten Handelsgüter der Menschen hier gewesen. Besonders, seit der einstige Fischreichtum in den Gewässern immer mehr abgenommen hatte. Zumeist wurden Krabben gefangen und Sardinen, die gesalzen und getrocknet für europäische Gaumen kaum zu genießen waren.
    Sie ritten durch Felder, auf denen Hirse, Weizen, Sojabohnen und Süßkartoffeln angebaut wurden, er sah auch Mais und Erdnuss-Sträucher, Birnbäume und dornige Jujubensträucher, die jene schmackhaften chinesischen Datteln lieferten, die er hier zum ersten Mal gegessen hatte. Sie glänzten braunrot und hatten ein mild-süßes, gelbliches Fruchtfleisch. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen.
    In diesem Moment prasselte einer der heftigen Regenschauer auf sie nieder, die die Sommerzeit ankündigten. Die beiden Männer gaben ihren Ponys die Sporen, und die Tiere folgten willig. Auch sie strebten ins Trockene. Doch es war zu spät. In wenigen Sekunden waren Pferde und Reiter bis auf die Haut durchnässt.
    Eine Viertelstunde später ritten sie in ein Fischerdorf hinein. Die eingeschossigen Häuser mit ihren Mauern aus grob behauenen Granitsteinen, verbunden durch etwas Mörtel und Lehm, schienen in der Feuchtigkeit noch mehr zu schrumpfen. An einer der Mauern machte Wang Halt und stieg ab. Konrad Gabriel tat es ihm nach. Ohne am Tor anzuklopfen, gingen sie über den Hof und durch eine doppelflügelige Holztür in den mittleren Raum. Konrad begriff, dass Wang sich hier auskannte.
    Zunächst dachte er, das Zimmer sei leer. Er konnte in dem dämmrigen Licht fast nichts

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