Die Konkubine
begeistert?»
«Es schien mir für einen kurzen Moment so. Sie werden auf jeden Fall an Bord des nächsten Marinetransporters in die Heimat verfrachtet. Ihre Verletzungen sind nicht unerheblich. Es ist besser, Sie kurieren sich in Deutschland vollends aus. Dort haben die Ärzte ja doch bessere Möglichkeiten. Wartet denn in der Heimat kein Mädel auf Sie?»
Er beschloss, die Frage zu ignorieren. «Die chinesische Medizin hat aber auch geholfen. Mein Freund und Lehrer Tang und auch Richard Wilhelm haben mir immer wieder Tinkturen nach hiesigem Rezept mit ins Krankenhaus gebracht. Ich glaube, es ginge mir nicht so gut, wenn sie das nicht getan hätten.»
«Tang. Hm. Wilhelm. Naja.» Die Miene von Fritz Fauth ließ keinen Zweifel zu: Er war nicht begeistert von diesen beiden Männern. «Wissen die Ärzte im Lazarett davon?»
Konrad Gabriel gab keine Antwort, er grinste nur.
«So, Sie gehen also schon wieder Sonderwege. Aber bitte jetzt keine Kinkerlitzchen. Sie werden auf den Transporter verfrachtet, ob Sie wollen oder nicht. Die Crefeld läuft in drei Tagen aus.»
Konrad sank das Herz. Er blickte über sein ausgestrecktes eingegipstes Bein aus dem Fenster hinüber in die Richtung, in der das Meer sein musste. «So schnell schon? Was ist mit dem russischen Leutnant?»
«Er kommt vor ein Kriegsgericht.»
«Braucht man mich denn nicht als Zeugen? Ich meine, können wir nicht etwas für ihn tun?»
«Es gibt Zeugen genug. Ich war auch dabei, schon vergessen? Werde sehen, was ich tun kann.»
«Er ist doch nicht schuld, wir…»
«Halten Sie bloß die Klappe über diese Angelegenheit, Gabriel. Ich rate Ihnen gut. So ist eben der Krieg.»
«Langsam bekomme ich den Eindruck, ich werde abgeschoben.»
«Quatsch. Ihre Dienstzeit ist ohnehin bald vorbei. Sie gehen einfach etwas früher. Jetzt sagen Sie mir aber nicht, dass Sie hier bleiben wollen!»
Er hatte keine Chance. Trotzdem, noch ein letzter Versuch. «Aber – und wer spielt dann Trompete?»
«Jetzt werden Sie nicht albern. Also, wohin wollen Sie? Sie werden doch Soldat bleiben, oder?»
Konrad überlegte. «Wie wäre es mit einem Proviantamt?»
«Aha, jetzt werden Sie vernünftig. Der Kaufmann in Ihnen kommt durch. Ich dachte schon, Sie wollten wieder in eine Musikkapelle. Sie scheinen doch eine praktische Ader zu haben. In Kriegszeiten ist es immer von Vorteil, zu jenen zu gehören, die auf den Vorräten sitzen, nicht wahr? Nun, hoffen wir, dass es nie zum Krieg kommt. Allerdings haben wir ja eben erst in diesen Tagen erfahren, wie schnell er ausbrechen kann. Glücklicherweise ist unser schönes Tsingtau bisher nicht hineingezogen worden. Exzellenz Truppel hat das durch sein geschicktes Taktieren zu verhindern gewusst. Er wird im Herbst übrigens selbst für eine Weile in der Heimat Urlaub machen. Hat ihn sich verdient. Und bei dieser Gelegenheit kann er auch dafür sorgen, dass Sie gut unterkommen. So, jetzt lasse ich Sie aber in Ruhe, Gefreiter.»
Konrad war froh darüber. Das schlechte Gewissen trieb ihn um. Er hoffte sehr, Fauth hielt sein Wort und setzte sich für den russischen Leutnant ein.
Dann überlagerte ein anderer Gedanke diese Überlegungen. Er musste es schaffen, Mulan noch einmal wiederzusehen. Und wenn er dafür Himmel und Hölle in Bewegung setzte. Tang! Er musste ihm einfach dabei helfen. Der Freund hatte sich für diesen Nachmittag angekündigt. Konrad konnte es kaum erwarten, bis er kam. Die Zeit verwandelte sich in zähen Gummi, die Zeiger der großen Uhr im Krankenzimmer schienen festzukleben.
Das Warten gab ihm die Gelegenheit, die Geschehnisse der letzten Tage noch einmal Revue passieren zu lassen. Nach der Entwaffnung der russischen Schiffe war der japanische Flottenverband wie von Geisterhand verschwunden, es gab keine bedrohlichen schwarzen Schemen mehr am Horizont vor Tsingtau. Gerüchte besagten, dass bei der Belagerung von Port Arthur einige Tausend Japaner und Russen ums Leben gekommen waren.
Die hübsche Krankenschwester brachte ihm das Essen. Er lag allein im Zimmer, das große neue Lazarett war nicht ausgelastet. Die meisten der russischen Verwundeten waren inzwischen entlassen und schlenderten längst durch die Straßen von Tsingtau. Sie konnten sich frei bewegen.
Die junge Frau klimperte verführerisch mit den Wimpern, doch Konrad war für solche Signale nicht empfänglich. Es war unübersehbar, dass ihr der junge Trompeter gefiel. Um ihn rankten sich ja auch einige geheimnisvolle Geschichten. Sie hätte zu gerne
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