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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Weg zu räumen.
    «Danke, Herr Leutnant, dass Sie mir dies alles gezeigt haben. Schlimm, es ist wirklich eine Schande, was die Japaner aus Ihrem wundervollen Schiff gemacht haben. Es ist eine Schande», erklärte Fauth.
    Der junge Seeoffizier nickte, er schämte sich seiner Tränen nicht. Dann bat er die Gäste zu einem Umtrunk. Fauth lehnte zunächst ab. Doch Konrad war schnell klar, dass er auf genau eine solche Einladung spekuliert hatte. Er ahnte, was kommen sollte. Es gab einen Toast nach dem anderen. Auf Mütterchen Russland. Auf den Zaren Nikolaus Alexandrowitsch. Auf Zarin Alessandra. Auf Prinz Heinrich, dessen Schwager. Prost Kamerad.
    Fauth bewunderte ausgiebig die Bilder des Zaren, die an der Wand hingen. Dann erzählte er von seiner Zeit mit dem Prinzen Heinrich, damals, als dieser im Schutzgebiet weilte. Da fiel ihm der russische Seesoldat fast um den Hals. Ah, ein wirklicher Freund. Ein Verbündeter, ein Verwandter schon fast. Denn war nicht die Schwester der russischen Zarin die Gattin des Prinzen! Auf den deutschen Prinzen. Auf die Schwester der Zarin. Prost, Brüderchen.
    Mit jedem Glas Wodka und jedem Löffel Kaviar, den der Bursche servierte, fand Fauth neue lobende Worte für den Zaren, die Zarin, für Russland.
    «Ist so ein Krieg nicht eine schlimme Sache?»
    «Ja, eine sehr schlimme!»
    «Freund meines Herzens, noch ein Toast auf unseren Zaren und die Zarin.»
    Fauth schwankte. Konrad erkannte sofort, dass er schauspielerte. Er hatte nur an seinem Glas genippt. Der junge Russe war schon zu betrunken, um es zu bemerken. «Einen Toast auf Ihre Königliche Hoheit, Prinz Heinrich von Preußen und seine Gattin Prinzessin Irene», gab dieser im schleppenden Tonfall des eifrigen Zechers zum Besten.
    Außer den Trinksprüchen der beiden Männer war es auf dem Schiff still geworden. Der Bursche des Russen schien ebenfalls ins Bett gegangen zu sein. Die Mannschaften, die noch an Bord waren und keine Wache schoben, hatten offenbar einen guten Schlaf.
    Fauth und der junge Seeoffizier umarmten sich und sanken schließlich gemeinsam schon fast graziös in die Koje. Konrad sah, wie der Maat dem Russen in die Tasche griff. Wieder blinzelte Fauth dem Gefreiten Gabriel zu. Der begriff endlich. Er schnappte sich den Schlüssel, ging in die Kapitänskajüte und öffnete den Tresor. Er nahm alle Papiere, die er finden konnte, und verstaute sie umgehend in der Kuriertasche. Danach schlich er sich zurück zu den beiden Männern, und Fauth steckte den Schlüssel zurück. Der Leutnant lag in seiner Koje und schnarchte.
    Konrad tat der arme Junge leid. Wenn er morgen seinen Rausch ausgeschlafen hatte, würde es ein böses Erwachen für ihn geben.
    Der Maat schälte sich vorsichtig aus der Umarmung.
    «Haben Sie, was wir wollten, Gefreiter?», flüsterte er.
    «Ja.»
    «Gut. Nichts wie weg. Am Ufer wartet schon eine Rikscha mit einem vertrauenswürdigen Mann auf uns. Habe ihn herbestellt, bevor wir an Bord gingen.» Fauth zückte seine kleine Pistole. Doch auf der Zessarewitsch blieb es ruhig. Sie kamen ungehindert von Bord.
    Der Rikschamann rannte, was das Zeug hielt, vielleicht auch angefeuert durch die kleine Pistole, die Fritz Fauth noch immer in der Hand hielt. Er steckte sie erst zurück in ihre Halterung, als die Rikscha vor der Gouverneursvilla hielt.
    Kurz darauf übergaben sie Truppel die Kuriertasche mit den Geheimdokumenten. Fauth hatte offenbar zu jeder Tages- und Nachtzeit Zutritt, sogar zum Schlafzimmer, denn niemand hielt sie auf. Der Gouverneur schien nicht überrascht, die beiden Männer zu sehen. Er rieb sich nur die Augen, um sie an das helle Licht des Kronleuchters zu gewöhnen, den Fauth angeknipst hatte. Dann sprang er aus dem Bett und hängte sich seinen Morgenmantel um. «Gut gemacht, Fauth. Donnerwetter», lobte er.
    Auf dem Weg ins Arbeitszimmer fiel kein Wort. Dort verschwand die Kuriertasche in einem diebstahlsicheren und feuerfesten Stahlschrank. Natürlich von Krupp. Die Firma verfügte über beste Beziehungen nach China, vor allem über die Firma Carlowitz, aber auch über den Gesandten Mumm von Schwarzenstein. Vieles in Tsingtau stammte aus Krupp’scher Produktion.
    Konrad taten alle Knochen weh von der wilden Jagd in der Rikscha. Außerdem hatte er ebenfalls einen kleinen Rausch auszuschlafen. Er fiel in sein Bett und war sofort eingeschlafen. Noch im Wegdämmern dachte er an den Leutnant an Bord der Zessarewitsch. Er war nicht gerade stolz auf seine Rolle in dem üblen Spiel, das sie

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