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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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haben meine Füße so manches Mal geblutet. Doch das ist nichts gegen eine blutende Seele. Aber wir Frauen haben gelernt, Schmerzen zu ertragen. Und ich habe wieder eine Heimat. Wenn ich nicht mehr tanzen kann, dann werde ich als Lehrerin dort bleiben.»
    Mulans Augen wurden groß. «So bist du also wirklich eine dieser berühmten Tänzerinnen geworden, von denen man sagt, sie schwebten über die Bühne wie eine Feder? Ich werde niemals vergessen, wie du mir damals in Beijing etwas vorgetanzt hast. Du hast so hart an dir gearbeitet. Ich dachte, eines Tages würdest du bestimmt wie eine Wolke zum Himmel fliegen.»
    Die Freundin kicherte. «Meine Bemühungen sind nichts gegen den Aufstieg des Fan Sui zum Premierminister im Staate Qin. Auf diese Geschichte spielst du doch an, Meimei, oder?»
    Mulan ließ sich nicht ablenken. «Ach Meili, welch ein Glück. Dann ist dir nichts geschehen bei diesem deutschen Grafen?»
    «Du meinst den Grafen Waldersee? Nein, er war gut zu mir in den wenigen Nächten, die ich mit ihm im Palast der Regentin in der Verbotenen Stadt verbrachte. Dann kam Sai Jinhua zurück.»
    «Die Frau, von der es heißt, sie sei seine Geliebte?»
    Meili lachte. «Ja, die meine ich. Waldersee war nicht mehr der Jüngste, zwei Bettgenossinnen auf einmal waren ihm wohl zu viel, und Sai Jinhua achtet sehr darauf, dass sie seine Haupt-Nebenfrau bleibt. Zumindest in China. Inzwischen sind wir gute Freundinnen. Stell dir vor, sie spricht sogar Deutsch, sie war einmal in Deutschland. Doch ich schweife ab. Genau so, wie Yuan Shikai mich zu dem deutschen Grafen bringen ließ, holte er mich auch wieder fort.»
    «Yuan hat dein und mein Leben beeinflusst, manchmal glaube ich, er spielt mit uns. Ich habe niemals herausgefunden, warum er seine Hand über uns hält.»
    Meili schaute die Freundin an und konnte nicht fassen, wie naiv sie manchmal noch war. «Er half uns, weil er uns brauchte. Als die Bauern und die Boxer sich erhoben, brauchte er mich an der Seite dieses deutschen Grafen, der den Oberbefehl über die Armeen der Langnasen hatte. Also benutzte er meinen Geist und meinen Körper, um zu erfahren, was Waldersee vorhatte. Und ich lag mit ihm nicht schlecht im Bett der Kaiserin in der Verbotenen Stadt. Auch wenn es nur für kurze Zeit war. Später waren es andere. Wie Cordes, der Dolmetscher.»
    Mulan erstarrte. Cordes? Der Mann, der in der zweiten Sänfte gesessen hatte, als der deutsche Baron umgekommen war? Ihr wurde übel. Nein, nur nicht daran denken. Sie versuchte, ihre Fassung zurückzugewinnen. Hoffentlich merkte die Freundin nichts. «Meili! Wie kannst du nur so reden!»
    «Ach Mulan. Warum denkst du, hat er dich gerettet, zu Wei Lixian geschickt und dann dafür gesorgt, dass Liu Guangsan dich in sein Haus holte? Auch dir ist eine Rolle zugedacht.
    Wir werden die Langnasen aus unserer Heimat vertreiben und Zhongguo reformieren. Damit es wieder so stark und mächtig wird wie einst und wir in unserer Heimat glücklich leben können. Das ist es, wofür Tan Sitong und dein Bruder gekämpft haben und wofür sie gestorben sind. Weshalb Kang Youwei nach Japan fliehen musste. Weshalb der Herr Liu seinen einzigen Sohn dorthin geschickt hat, obwohl er ihn schmerzlich vermisst. Doch Liu Youren hat gute Kontakte geknüpft und wird bald zurückkehren. Die Japaner unterstützen sogar den Republikaner Sun Yat-sen. Die Leute der Genyosha helfen ebenfalls. Noch ist die Zeit der Saat, doch bald werden wir ernten. Zusammen mit uns wird Yuan das Reich reformieren, die Ewiggestrigen hinwegfegen. Du kennst doch die Geschichte vom Baum, die im Daodejing des Laozi steht: Auch ein großer Baum, den nur mehrere Menschen umspannen können, ist aus einem kleinen Bäumchen gewachsen. Auch ein großes Gebäude wird Ziegel für Ziegel errichtet. Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.»
    «Aija, große Schwester, weißt du, was ich glaube: Tan Sitong und mein Bruder mussten sterben, weil sie sich mit den Japanern eingelassen haben. Die Japaner sind Verräter und gefährlich. Das hat schon Vater gesagt.»
    Meili schlug sie leicht mit ihrem Fächer auf den Arm. «Das ist nicht wahr, Mulan. Die Japaner haben ihn bestimmt nicht verraten. Japan versucht nur, uns bei unseren Reformbemühungen zu unterstützen. Sie sind nützlich, sagt Yuan Shikai. Wenn wir haben, was wir brauchen, können wir immer noch darüber nachdenken, ob wir weiter mit ihnen befreundet sein wollen. Das ist zumindest die Meinung des

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