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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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kämpfte sie zurück. Es ziemte sich nicht, vor dem Herrn zu weinen, eine Frau hatte die Aufgabe zu gefallen. «Erst ergab es sich nicht, und dann hatte ich Euch erzürnt. Verzeiht dieser Unwürdigen. Doch ich brachte es einfach nicht über mich. Eure Dienerin wird also nicht verstoßen?»
    Er strich ihr zärtlich über das weiß geschminkte Gesicht. Ihre Tränen zogen Schlieren durch den Puder. Es waren Tränen der Erleichterung. «Du hast wirklich das Herz einer Kriegerin, Mulan. Genau wie deine Namenspatronin. Du kamst mir vor wie jemand, der entschlossen ist, seinen Kopf gegen die südliche Mauer zu schlagen, so unbeugsam. Doch jetzt verstehe ich. Hab keine Angst mehr.»
    Sie verstand den Tadel, auch wenn er ihn in freundliche Worte kleidete. Umso dankbarer nahm sie seine zärtliche Geste auf. Ein wenig fühlte sie sich wieder wie das winzige Mädchen in den Armen des Vaters. «Werde wie deine Mutter, so schön und so klug», hatte er ihr damals ins Ohr geflüstert. Ach Vater, ihr armer Vater. Seine Güte hatte ihm nichts genutzt. Der Himmel hatte ihn dennoch gestraft.
    «Jetzt ist alles anders. Du musst dich nicht mit diesem Fremden treffen, ich verspreche es dir. Ich verstehe nun, warum du dich geweigert hast. Es war gut, dass du unseren Sohn dem nicht aussetzen wolltest», fuhr Liu fort.
    Der Ring aus Eis, der sich um ihr Herz gelegt hatte, begann zu schmelzen. Innen war sie kalt gewesen, außen geschüttelt von Hitze. Sie war ihm so dankbar. «Der Arzt hat gesagt, du sollst viel Jiaogulan-Tee trinken. Du wärst großen seelischen Belastungen ausgesetzt gewesen und das könne dem Kind schaden. Der Fünf-Blätter-Ginseng wird dir helfen, wieder ruhiger zu werden und Kraft zu schöpfen. Ich werde dir von meinem Vorrat schicken. Schlaf jetzt, Mulan. Schlaf ruhig.»
    «Und wenn die Unwürdige nur eine Tochter zur Welt bringt? Was ist dann?», fragte sie leise.
    Wieder streichelte er ihr leicht die tränennasse Wange. «Dann hoffe ich, dass sie ihrer Mutter gleicht», erwiderte er. «Doch der Arzt sagte, es wird ein Sohn. Ich werde ihn fragen, wann er zur Welt kommt, und nach einer Amah für ihn suchen. Dann wollen wir einen glückbringenden Namen für ihn suchen.»
    «Ein Sohn!» Sie konnte fühlen, wie ihr die Röte der Freude ins Gesicht stieg. Das Leuchten kehrte in ihre Augen zurück. Sie wagte es, ihren Kopf zu heben und Liu Guangsan anzuschauen. Er zog sie für einen kurzen Moment in seine Arme. Das zeigte, wie froh er über die Entwicklung war. «Schlaf nun, Magnolienblüte. Schlaf. Und morgen habe ich eine Überraschung für dich.»
    Damit verließ er den Raum. Yu Ting, die sich in eine Ecke des Zimmers zurückgezogen hatte, um die Herrin und den Herrn nicht zu stören, kam zu ihr und strahlte. «Ich wusste es doch. Wenn der Herr erfährt, dass du sein Kind erwartest, dann wird alles gut.»
    «A-Ting! Hast du etwa deine Hände dabei im Spiel gehabt?»
    Die Alte kicherte schelmisch wie ein kleines Mädchen und zeigte dabei den einzigen ihr verbliebenen Schneidezahn. Er war ihr ganzer Stolz, denn sie hatte ihn mit einer Hülle aus Gold überziehen lassen. «Der alte Gaul kennt den Weg, das wussten die Alten vor Tausenden von Jahren. Ärzte sind auch nur Männer, ne? Manchmal brauchen sie einen kleinen Wink von einer bescheidenen Dienerin.»
    «A-Ting, wenn ich dich nicht hätte! Ich glaube, ich wäre schon längst aus dieser Welt gegangen.»
    Das Gesicht der Amah wurde ernst. «Sag das niemals wieder, Mulan. Du würdest deine Ahnen entehren und die Frau, deren Namen du trägst. Zwölf Jahre hat deine Namensgeberin Hua Mulan an der Stelle ihres alten Vaters als Junge verkleidet in der Armee des Kaisers gekämpft, tapfer gekämpft und wahrte so sein Gesicht, weil er dem Kaiser keinen Sohn geben konnte. Erst dann wurde entdeckt, dass sie eine Frau war. Deine Mutter nannte dich nicht umsonst Mulan. Dein Geburtsorakel hat dir schwere Kämpfe vorausgesagt, aber auch ein glückliches Ende. Überlege, was du schon alles überstanden hast. Guanyin, die Barmherzige, hat dich zu einem guten Mann gebracht. Erinnerst du dich nicht an die Geschichte, die Song Taitai erzählt hat? In seinem Buch schrieb der Weise Tao Yuanming von dem Fischer, der unabsichtlich in das Pfirsichblütenland geriet und dort Leute fand, die sehr gut und in Frieden lebten. Als er später nochmals zurückkehren wollte, konnte er es nicht mehr finden. Es ist sinnlos, den alten Zeiten nachzuweinen. Es gibt kein solches Wunderland. Doch in dir leben

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