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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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kleinen Tischchen. «Bitte sich setzen», sagte er in holprigem Deutsch und strahlte.
    «Der verehrte Vater meines Lehrers spricht hervorragendes Deutsch», beeilte sich Konrad zu versichern.
    «Nali, nali», wehrte Huimins Vater bescheiden ab. Da begriff er, dass der alte Tang die Worte nur für ihn gelernt hatte. Er wusste, das war eine ganz besondere Geste.
    Konrad hatte trotz der freundlichen Aufnahme von der ersten Sekunde an das Gefühl, einer Prüfung auf Herz und Nieren unterzogen zu werden. Nach dem Austausch einiger Belanglosigkeiten erkundigte sich Tang Liwei nach seiner Familie.
    «Mein Vater und meine Mutter sind schon gestorben, als ich ein kleiner Junge war», erzählte Konrad. «Umso mehr beneide ich meinen Freund Tang um dieses wunderbare Heim. Ich habe noch einen kleineren Bruder und eine ältere Schwester.»
    «Es ist nicht gut, alleine auf der Welt zu stehen. Ein junger Mann braucht einen Vater, der ihn auf den richtigen Weg führt», entgegnete der alte Tang. «Wenn der geschätzte Freund meines Sohnes meine Einladung annimmt, dann würde ich ihn gerne öfter in meinem Hause begrüßen. Vielleicht kann ich damit ein wenig ausgleichen, was ihm das Schicksal verwehrt hat.»
    Konrad war verwundert. Tang Liwei erkannte das sofort und lächelte. «Ein Ast ohne Baum muss vertrocknen, nicht wahr? Und mein Sohn Huimin hat mir über diesen jungen Deutschen, der bereit ist, sein Herz und seinen Verstand auch anderen Weisen des Denkens zu öffnen, viel Gutes erzählt.»
    Konrad verneigte sich leicht. «Ich verdiene diese positive Meinung nicht und fühle mich von dem freundlichen Angebot hoch geehrt, Tang Laoye. Ich will Ihnen aber nicht zur Last fallen.»
    «Du kannst die Einladung ruhig annehmen», mischte sich sein Freund Huimin ein. «Sie kommt von Herzen. Du musst auch nicht erst dreimal ablehnen, um der Höflichkeit Genüge zu tun.»
    Konrad lachte und verneigte sich erneut. Er stand noch immer unter dem Eindruck des vorhergegangenen, zeitweise schon fast feindseligen Gesprächs mit Huimin. Während des Spaziergangs hatte er für einen kurzen Moment das Gefühl gehabt, als habe dieser einen Vorhang zur Seite gezogen. Doch davon ließ sich Huimin nichts mehr anmerken. Der Kontrast war zu groß, die ganze Situation kam Konrad unwirklich vor. Er versuchte sich zu sammeln. «Dann nehme ich das Angebot des geehrten Vaters meines Freundes mit Freuden an.»
    «Hatte der Freund meines Sohnes in seiner Kindheit denn niemanden, der ihm den Weg gewiesen hat?»
    Konrad Gabriel wurde warm ums Herz, als er an seine Schwester Martha dachte. «Doch, ich habe eine ältere Schwester. Sie hat sich der kleineren Geschwister angenommen, nachdem meine Eltern gestorben waren, und uns zu sich und ihrem Mann nach Berlin geholt. Meine Schwester und mein Schwager sind keine reichen Leute, aber sie haben mir eine ordentliche Ausbildung zukommen lassen. Ich bin eigentlich Kaufmann.»
    In Tang Liweis Augen glomm ein Funke. «So, Kaufmann. Das ist ein nützlicher Beruf. Ihre Schwester scheint eine Frau zu sein, die ihre Pflichten gegenüber ihrem Bruder kennt. Was haben Sie denn vor, wenn Sie wieder in Ihre Heimat zurückkehren?»
    «Ich bin mir noch nicht ganz sicher, aber ich würde mich gerne selbständig machen, eine Firma gründen. Ich habe da schon so eine Idee. Aber es ist noch zu früh, um darüber zu sprechen. Ich habe noch so viel zu lernen.»
    «Es steht einem jungen Menschen gut an, zurückhaltend zu sein», befand der alte Tang und gab dem Diener ein Zeichen. Dieser schenkte Konrad ein weiteres Mal den Teebecher voll. «Haben Sie Ihren Vater denn nicht manchmal vermisst?»
    «Oh ja», stimmte Konrad aus tiefstem Herzen zu. «Es gibt so vieles, was ein junger Mann wie ich gerne mit seinem Vater besprechen und von ihm lernen würde.»
    Er blinzelte seinem Freund verstohlen zu. Er hatte lange gebraucht, um die folgenden Sätze auswendig zu lernen, und zitierte in holprigem Chinesisch:
    «Wer die Würdigen würdigt, so dass er sein Betragen ändert, wer Vater und Mutter dient, so dass er dabei seine ganze Kraft aufbietet, wer dem Fürsten dient, so dass er seine Person drangibt, wer im Verkehr mit Freunden so redet, dass er zu seinem Worte steht: Wenn es von einem solchen heißt, er habe noch keine Bildung, so glaube ich doch fest, dass er Bildung hat.»
    Tang Liwei klatschte in die Hände. «Lun yü, die Lehrgespräche des Meisters Kong Fuzi, das ist nicht übel!