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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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weckte den chinesischen Boy namens Adam. Dieser wirkte ebenfalls nicht übermäßig begeistert über den nächtlichen Auftrag, Tee zu kochen, und machte sich brummend an die Arbeit. Die Behelfsküche für Fauth und seinen Gehilfen war direkt in seiner Kammer eingerichtet. Man konnte aber auch sagen, Adam schlief in der Küche. Eigentlich war es nach deutschen Maßstäben noch nicht einmal eine Küche. Ein verbeulter Eisenkübel fungierte als Herd. Die glühenden Kohlen darin sorgten für die nötige Hitze. Darauf lag eine Platte, auf die Adam den Wasserkessel stellte. Außerdem war an dem Kübel ein Ofenrohr angebracht, das den Rauch durch ein Loch in der Hauswand nach draußen beförderte. Es war erstaunlich, was der Boy mit diesem Behelfsofen alles zustande brachte. Außerdem wärmte er im Winter die Stube, so dass Adam mit seinem Quartier durchaus zufrieden war. Es gab Menschen, die lebten schlechter, hatte er Konrad einmal wortreich erklärt.
    Dieser beobachtete den kleinen Chinesen für einige Sekunden. Adam war kurz nach den Deutschen nach Tsingtau gekommen, auf der Suche nach Arbeit. Dem Gesichtsschnitt nach stammte er aus der Mongolei. Fritz Fauth schwor auf seinen Boy.
    Konrad ging zurück zu Fauth und Landmann. Sie saßen inzwischen auf einer Bank im Flur. Dort angekommen, verhielt er sich möglichst unauffällig. Er wollte nicht in sein Zimmer geschickt werden, denn es interessierte ihn brennend, was den Geschäftsmann so aus der Fassung gebracht haben mochte. Er kannte Landmann vom Sehen. Dieser war etwa vierzig Jahre alt, viel in der Weltgeschichte herumgekommen, seit kurzem verheiratet.
    Mit seiner Frau Maria war er vor noch nicht langer Zeit ins Geschäftsviertel der Europäer in Tsingtau umgezogen und bewohnte nun ein neues, zweigeschossiges Haus an der Prinz-Heinrich-, Ecke Albertstraße. Landmann war ausgebildeter Optiker und Uhrmachermeister. Im Adressbuch von Tsingtau stand über ihn: «G. Landmann. Export, Import, Spezialgeschäft für Uhren und Goldwaren. Geschäftslokal: Prinz-Heinrich-Straße.» Außerdem war Landmann Mitinhaber der Brauerei von Tsingtau. Das Bier ließ etwas zu wünschen übrig, fand Konrad, obwohl Braumeister Ludwig Neidhardt Hopfen, Malz, Hefe und Gerste sogar aus Deutschland importieren ließ.
    Eigentlich war der weltgewandte Landmann kein Mensch, der sich leicht aus der Ruhe bringen ließ. Doch in dieser Nacht war er völlig außer sich.
    «Fritz, was soll ich nur tun? Ich bin ruiniert!»
    «Immer langsam mit den jungen Pferden, Gottfried. Dein Kompagnon ist also verschwunden. Was ist daran so schlimm? Sei doch froh, dass du diesen Neidhardt los bist. Ehrlich gesagt, ich habe ihn nie für einen besonders guten Braumeister gehalten. Außerdem ist er an drei von sechs Tagen ohnehin nicht in der Brauerei erschienen.»
    «Das ist es ja nicht, Fritz. Ein Braumeister ließe sich finden. Außerdem habe ich da ein Angebot – aber davon später. Neidhardt hatte Zugriff auf Firmengelder der Brauerei. Er hat alle Konten abgeräumt. Es ist nichts übrig, und unzählige Rechnungen hat er einfach nicht bezahlt. Die Brauerei ist am Ende. Weißt du, was ich herausgefunden habe? Er muss opiumsüchtig gewesen sein. Offenbar hat er seine Nächte in Spielhöllen im chinesischen Arbeiterviertel Tai dung tschen verbracht, meist zusammen mit Prostituierten. Das komplette Firmenvermögen, alle Rücklagen sind weg. Alles ist weg. Und wenn herauskommt, dass ich mit solch einem Mann Geschäfte gemacht habe, dann ist mein guter Ruf ruiniert. Das gibt einen Skandal.»
    «Das ist ernst, sehr ernst», stimmte Fauth zu. «Jetzt beruhige dich erst einmal. Lass uns überlegen, was wir tun können. Was ist das für ein Angebot, von dem du erzählt hast?»
    «Ein Agent der Firma Slevogt & Co aus Schanghai war bei mir. Es gibt wohl ein englisch-deutsches Konsortium, das in Tsingtau eine Brauerei gründen will, eine Aktiengesellschaft. Sie haben mir Anteile geboten, wollten die Brauerei Landmann und Neidhardt erwerben – und natürlich die Rechte für das Wasser aus dem Lauschan. Ich habe abgelehnt. Ja, und nun das. Nun muss ich wohl verkaufen.»
    Fauth hatte seine Pfeife angesteckt und paffte Rauchwölkchen in die Luft: «Meinst du, diese Leute haben sich an Neidhardt herangemacht? Vielleicht sogar dafür gesorgt, dass er opiumsüchtig wurde?»
    Landmann schüttelte den Kopf. «Das kann ich mir nicht vorstellen. Das sind alles honorige Kaufleute, die für angesehene Firmen arbeiten. Wie die Dinge liegen,

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