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Die Konkubine

Die Konkubine

Titel: Die Konkubine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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ein Luftzug. Es ist so schwül heute.» Sie fächelte sich mit dem Fächer Luft zu.
    Am Kleinen Hafen mit der Brücke herrschte wie immer ein buntes Treiben. Der Geruch aus Algen, Öl und Fisch stieg Mulan in die Nase. Dschunken dümpelten auf dem gekräuselten Wasser des Meeres neben kleineren Handelsschiffen. Sogar ein Torpedoboot konnten die Frauen ausmachen. Mulan strich sich über den gewölbten Bauch. Ein weiteres, kurzes Ziehen im Unterleib beunruhigte sie. Langsam bekam sie Angst. Wenn doch nur Song Taitai, ihre Mutter, da wäre! Sie wusste so wenig darüber, wie eine Schwangerschaft verlief. Inzwischen war sie überzeugt, dass es ein Junge werden würde. Er trat schon sehr kräftig, ihr Sohn. A-Ting hatte gesagt, es würde noch mindestens anderthalb Monate dauern, bis er auf die Welt kam. Noch mehr als vor der Geburt fürchtete sie sich davor, dass sie nach der angemessenen Zeit ihr Versprechen wahrmachen und sich mit dem blonden Fremden treffen musste. Und doch. Ihn wiedersehen! Nein! Ihre Empfindungen von vorhin waren nichts als Einbildung gewesen, eine kurze Verirrung.
    Meili sah die Freundin zusammenzucken. «Du hast doch etwas, sag schon.»
    Mulan schüttelte den Kopf. «Nichts, ich dachte nur gerade an meinen kleinen Sohn. Ich kann es kaum noch erwarten, ihn in den Armen zu halten. Lass uns zum Tempel der Himmelsgöttin gehen. Ich will ein Opfer bringen und Räucherstäbchen für ihn anzünden, damit sie ihn beschützt. Ich hoffe, Herr Liu Guangsan lässt ihn mir möglichst lange, ehe er in die Welt der Männer wechselt.»
    «Du machst dir einfach zu viele Sorgen, Meimei. Der Arzt sagt, es ist alles in Ordnung, Liebes.»
    «Was wissen Männer schon vom Körper einer Frau.»
    «Ach Mulan. Du wirst dich wohl nie ändern!»
    Sie kicherte. Dieses Geplänkel mit der Freundin war eine Erleichterung, brachte sie zurück in die vertrauten Gefilde ihres gewohnten Denkens und Fühlens, heraus aus diesem Strudel und in ruhigeres Wasser. «Wahrscheinlich nicht. Ich bin so froh, dass du bis zur Niederkunft bei mir bleibst, Jiejie. Sag, wo warst du eigentlich die letzten Tage. Du bist so plötzlich verschwunden? Ich habe mir Sorgen gemacht.»
    Chen Meili streichelte die Wange der Freundin. «Frag nicht so viel. Es ist besser, wenn du nicht alles weißt. Dass ich bleibe, ist doch das Wenigste. Aber sobald dein Kind geboren ist, muss ich fort.»
    Mulan wandte ihre Aufmerksamkeit dem geschäftigen Treiben am Hafen zu. Früher war dort überschwemmtes Gebiet gewesen. Jetzt hatten die Deutschen das Land «gekauft», wie sie es ausdrückten. Es war zur Benutzung für Lagerplätze vermietet. Im Süden sah sie die Maschinen- und Schiffsbauanstalt Oster und die elektrische Zentrale, dahinter stand der neue Schlachthof.
    Wieder dieses Ziehen. Sie bemühte sich, es zu ignorieren. Es ist alles in Ordnung, versuchte sie sich einzureden. Dann krümmte sich Mulan zusammen. «Jiejie, es tut so weh», keuchte sie. «Hilf mir. Bitte hilf mir, das Kind!»

Kapitel 9
    SATOS HAUS WIRKTE FÜR Außenstehende wie ein ganz normaler Laden. Eine gute Tarnung, fand Liu Guangsan wieder einmal, als er mit seinem Ältesten aus der Rikscha stieg, um hineinzugehen. Er betrachtete den jungen Mann voller Stolz. Er erinnerte sich gut, wie glücklich er gewesen war, als Guimei, seine Taitai, nach zwei Mädchen endlich einen Sohn zur Welt gebracht hatte. Sie war damals schon weit in den Dreißigern gewesen, und sie hatten nicht mehr mit weiteren Kindern gerechnet. Die beiden Mädchen waren schon lange gut verheiratet. Es wurde höchste Zeit für die Hochzeit von Youren. Die Braut, die er ihm ausgesucht hatte, die Tochter seines Kompagnons Tang Liwei, würde bald das heiratsfähige Alter erreichen. Und Huimin, Tangs Sohn, sollte ebenfalls bald eine Frau nehmen. Doch aus irgendeinem Grund zögerte der Junge es hinaus.
    Glücklicherweise war sein Erstgeborener anders. Seit Mulan einen Jungen geboren hatte, bemühte sich jener noch mehr darum, seinem Vater zu gefallen. Dieser war froh, dass sein Ältester wieder daheim war, obwohl er sich in Japan gut eingeführt hatte. Er hatte dort lernen sollen, wie es die Japaner geschafft hatten, aus ihrer kleinen Insel einen so schlagkräftigen Staat zu machen. Das Land hatte vor 40 Jahren begonnen, sich nach westlichem Vorbild zu modernisieren. Und dann war diesem kleinen Inselstaat gelungen, was sein riesiges Zhongguo nicht fertigbrachte: die Imperialisten fernzuhalten. Mehr noch. Japan schickte sich an, selbst zu

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