Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Korallentaucherin

Die Korallentaucherin

Titel: Die Korallentaucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
Vom Netzwerk:
während das andere hervorquoll wie ein altes Setzei. »Was willst du?«
    »Sie wollen doch nicht springen, oder?«, stotterte er und trat einen Schritt vor.
    »Warum sollte ich?«, wollte sie wissen. »Bleib, wo du bist. Oder besser noch, hau ab. Lass mich in Ruhe. Schleich jemand anderem nach«, schrie Jennifer ihn an.
    »Ich wollte Ihnen doch nur helfen. Junge Mädchen, die haben Probleme.« Seine Stimme klang weinerlich, was durch sein Stottern noch verstärkt wurde.
    »Hallo!« Ein anderer Mann näherte sich auf dem Weg zwischen den Bäumen.
    »Mein Gott, Tony, wie schön, dich zu sehen!« Jennifer stürzte an Patch vorbei, packte Tonys Arm und hielt sich an ihm fest. »Ich wollte gerade zur Forschungsstation. Komm mit!« Sie zerrte ihn den Weg zurück, den er gekommen war.
    »Bis dann.« Tony nickte Patch zu, der ihnen einen Moment lang nachsah und dann weiterschlurfte.
    »Danke, dass du plötzlich aufgetaucht bist.«
    »Hm, schön, dich zu sehen. Das ist ja ein herzliches Willkommen. Allerdings muss ich in die entgegengesetzte Richtung, zur Ferienanlage.«
    »Nein. Komm mit zu Mac. Anscheinend darf ich mir im Moment selbst nicht trauen, wenn ich allein bin.«
    »Schön. Mit dem alten Kerl bist du aber ganz gut fertig geworden. Was ist mit ihm?«
    »Wer weiß? Wen interessiert’s? Er ist einfach der inseleigene Wachhund.«
    »Oh, verstehe.« Er sah ein wenig verwirrt aus. »Und wie geht es dir?«
    Jennifer blickte in sein gebräuntes Gesicht und die lächelnden grünen Augen. Seine Arglosigkeit ließ vermuten, dass er noch nicht von Blairs Affäre gehört hatte.
    »Tony, frag mich nicht. Gehen wir einfach weiter und lassen die Natur auf uns wirken.« Jennifer schritt zügig voran, blickte geradeaus und versuchte, ihre Gedanken abzuschütteln.
    »Gut«, sagte Tony leichthin. »Wenn uns die Natur begegnet, stellst du mich ihr vor?«
    Jennifer ließ Tonys Arm los, in den sie die Fingernägel gegraben hatte, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und hätte beinahe gelächelt. »Entschuldige. Ich bin ein bisschen überdreht.«
    Tony plauderte nicht, und Jennifer spürte, dass er nicht wusste, was geschehen war, nicht, dass es ihn überhaupt interessiert hätte. Es war ein angenehmes Schweigen; beide hielten ein Gespräch nicht für notwendig. Jennifers Herz hörte allmählich auf zu rasen, ihr Atem normalisierte sich, und sie fühlte sich bis auf einen dumpfen Kopfschmerz ein wenig besser. Beinahe normal. Sie konnte wieder durchatmen, ohne dass ihr die Tränen kamen. Während sie durch das Dickicht der Bäume und Vögel schritten, brach etwas ziemlich Großes aus dem Gebüsch und blieb stehen.
    »Was war das?« Tony trat vorsichtig zur Seite. »Du liebe Zeit, eine kleine Ziege!«
    Jennifer erkannte Gideons milchgebende Ziege. »Böses Mädchen, sie ist ausgerissen.« Sie ergriff das Ende des zerbissenen Seils und zog die weiße Ziege zu sich heran. »Tony, darf ich dir die Natur vorstellen?«
    Er lächelte und streichelte die Ziege, die prompt nach ihm stieß.
    »Die Natur kann manchmal grausam sein.« Jennifer lachte, als wäre es das Lustigste, was sie je gesagt oder gedacht hatte. Doch als Tony sie forschend ansah, hörte sie auf. »Beachte mich gar nicht. Es war ein schwerer Tag für mich.«
Und der Abend wird noch viel schwerer.
    Die Ziege am Seil führend, gingen sie zur Forschungsstation, um Mac zu suchen. Und um Gideons Ziege zurückzubringen.
     
    Jennifer bereitete sich in Suite fünfundzwanzig auf den Abend vor und wünschte, sie hätte wenigstens ein eleganteres Kleid aus Sydney mitgebracht. Sie wollte nicht in die Wohnung gehen und womöglich Blair dort antreffen. Es klopfte an der Tür.
    Rosie stand da, eine Flasche Sekt in der Hand. »Um dir Mut anzutrinken. Magst du einen Schluck vor dem Essen?«
    »Lieber nicht. Wahrscheinlich trinken wir Wein zum Essen.«
    »Gut. Ich bewahre ihn auf, um damit auf das Baby anzustoßen. Oder für andere Gelegenheiten. Du siehst hinreißend aus.« Sie trat ins Zimmer und schritt um Jennifer herum, deren Teint einen weichen Schimmer aufwies. Ihre Augen strahlten, und das glänzende Haar fiel ihr in weichen Wellen auf die Schultern. Rosie fühlte sich an einen Filmstar der dreißiger Jahre erinnert.
    Jennifer blickte an ihrer weiten schwarzen Samthose mit elastischem Bund und ihrem weißen Leinenoberhemd herab. An den Füßen trug sie schlichte schwarze Sandalen. »Ich fühle mich ein bisschen zu schlicht gekleidet. Ich wollte einen großen Auftritt haben, schick aussehen

Weitere Kostenlose Bücher